Länder der Erde, einigt euch! 

195 Länder, 10.000 Delegierte, 14.000 Lobbyisten, 150 Staats- und Regierungschefs: Die Dimensionen der Weltklimakonferenz, die am Montag in Paris startet, sind gigantisch. Mindestens genauso gigantisch sind die Erwartungen an den Gipfel: Die Welt muss sich endlich auf verbindliche Ziele beim Klimaschutz einigen. 

Die Zeit drängt: Seit dem letzten, gescheiterten Gipfel in Kopenhagen sind sechs Jahre verstrichen. In dieser Zeit sind die Temperaturen weiter gestiegen. Die vergangenen 15 Jahre waren mit einer Ausnahme jeweils die heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen. Das Inlandeis der Antarktis schmilzt ebenso wie die meisten Gletscher. Naturkatastrophen häufen sich. Küstenregionen und Inselstaaten vor allem in der Südsee sind in ihrer Existenz bedroht. Anfang November erst hat die Weltbank vor einem Scheitern der Verhandlungen in Paris gewarnt: Unternehmen wir nicht mehr gegen die Erderwärmung, stürzen wir mehr als 100 Millionen Menschen zusätzlich in Armut und Perspektivlosigkeit. Machen wir weiter wie bisher, drohen die Temperaturen um vier bis fünf Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu steigen. Um knapp ein Grad haben sie sich wohl schon erhöht. 

Es ist an der Zeit, dass sich die Länder der Welt einigen. Mission Impossible? Ohne Kompromisse wird es nicht gehen. Bis zum Ende der Konferenz am 11. Dezember muss ein vernünftiges Abkommen stehen. Fünf Forderungen: 

1. Begrenzt die Erderwärmung auf zwei Grad!

Bei der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 haben die Länder nur „zur Kenntnis genommen“, dass die Temperatur weltweit um nicht mehr als zwei Grad steigen soll. Jetzt ist es an dieser Zeit, das Zwei-Grad-Ziel für alle Länder rechtsverbindlich festzuschreiben. Zwar geht das Umweltschützern nicht weit genug, weil es auch bei zwei Grad Erderwärmung in einigen Teilen der Welt ungemütlicher werden dürfte. Dennoch ist das Zwei-Grad-Ziel ein guter Kompromiss, auf den sich alle Länder einigen sollten. 

2. Kontrolliert die nationalen Klimapläne regelmäßig!

Bis zur Konferenz sollten alle Teilnehmerstaaten nationale Klimapläne vorlegen, in denen festgelegt wird, wie die CO2-Emmissionen gesenkt werden sollen. Das haben fast alle Länder gemacht. Der Vorteil: Nationale Ziele sind nicht nur realistischer als ein weltweit einheitlicher Masterplan. Sie sind auch besser, weil sie die Gegebenheiten vor Ort und den Entwicklungsstand des Landes miteinbeziehen können. Der Erfolg des neuen Klimaabkommens hängt allerdings davon ab, ob es die Regierungen verpflichtet, diese Pläne auch einzuhalten. Deutschland und die EU wollen die Ziele alle fünf Jahre überprüfen lassen. Das ist ein sinnvoller Plan. Wenn ein Land die eigenen Ziele verfehlt, sollte es genau festgelegte Strafen zahlen müssen. 

Die bisher eingereichten Pläne reichen nach Ansicht von UN-Experten nicht aus, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Mit ihnen ist die Welt auf dem Weg zu einer Erwärmung um 2,7 bis 3,5 Grad. Deshalb müssen sich die Staaten in Paris verpflichten, die Pläne nachzubessern. Viele Entwicklungsländer haben die Umsetzung ihrer Klimaziele zudem davon abhängig gemacht, ob sie finanzielle Unterstützung von den Industriestaaten bekommen. 

3. Die reichen Länder müssen die ärmeren finanziell unterstützen 

Die Zustimmung der Entwicklungs- und Schwellenländer zu verbindlichen nationalen Zielen wird nur zu haben sein, wenn wir reichen Länder uns dazu verpflichten, ihnen beim Klimaschutz finanziell unter die Arme zu greifen. Bisher lehnen es die meisten Industrieländer ab, verbindliche Zusagen dazu in den neuen Klimavertrag zu schreiben. Diese Haltung sollten sie aufgeben. 

Es ist mehr als fair, dass die Hauptverursacher des Klimawandels denen unter die Arme greifen, die darunter leiden: Inselstaaten in der Südsee etwa oder Küstenländern wie Bangladesch. Sie brauchen unsere uneingeschränkte Solidarität. Der Fördertopf sollte großzügig ausgestattet sein und nicht nur für die Folgekosten von Naturkatastrophen aufkommen, sondern auch Klimaschutzprojekte und die Entwicklung von erneuerbaren Energien unterstützen. Die 100 Milliarden Dollar pro Jahr, die die Industriestaaten für die Zeit ab 2020 bereits versprochen haben, reichen dafür nicht aus. Allein Indien schätzt seinen Bedarf auf knapp 2,5 Billionen Euro bis 2030. 

4. Schwellenländer und Industrieländer, zieht an einem Strang!

Mit diplomatischem Geschick muss es gelingen, dass Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien gemeinsam mit den großen Industrienationen an einem Strang ziehen. Bremser-Staaten wie Japan, Kanada, Polen und Australien müssen umgestimmt werden.

Bei der Weltklimakonferenz zählt China immer noch als Entwicklungsland – eine eindeutig falsche Kategorie für einen der größten Umweltsünder der Welt. Auch aufstrebende Nationen wie China und Indien müssen sich an den Kosten des Klimawandels beteiligen. Dabei müssen EU und USA aber zu Kompromissen bereit sein und berücksichtigen, dass sich diese Länder industriell noch weiterentwickeln müssen. 

Ihr steigender Wohlstand hat einen Preis – trotzdem sollten wir das Wachstum dieser Länder nicht stoppen wollen. China hat mit dem Jahr 2030 zum ersten Mal einen Zeitpunkt genannt, von dem an die CO2-Emmissionen sinken sollen. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Vor allem die USA und China als die größten Umweltverschmutzer weltweit müssen sich auf eine gemeinsame Kompromiss-Linie einigen. Sie sollten ein rechtsverbindliches Klimaziel nicht weiter ablehnen. Das ist umso wichtiger, weil die beiden Länder Führungs- und Vorbildcharakter bei den Verhandlungen haben. 

5.  Wir alle können Druck ausüben! 

Ja, unsere Einflussmöglichkeiten sind begrenzt. Trotzdem: Unter dem Hashtag #earthtoparis können wir unsere Botschaften an die Delegierten senden. Das ist umso wichtiger, weil angesichts der Terroranschläge in Paris große Demonstrationen vor Ort verboten sind. 

Quelle: flickr/ Asian Development Bank

Quelle: flickr/ Asian Development Bank

Twittert, facebooked, instagramed oder youtubed doch einfach selbst mit! Im Netz finden sich schon einige Beispiele:  

Facebook-Status von Nev Schulmann:

In a few days, world leaders are gathering in Paris to complete a new global climate agreement — an extraordinary…

Posted by Nev Schulman on Samstag, 28. November 2015

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