Wissenswert: Organspende

Das beschleunigte Verfahren: Missbrauchsanfällig?

Das sogenannte beschleunigte Verfahren ist ebenfalls eine Ausnahme zum Standardverfahren. Haben Organspender Krankheiten wie Krebs, eine Blutvergiftungen oder sind sie drogenabhängig, lehnen die Kliniken diese Organe wegen ihrer schlechten „Qualität“ häufig ab. Auf der Suche nach einem geeigneten Empfänger vergeht viel Zeit, in der die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Verpflanzung rapide sinkt. Damit solche Organe nicht verloren gehen, sind sie für das beschleunigte Verfahren freigegeben, bei dem die Ärzte in den Transplantationskliniken selbst entscheidet, wer das Organ bekommt. Sie müssen jedoch auch die Kriterien des Transplantationsgesetzes bei der Auswahl berücksichtigen. Aufgrund der steigenden Zahl der schwer vermittelbaren Organe hat auch die Zahl der beschleunigten Verfahren in den letzten Jahren stark zugenommen. Kritiker vermuten hinter dem Anstieg dieser Ausnahmeregelung ein Indiz für Manipulationen. Ihr Vorwurf: Ärzte würden Organe bewusst ablehnen oder als besonders problematisch deklarieren, um sie damit frei für ihre „Wunschempfänger“ zu machen. Auf der einen Seite steigt durch die Verpflanzung eines problematischen Organs das Risiko der Abstoßung. Auf der anderen Seite würden ohne diese Regelung Organe verloren gehen und mehr Patienten sterben.

Es können aber noch andere Teile des Körpers auf einen anderen Menschen verpflanzt werden: Haut, Herzklappen, Blutgefäße, Augenhornhaut, Knochen und die Eihaut der Fruchtblase zählen zu den Gewebespenden. Für diese Organe gibt es Wartelisten von der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG), von Unikliniken und Gewebebanken, die eigene Vergaberichtlinien festlegen. Die rechtliche Grundlage für Gewebespenden liefert das Gewebegesetz, das seit dem 1. August 2007 besteht.

Immunsuppressiva als ständiger Begleiter eines Transplantierten

Immunsuppressiva sorgen dafür, dass der Körper das neue Organ nicht abstößt. Foto: Sara Hegewald/pixelio.de

Immunsuppressiva sorgen dafür, dass der Körper das neue Organ nicht abstößt. Foto: Sara Hegewald/pixelio.de

Die Empfänger müssen zeitlebens nach der Verpflanzung Medikamente einnehmen, die das Immunsystem herunterfahren. Diese sogenannten Immunsuppressiva sind nötig, da der Körper sonst die fremden Organe angreifen und abstoßen würde. Das bedeutet auch, dass ein regelmäßiger Kontrollbesuch beim Arzt zur Einstellung der Dosierung und Überwachung des Organs unumgänglich ist. Ein weiterer negativer Effekt: Aufgrund des gedrosselten Immunsystems sind die Patienten anfälliger für Infektionen. Sie sollten deswegen kranke Menschen meiden und strenge hygienische Maßnahmen einhalten. Das heißt auch, dass die Organempfänger äußerst vorsichtig auf Reisen in fremde Länder sein müssen. Bei einer Abstoßung sind auch Mehrfachtransplantationen möglich. Allerdings wächst dann auch das Risiko, dass das der Körper das neue Organ ebenfalls abstößt.

Laut einer Befragung des Bundesinstituts für gesundheitliche Aufklärung würden 2/3 der Befragten einer Organspende nach dem Tod zustimmen. Aber lediglich ein Viertel besitzt einen Organspenderausweis, mit dem man eine Erklärung für oder gegen eine Transplantation abgeben kann. Deswegen gehen viele Organe von den Menschen „verloren“, die sich für eine Spende entscheiden würden, das aber nirgendwo vermerkt und niemandem erzählt haben. Das sorgt dafür, dass weniger Spender zur Verfügung stehen als gebraucht werden. Um die Zahl der Spender zu erhöhen, wird am 1. November 2012 das Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung in Kraft treten. Demnach sollen alle Krankenversicherten ab dem 16. Lebensjahr von ihren Krankenkassen über die Organspende informiert und zu einer freiwilligen Entscheidung aufgefordert werden, egal wie diese dann letztendlich ausfällt. Doch wegen der aktuellen Vorwürfe haben einige Krankenkasse, wie die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK), die für Oktober geplante Vergabe von Organspendeausweisen gestoppt. SBK-Vorstandsmitglied Gertrud Demmler erklärte gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt, dass erst einmal das Vertrauen in die Organspende wiederhergestellt werde müsse.

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