Duell am Donnerstag: Gehört die Sprache verweiblicht?

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Die Gleichberechtigung zieht ihre Kreise: Die Sprache soll weiblicher werden – zumindest die der neuen Grundordnung von der Uni Leipzig. Die Univerfassung soll sich künftig ausschließlich der weiblichen Personenbezeichnung bedienen. So werden Personen sowohl weiblichen, als auch männlichen Geschlechts als Professorinnen und Studentinnen bezeichnet. Der Vorschlag kam ausgerechnet von einem Professor. Sein Argument: Die Mehrheit der Studierenden an der Uni ist weiblich. Aber ist das eine sinnvolle Sprachreform? Oder bloß sinnlose Sprachfolter? Lea von der Mosel und Maike Knorre liefern sich eine Diskussionsschlacht.

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Mit „Herr Professorin“ verstreuten die Medien in den letzten Wochen Falschmeldungen über die Sprachreform der Universität Leipzig und verschmähten sie damit zu Unrecht. Denn eigentlich ist das, was die Leipziger da entschieden haben – ob bewusst oder nicht – ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung und keine Lachnummer. Die heftigen negativen Reaktionen auf die Veränderung der Grundordnung sowie die anschließende Panikmache – nur weil die weibliche Personenbezeichnung genutzt wird – zeigen, wie viel noch getan werden muss.

Die Sprache muss demokratischer werden

Besonders sinnvoll erscheint die Neuerung der Grundordnung, wenn man sich vor Augen führt, dass die Mehrheit der Studierenden in Leipzig weiblich ist. Warum sollte also die Grundordnung der Universität  nicht genau dieses Verhältnis wiederspiegeln? Schließlich sollte es auch in der Sprache demokratisch zugehen – also nach der Mehrheit entschieden werden.

Eine Fußnote in der Grundordnung verweist darauf hin, dass mit der weiblichen Personenbezeichnung wie „Professorinnen“ auch die Männer mit eingeschlossen werden. Von einer „Diskriminierung des männlichen Geschlechts“ kann also nicht die Rede sein. Viele mögen jetzt behaupten, dass es wesentlich einfacher wäre, die männliche Version zu verwenden, da diese „neutral“ wäre. Doch anstatt wirklich neutral zu sein, sind wir einfach nur an sie gewöhnt und akzeptieren damit die männliche Dominanz leichter– zumindest in der Sprache. Der stetige Hinweis in der Grundordnung auf die Präsenz der weiblichen Studierenden mag zwar nicht gleich Gleichberechtigung schaffen, allerdings kann er feministische Diskussionen vorantreiben und das Bewusstsein für die bestehenden Ungerechtigkeiten schärfen.

Ein Zeichen der Intoleranz

Man sollte sich in diesem Zusammenhang vielleicht auch die Frage stellen, warum die Sprachreform der Universität Leipzig sich zu einem solchen „Aufreger-Thema“ entwickelt hat. Zwar könnte man dies auf die falsche Medienberichterstattung schieben („Herr Professorin“), doch auch hier bleibt offen, warum die weibliche Personenbezeichnung statt der männlichen bei den Menschen so aneckt. Schließlich ist die Anrede „Frau Professor“ für viele normal und völlig akzeptabel. Ein Zeichen, wie intolerant unsere Gesellschaft in dieser Hinsicht weiterhin ist und wie lang der Weg zur Gleichberechtigung doch noch ist. Die Sprachreform der Universität Leipzig macht darauf aufmerksam und hat damit eindeutig Mehrwert.

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Deutschland diskutiert eine Fußnote. Ein kleiner Vermerk in der Grundordnung der Universität Leipzig, von dem Großes erwartet wird: Eine Revolution der genderneutralen Sprache. Professoren heißen ab sofort „Professorinnen“, der Student ist der „Studentin“. Nicht im Sprachgebrauch auf dem Flur oder im Hörsaal. Ausschließlich auf dem Papier. Was die bisher übliche Schrägstrichvariante ablösen und mehr Leichtigkeit in den Lesefluss staubiger Unidokumente bringen soll, schürt gleichzeitig die viel zu große Hoffnung auf mehr Frauenförderung in der Wissenschaft. Doch der Feminismus bekommt der deutschen Sprache nicht. Und eine Veränderung der Verhältnisse bewirkt er erst recht nicht.

Es ändert sich eh nichts!

Die Uni Leipzig könnte es handhaben wie bisher, einfach „Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen“ in ihren Schriften aufführen. Oder „MitarbeiterInnen“. Oder „Mitarbeiter_innen“. Aber sie hat sich entschieden, das sprachvergewaltigende, sogenannte generische Femininum einzuführen. Das stellt höchstens die Entwicklung des deutschen Sprachgebrauchs auf den Kopf, erbringt jedoch nicht die aus der Emanzen-Ecke prophezeite Revolution.

Nein. Die in diesem Fall wirklich weibliche Rektorin Beate Schücking weist sogar ausdrücklich darauf hin, dass die neue Grundordnung nicht „furchtbar viel“ verändern, „auf den Alltag an der Universität und auf den universitären Sprachgebrauch keinerlei Auswirkungen haben wird“.

Auch rüttelt eine Fußnote nicht an den tatsächlichen Verhältnissen, nämlich daran, dass die Minderheit der Professuren in Deutschland weiblich besetzt ist. Ebenso wenig beendet sie den Diskurs um eine gesetzliche Frauenquote, Lohngleichheit, Kinderbetreuung. Aber das Bewusstsein wird gestärkt, rufen die Schönmaler. Stimmt. Aber in die andere Richtung: Verstärkt das Ganze nicht erst den Gender-Stereotyp?

Es soll sich nichts verändern!

Die heiß diskutierte „Sprachreform“ ist kein Wendepunkt, sie ist ein Witz. Nicht einmal der Anstoß zu einer geschlechtergerechten Sprache an der Uni Leipzig war wirklich ernst gemeint. Der Vorschlag von Physikprofessor(in) Dr. Josef Käs: „eine spontane Entscheidung ohne politische Ziele.“ Eben. Ausnahmsweise geht es um einen praktischen Alltagsnutzen. Nicht mehr.

Doch hat dieser „Nutzen“ keinen Mehrwert. Auch ohne eine irritierend weibliche Wortwahl ist die Lesbarkeit von Unidokumenten trocken und langatmig. Genauso wie die bei jeder Gelegenheit aufglimmende Debatte um eine feministisch geprägte Gesellschaft. Bleibt abzuwarten, wann die ersten Femen barbusig in den Hörsaal stürmen, um auch dessen Artikel in die Knie zu zwingen. Sprache ist schließlich Macht.


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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Schweigmann, Teaserfoto: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

7 Comments

  • Denkerin sagt:

    Das ist doch schön. Wir haben scheinbar die Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern soweit behoben, dass wir als einzige Sorge noch die Korrektur der Sprache haben. Natürlich kann man da nicht einfach eine Bevorzugung der männlichen Form abschaffen, sondern muss eine Bevorzugung der weiblichen Form einführen. Das zeigt leider zu deutlich die Absicht der Befürworter.
    Gerechtigkeit und Chancengleichheit fände ich prima, und da gibt es sicherlich auch besonders für die Frauen wichtigeres zu erreichen als mit dieser Farce.

  • D. Kanschat sagt:

    Diese zwanghaften Versuche eine funktionierende Sprache zu verändern, um – in diesem Fall – Emanzipation zu erzwingen ist doch albern.

    Frauen, welche sich von der neutralen Deutschen Sprache diskriminiert oder „herabgestuft“ fühlen, haben ein viel tiefgründigeres Problem, als den Deutschen Sprachgebrauch.
    Die „bisher übliche Schrägstrichvariante“ ist mir deutlich lieber als eine Sprache, in der man nicht mehr sicher ist von welchem Geschlecht man nun spricht. Neutraler wird die Sprache durch „verweiblichung“ nicht, viel mehr verwirrender.

    Es ist in meinen Augen absolut übertrieben von einer „bestehenden Ungerechtigkeit“ zu sprechen und kommt mir vor wir der zwanghafte Versuch Aufmerksamkeit zu erzeugen, wo keine Aufmerksamkeit benötigt wird. Wir haben mit Blick auf Emanzipation sicherlich noch gewisse Baustellen in unserer Gesellschaft – aber die Deutsche Sprache zählt da definitiv nicht zu.

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