Duell am Donnerstag: Nur christliche Feiertage?

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Fronleichnam: Der heutige Feiertag ist nur einer der vielen, die uns Studierenden das Sommersemester angenehmer gestalten. Wie die meisten anderen Feiertage in NRW hat auch Fronleichnam einen christlichen Hintergrund. Passt das gut in unseren christlichen Staat, oder ist es nicht mehr zeitgemäß? Über den Sinn der christlichen Feiertage diskutieren Katarina Mujan und Janina Semenova.

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Raus aus dem Alltag, weg vom Konsum, rein ins Familienleben. Diese Funktion erfüllen für mich die Feiertage. Dass die meisten Feiertage bis auf den Maifeiertag und den Tag der Deutschen Einheit auf christliche Herkunft zurück zu führen sind, hängt mit der abendländischen Tradition Deutschlands zusammen.

Diese Tradition mag für viele überholt und nicht mehr aktuell sein, dennoch darf nicht vergessen werden: In Deutschland leben rund 60 Prozent Christen. Ist es gerecht, dass in Deutschland nur christliche Feiertage gesetzlich geschützt sind? Das ist keine Frage, die ich mit ja oder nein beantworten will. Aber es gibt Gründe, die für diese Feiertage sprechen.

Unsere Welt wird von Arbeit und Konsum bestimmt

Die Welt, in der wir leben, wird zunehmend von der Arbeit und vom Konsum bestimmt. Die 5-Tage-Woche, die ursprünglich als Leitfaden einer Arbeitswoche diente, gilt nicht mehr. Immer mehr Menschen müssen auch am Wochenende arbeiten. Sie sind gezwungen, Zweitjobs anzunehmen, um ihre Existenz sichern zu können. Dies ist für viele Menschen belastend, da sie sich so kaum eine Auszeit nehmen können. Wo bleibt da die Zeit für einen Sonntagsspaziergang?

Im Konsumtempel gehen die wichtigen Dinge des Lebens verloren. Dabei passieren doch in der Freizeit meist die schönsten Sachen im Leben. Viele nutzen Feiertage inklusive Brückentage, um über ein langes Wochenende zu verreisen. An die vielen Feiertage sind auch die meisten Musikfestivals gebunden. Warum also etwas kritisieren, das den meisten Menschen eine Freude bereitet? Man hat Zeit auszuatmen, sich mit den wirklich wichtigen Dingen des Lebens auseinanderzusetzten.

Feiertage für jede Religion?

Der Gesuch des Zentralrats der Muslime in Deutschland nach zwei muslimischen Feiertagen ist verständlich. Jede Glaubensgemeinschaft würde sicherlich gerne einen Feiertag für sich haben. Doch andersherum betrachtet, müsste man dann nicht jeder Religion in Deutschland einen Feiertag zugestehen? Bleiben die Atheisten dabei auf der Strecke? Sollte man dann auch einen evolutionären Darwin-Tag einführen?

Nehmen wir an, ein islamischer Feiertag würde gesetzlich eingeführt, könnten sich dann nicht die orthodoxen Christen, die Juden und alle anderen vertretenen Religionsgemeinschaften diskriminiert fühlen? So etwas darf man nicht aus den Augen lassen. Heißt das also: Feiertage für alle oder für keinen?

Firmen nehmen Rücksicht auf den Glauben ihrer Angestellten

In meinen Augen dürfte niemand davon abgehalten werden, seinen Feiertag zu feiern. Die meisten Firmen nehmen Rücksicht auf den Glauben ihrer Angestellten. Sich für den Tag frei zu nehmen, sollte in Deutschland auch kein Problem sein, schließlich leben wir in einer Toleranzkultur. Doch für einen muslimischen Feiertag ist die deutsche Gesellschaft nicht bereit, trotz aller Toleranz.

Als letzte Anmerkung: Bevor man sich für eine Säkularisierung ausspricht, sollte man bedenken, dass Befürworter von muslimischen Feiertagen (Grüne und SPD an der Front) christliche Feiertage abschaffen wollen. Dies ist ein Widerspruch. Es darf kein Machtkampf zwischen zwei Religionen entstehen.

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Das Sommersemester ist ein Traum für uns Studenten: Wir haben ständig frei. Diesmal genießen wir gleich vier Feiertage: den Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam. Bis auf den Tag der Arbeit haben alle einen christlichen Hintergrund. Aber ist es überhaupt noch zeitgemäß, dass es so viele christliche Feiertage gibt? Natürlich freut sich jeder über einen freien Tag. Doch rund 40 Prozent der Bevölkerung gehören keiner christlichen Glaubensrichtung mehr an. Und jeder weiß, dass die Bedeutung der Kirche zurückgeht und das schon seit Jahren.

Der heutige Feiertag ist ein gutes Beispiel: Wer weiß denn bitte noch, warum die Christen Fronleichnam feiern? Wahrscheinlich die wenigsten. Deswegen kann es nicht gerechtfertigt sein, dass wir so viele christliche Feiertage haben.

Verschiedene Glaubensrichtungen

In Deutschland leben mittlerweile immer mehr Muslime oder Vertreter anderer Glaubensrichtungen. Für mich ist es diskriminierend, dass ein multikulturelles Land wie Deutschland fast nur christliche Feiertage hat. Auch andere Religionen sollten Rechte auf Feiertage haben, genauso wie ungläubige Personen auf weltliche Feiertage.

Außerdem herrscht ein Ungleichgewicht: Was passiert am islamischen Zuckerfest? Eltern dürfen ihre Kinder in der Schule entschuldigen. Wir respektieren den anderen Glauben, aber mit den christlichen Feiertagen haben diese Kinder öfter frei. Wir können sie nicht an christlichen Feiertagen in die Schule schicken – das ist der Punkt: Nur christliche Feiertage zu haben, ist nicht mehr gerechtfertigt.

Feiertage sollten freier sein, also nicht so stark religiös gefestigt. Zwar hat Deutschland eine stark christliche Vergangenheit, doch Dinge ändern sich. Und so ist es heute. So werden Feiertage oft dazu genutzt, Zeit mit der Familie zu verbringen. Und was ist mit dem Kommerz? Das Weihnachtsfest lebt vom großen Umsatz der Industrie. Wieso also brauchen wir dafür einen christlichen Feiertag, wenn er sich ohnehin zu einem weltlichen entwickelt hat?

„Happy Holidays” anstatt
„Merry Christmas“

In den USA und in Kanada geht es soweit, dass in der Regel nur „Happy Holidays“ gewünscht werden, also „Frohe Feiertage“ anstatt „Frohe Weihnachten“. Dadurch sollen andere Religionen mehr respektiert werden. Vielleicht ist das etwas übertrieben, aber durchaus ein Schritt zu mehr Achtung anderen Religionen gegenüber.

Obwohl wir den christlichen Staat in unserer Verfassung verankert haben, wäre es sinnvoll, die vielen christlichen Feiertage zu überdenken, da ein Großteil von ihnen – und Fronleichnam gehört dazu – nicht in ihrem ursprünglichen Sinne gefeiert wird. Diese Feiertage werden nur noch von Schülern, Studenten und Arbeitnehmern als freie Tage genutzt, was nicht dem ursprünglichen Sinn entspricht.

Ein gutes Beispiel ist Christi Himmelfahrt. An diesem Tag ist es im Sinne des „Vatertages“ mittlerweile zu einer Tradition geworden, dass Männer mit Bollerwagen und Bier auf Tour gehen – wohl kaum der ursprüngliche Hintergrund des Feiertages. Wenn wir weltliche Feiertage oder auch Feiertage anderer Religionen hätten, dann würde ihre Bedeutung so wohl kaum verfehlt werden.

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Schweigmann, Teaserfoto: pixelio.de / H.D.Volz

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