Wissenswert: Plagiate

Foto: flickr.com/Karen Roe, Rafael Robles L, Lars Kasper, NASA Goddard Photo and Video; Montage: Marc Patzwald, Teaserfoto: flickr.com/poniblog

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Für Annette Schavan geht es ums Ganze: Nicht nur ihr Doktortitel steht auf dem Spiel. Seitdem bekannt wurde, dass die Bundesbildungsministerin in ihrer 32 Jahre alten Doktorarbeit mehr abgeschrieben hat als bislang angenommen, muss sie auch um ihren Job bangen. Schavan sagt, sie habe lediglich Zitierfehler gemacht. Manche Wissenschaftler pflichten ihr bei. Denn was als Plagiat zählt und was nicht, ist umstritten.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein Plagiarius, ein „Menschenräuber“ und „Sklavenhändler“– und auch Annette Schavan könnte so genannt werden. Eine Beleidigung, die der Dichter Martial seinem Kollegen Fidentinus im alten Rom entgegenschmetterte, der Martials Gedichte als die seinen ausgegeben hatte.

Spätestens seit der Causa Guttenberg ist das Plagiat in der Wissenschaft ein Kernthema der öffentlichen Debatte. Auf Wiki-Plattformen wie VroniPlag deckten anonyme Plagiatsjäger auf, dass zahlreiche Politiker und Wissenschaftler in ihren Doktorarbeiten getäuscht haben. Nicht jeder musste seinen Posten räumen. Der niedersächsische Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) etwa durfte Amt und Titel behalten. Er habe nur schlampig gearbeitet, urteilte die Untersuchungskommission der Uni Potsdam.

„Handwerkliche Fehler“ oder bewusste Täuschung?

Die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens sind seit der Causa Guttenberg strenger geworden. Das in Deutschland 25.000 Hochschulabsolventen im Jahr promovieren, schien plötzlich nicht mehr als akademische Spitzenleistung, sondern als Missstand. Die Universitäten kauften massenweise Plagiatssoftware, um Tricksern in Zukunft besser auf die Spur zu kommen. Wer eine Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit schreibt, muss an den meisten Unis eine eidesstattliche Versicherung abgeben, in der er erklärt, alle Quellen gekennzeichnet zu haben.

Gegen die meist anonymen Plagiatsgegner wurde immer wieder der Vorwurf erhoben, es in ihrem Aktionismus zu übertreiben und Arbeiten als Plagiate zu bezeichnen, die gar keine seien. Die FAZ spricht sogar von einer „modernen Hexenjagd“. Doch wo fängt das Plagiat an, die bewusste Täuschung? Und wo hört das schludrige Arbeiten auf, jene „kleinen handwerklichen Fehler“, von denen Schavan spricht und auf denen auch Guttenberg lange beharrte.

Ist ihre Doktorarbeit wirklich ein Plagiat? Bundesbildungsministerin Annette Schavan.

Ist ihre Doktorarbeit wirklich ein Plagiat? Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Foto: Andreas Schepers / Wikimedia Commons

Juristisch umstritten

Als juristischer Begriff existiert das Wort „Plagiat“ nicht. Klar ist: Ein Plagiat ist der Diebstahl geistigen Eigentums anderer. Nur: Ab wann ein Satz als eigener Gedanke gilt, dafür gibt es keine allgemein gültige Regel. Jeder Einzelfall muss abgewägt werden.

Ein Plagiat kann illegal sein, muss es aber nicht. Es kann als Urheberrechtsverletzung geahndet werden. Dem Dieb drohen bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Eine gefälschte Arbeit kann auch den Straftatbestand des Betrugs erfüllen. Außerdem verstößt die Fälschung einer Arbeit gegen Universitätsrecht – bei Dozenten und Professoren beispielsweise gegen den Arbeitsvertrag. Wer auffliegt, kann seinen Titel verlieren. In der akademischen Welt bedeutet das die Todesstrafe. Schadensersatz verlangen kann der Urheber der geklauten Textstellen.

Wer fremde Gedanken klaut, muss zahlen

Studenten, die beim Abschreiben erwischt werden, droht im schlimmsten Fall die Exmatrikulation, im mildesten Fall nur eine schlechtere Note. Manche Unis erteilen Abschreibern auch Bußgelder – an der TU Dortmund können bis zu 50.000 Euro fällig werden.

Brenzlich wird es auch, wenn der Student zusammen mit der Abschlussarbeit eine eidesstattliche Versicherung abgibt.  Damit macht er deutlich, dass er sein Werk selbstständig unter Kennzeichnung aller Quellen angefertigt hat. Stimmt das nicht, droht ihm die strafrechtliche Verfolgung.

In jedem Fall verstößt ein Plagiat gegen den Ehrenkodex der Wissenschaft. Und genau hierbei sind sich die meisten Wissenschaftler einig: Wenn ein fremder Gedanke oder ein Zitat nicht kenntlich gemacht worden sind, dann ist ein Text ein Plagiat. Das gilt auch, wenn man den fremden Gedanken umschreibt oder nacherzählt. Was aber als fremder Gedanke gilt, das bleibt dem Urteil des Gutachters überlassen. Allgemein verbindliche Regeln gibt es nicht.

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