Das außergewöhnliche Tutorium

Da engagiere ich mich in meinem Studium endlich mal als Tutorin: Den Frischlingen des WS 09/10 wollte ich den Campus und Bochum zeigen, also plante ich als erstes einen Ausflug in das legendäre Bermudadreieck. Doch während wir uns dem Straßendreieck näherten, verlief alles anders als geplant.

Anstatt der üblichen Fragen wie „Wo gibt es den besten Burger?“ (Three Sixty natürlich), „Welcher Laden hat am längsten auf?“ (Intershop und Jedermann’s, je nach Wochentag), „Wie lange kann man beim Rewe einkaufen?“ (Mo-Sa bis 24Uhr!), „Wo findet man die verschiedenen Typen an Studenten?“ (So groß ist der Platz zwischen diesen Klammern nicht) oder „Warum wächst da ein Strauch aus dem Kirchendach raus?“ (Weil sie seit Ewigkeiten leer steht und auf die Philharmonie sie letztes Jahr gekauft hat, im Moment Urbanatix darin proben und sie irgendwann ein Konzertsaal wird), kamen Fragen einer ganz anderen Art: „Warum stehen da 15 Busse der Hundertschaft aus Duisburg?“, „Kann man da überhaupt durchlaufen?“, „Wieso kommen uns alle Leute entgegen?“, „Hört man immer so viele Sirenen von Feuerwehr- und Krankenfahrzeugen?“

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Im Bochumer Bermudadreieck treffen sich Junggesellenabschiede aus dem gesamten Ruhrgebiet. Foto: Anne K. Dote

Nun denn, die Beantwortung dieser unerwarteten Fragen wurde nicht ganz leicht, denn die anwesenden „Teile des Systems“ – so haben diese sich selbst tituliert – wussten das auch nicht so genau, bis ein doch recht entspannter Polizist (quasi die 26. Person, die unsere Fragen hörte) mal aus dem Plauderkasten erzählte: Es sei eine britische Fliegerbombe (500 kg) gefunden und eine weiträumige Sperrzone errichtet worden. Diese erstrecke sich über einen knappen Kilometer Durchmesser und bis alle evakuiert seien, würde es noch dauern.

Mir persönlich gefiel die Sperrzone nicht, weil das geliebte Bermudadreieck genau das Zentrum, und meine WG genau innerhalb dieses Bereiches war. Auch machte sie kaum einen Sinn, weil ein Oval um die Bombe herum abgesperrt wurde und kein gleichmäßiger Kreis. Somit musste das Bergmannsheil nicht evakuiert werden. Auch fuhr der Regional- und Fernverkehr durchgehend direkt an der Bombe weiter. Wer sich das wohl wieder ausgedacht hatte? Konnte uns auch keiner vor Ort erläutern. „Man befolge nur die Anweisungen. Auch wisse man nicht genau, wann entschärft werde und ob wirklich alle älteren Mitbürger evakuiert seien.“ Wohlgemerkt wurden diese besagten Mitbürger mit einem VW Bus in kleinen Portionen am Altenheim abgeholt – es dauerte also lange.

Nach einem ausgiebigen (und theoretischem) Rundgang mit den Neuen durch Pinte, ‚Beuter und Co (damit die wenigstens eine Ahnung hatten, was sie vielleicht nie kennen lernen würden) suchten wir dann das damals noch existierende Alex hinter dem Boulevard auf, welches noch nicht wusste, ob es evakuiert wird. Da dies zu unsicher schien, musste eben ein recht unangenehm riechendes Lokal (Geisteswissenschaftler sollen dort sogar Fachschaftsabende abhalten) mit fast funktionierender Dartscheibe und dem skurrilen Namen „Oblomow“ her halten. Dieses Etablissement war nahezu perfekt, um den  eingeschüchterten Frischlingen die ersten Ureinwohner Bochums zu zeigen (einzigartige Exemplare!). Weitere Fragen bezüglich Bochum, den Semesterstartparties, des Betons in Universitätsform und ihres Studiums konnten auch bei preiswertem Bier rund um dem Billiardtisch beantwortet werden. Wie die Stimmung war? Natürlich bombenmäßig.

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