Neue Werte aus geretteten Früchten

Es erinnert an einen kleinen Lebensmittelladen: Mehrere selbst gebaute Kisten aus Metallgittern sind gefüllt mit Früchten. Neugierige und irritierte Blicke treffen den Stand von Lars Peters und Sven Eul, denn eine Kasse zum Bezahlen gibt es nicht. Es sind Lebensmittel, die eigentlich im Abfall landen. Die Jungs machen mit Aktionen auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam und retten Bananen für ihr Bananenbrot.

Sie rufen allen Vorbeilaufenden lässige Sprüche zu: „Kommt alle in unseren Laden!“ Eine Menschentraube hat sich um den kleinen Laden gebildet. Drum herum sind weitere Stände von jungen und hippen Jungunternehmern. Das Start-up von Lars Peters und Sven Eul heißt „Neue Werte“. Sven Eul und Lars Peters machen neue Produkte aus Früchten, die normalerweise im Großhandel aussortiert werden. Sie verkaufen verschiedene Sorten Bananenbrot und in Zukunft soll es noch weitere Leckereien geben, um noch mehr Früchte vor dem Abfall zu bewahren.

Sie wollen mehr Bewusstsein gegenüber Lebensmitteln.

Ungläubige Blicke treffen Lars Peters, wenn er den Gästen eines Festivals erzählt, dass heute alle Früchte kostenlos sind. „Wenn man den Leuten unsere Botschaft erklärt, ist es ein schmaler Grat zwischen Verurteilung und Bewusstsein schaffen“, sagt Lars Peters, der auf das Problem aufmerksam machen möchte. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Leute in ihren Verhaltensweisen persönlich angegriffen fühlen, meint der Jungunternehmer.

Unternehmensgründung anstatt Rundreise in Australien

Lars Peters und Sven Eul sind beide 29 Jahre alt. Lars hat BWL studiert und ist für die Finanzen von Neue Werte verantwortlich. Sven hat hat einen Abschluss in Kommunikationsdesign und damit den Blick für gestalterische und kreative Aufgaben. Neben dem Studium besuchten die beiden auch Kurse, die nichts mit ihrem Studium zu tun hatten.

Nach dem Abschluss fliegt Lars Peters mit Gründungsmitglied Tim Gudelj nach Australien, um das Land zu bereisen. Als die beiden Jungs genug Geld bei einem Job als Baristas in Sydney zusammengespart haben, fassen sie den Entschluss, Bananenbrot in Deutschland bekanntzumachen: In Australien gibt es das Gebäck schließlich überall zu kaufen und es hat direkt das Herz der Studenten erobert. „Die Einsicht das Projekt umzusetzen, war einer der emotionalsten Momente“, erinnert sich Lars Peters. Sie brechen ihre Reise ab. Zurück in Deutschland versuchen sie tagelang, die passende Rezeptur für ihr eigenes Bananenbrot zu finden. Tim Gudelj ist kein Geschäftspartner mehr.

„Ich kann eigentlich überhaupt nicht backen“, gibt Lars Peters zu. Heute treffen sich Sven Eul und Lars Peters alle drei Wochen und verfeinern das Rezept. Die Brote können die Jungunternehmer aufgrund der großen Menge nicht selbst backen. Sie haben ihre Rezeptur in die Hände der Bäckerei Schüren in Düsseldorf gegeben, die nun das Brot für den Verkauf backt.

Das Obst und Gemüse stammt aus einem Großmarkt, wo die Früchte normalerweise aussortiert oder verbrannt werden. Bei Tropenfrüchten ist besonders die Schale von Bedeutung.  „Die Optik zählt. und das ist selbst für den Verbraucher nicht immer verständlich“, erzählt Lars Peters. In den Herkunftsländern seien äußerliche Fehler vollkommen normal, meint Sven Eul.

Das ist mit den Lebensmitteln falsch … 

Das ist Lars Peters von Neue Werte.

Nachhaltigkeit ist sehr individuell und jeder hat seine eigenen Vorstellungen, wie ein nachhaltiges Leben genau auszusehen hat. Auch in ihrem Privatleben versuchen die Jungunternehmer, möglichst bewusst zu leben. Das Interesse sei mit der Entwicklung von Neue Werte stetig gewachsen. „Nachhaltigkeit ist ein Kaugummibegriff und ich war nicht von Anfang an öko“, sagt der ehemalige BWL-Student. Lars ist kein Veganer, denn er sieht das Thema Nachhaltigkeit eher als Entwicklungsprozess an. „Vielleicht kommt das ja noch“, meint der Düsseldorfer. Man müsse das große Ganze betrachten, da man an so vielen Ecken ansetzen könne, sagt Lars. Sven versucht hingegen, jeden Tag frisch einzukaufen, damit Lebensmittel nicht erst schlecht werden. Darüber hinaus vermeidet er öffentliche Verkehrsmittel und hat keinen Fernseher.

„Nachhaltigkeit ist ein Kaugummibegriff und ich war nicht von Anfang an öko.“

– Lars Peters

Heute können sich die Beiden nicht mehr vorstellen, in einem normalen Job zu arbeiten – trotz Existenzängsten, die sie begleiten. „Unsere Arbeit hat einen sozialen Wert und ich bin mein eigener Herr“, erzählt Sven Eul. Die ehemaligen Studenten arbeiten im Schnitt 70 Stunden pro Woche. „Wir arbeiten jeden Tag zusammen und haben eine freundschaftliche Beziehung und haben dieselbe Art von Humor. Aber auch wir diskutieren manchmal“, so Sven Eul. Für sie ist es immer noch schwer, das Projekt als Unternehmen zu sehen. Wenn Sven Eul sich an seine Zeit als Student zurückerinnert, empfiehlt er allen Studierenden, sich selbst treu zu bleiben und sich keinen Zwängen hinzugeben. „Es muss nicht immer das Richtige sein, man sollte sich von seinen Gefühlen leiten lassen“, sagt Lars Peters.

Das Bananenbrot kann man in vielen Gastronomien kaufen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist. Auch die Galerie in der TU Dortmund bietet den Kuchen an. So gefällt es den Studierenden der TU:

Fotos: Melina Helf

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