Run auf die Unis – Rektoren fordern Geld

Ein Beitrag von Adriane Palka

Der doppelte Abiturjahrgang in Nordrhein-Westfalen wird den Universitäten im nächsten Jahr einiges abverlangen. Heute schon sind viele Hörsäle überfüllt, es ist schwer, Seminarplätze zu finden und ins Studentenwohnheim kommt man nur mit Glück. Die Hochschulrektoren der Universitäten in NRW fordern nun in einem Brief an alle Parteien eine Finanzspritze von 800 Millionen Euro.

Gedränge im Hörsaal: Um nicht auf Treppen oder Kinos ausweichen zu müssen, werden neue Lehrräume benötigt. Foto: Adriane Palka

Gedränge im Hörsaal: Um nicht auf Treppen oder Kinos ausweichen zu müssen, werden neue Lehrräume benötigt. Foto: Adriane Palka

Ohne dieses Geld könnten die Unis dem Ansturm im nächsten Jahr nicht gerecht werden. Das geht aus dem Schreiben hervor, das auf „derwesten.de“ zitiert wird: „Da sich immer mehr junge Menschen für ein Studium entscheiden, muss der Studienplatzausbau weiter vorangetrieben werden.“ Die Nachfrage nach Studienplätzen werde bis 2015 stark ansteigen – und zwar weitaus mehr, als die Kultusministerkonferenz prognostiziert hat: „Die Universitäten des Landes haben ihre geplanten Anfängerzahlen im Wintersemester 2011/12 um durchschnittlich 24 Prozent übertroffen.“ Eine Gegenfinanzierung für diese Plätze gebe es bis jetzt nicht – deshalb benötige man 800 Millionen Euro.

Schon vor dem doppelten Abiturjahrgang sind die Universitäten höheren Belastungen ausgesetzt. Laut dem statistischen Bundesamt gab es im Wintersemester 2011/2012 in NRW so viele neue Studenten wie noch nie: Mit knapp 105.000 Studienanfängern ist das ein Plus von 23,4 Prozent. Somit studieren so viele Menschen wie noch nie zuvor in NRW, nämlich mehr als 590.000. Zu diesem Anstieg haben auch der Wegfall der Wehrpflicht, sowie doppelte Abiturjahrgänge in anderen Bundesländern beigetragen.

Ansturm aufs Ruhrgebiet

Für das nächste Jahr erwarten die Rektoren jedoch einen weiteren Anstieg. Im Ruhrgebiet, so die Prognose in dem Brief, wird es besonders die Universität Duisburg-Essen und die TU Dortmund treffen. In Duisburg-Essen werde die Zahl der Studienanfänger um 32 Prozent steigen, an der TU um etwa 25 Prozent. Die Ruhr-Universität Bochum wird mit voraussichtlich sechs Prozent „glimpflich davonkommen.“

Studenten, mehr Hunger: Die Warteschlangen in den Mensen werden länger. Foto: Adriane Palka

Studenten, mehr Hunger: Die Warteschlangen in den Mensen werden länger. Foto: Adriane Palka

Die Universitäten müssen sich daher auf die wachsende Anzahl an Studenten vorbereiten. Schon im vergangenen Wintersemester war die Lage teils prekär: In Essen fanden Vorlesungen aufgrund des großen Andrangs nicht im Hörsaal, sondern im Kino statt. In Bochum gibt es akuten Parkplatzmangel. In Dortmund blockierten im Oktober 2011 einige Studenten mit einem Sitzstreik das Büro der Rektorin Ursula Gather. Grund: Kein Platz im Hörsaal.

TU Dortmund: Neue Hörsäle, neue Wohnheime

Alle Ruhr-Unis haben bereits Maßnahmen geplant. An der TU Dortmund entstehen auf dem Campus Nord ein neues Physik- und Chemiegebäude und neue Räumlichkeiten am Logistik-Campus, sowie ein Seminargebäude am Campus Süd. „Zusätzlich können bei Bedarf Räume im Technologiezentrum angemietet werden“, sagt Angelika Mikus, Pressesprecherin der TU Dortmund. Durch die Insolvenz der Rohbaufirma ist die Arbeit am Physik- und Chemiegebäude jedoch zunächst zum Erliegen gekommen, sodass sich die Fertigstellung bis mindestens Anfang 2013 verzögert.

Doch auch für neue Unterkünfte wird gesorgt: Am Gardenkamp wird derzeit ein neues Studentenwohnheim mit 128 neuen Plätzen gebaut. „Das wird bis 2013 fertiggestellt“, sagt Thomas Schlootz, Kaufmännischer Leiter der TU. „Außerdem plant die TU, die Hälfte ihrer Mittel aus dem Hochschulpakt II für neue Lehrstellen auszugeben“, sagt Mikus. Der Hochschulpakt ist ein Abkommen zwischen Bund und Ländern, das definiert, wie man die Qualität der Lehre verbessern kann und wie man dies finanziert. Die TU bekommt so für jeden neuen Studienanfänger 20.000 Euro, auf fünf Jahre verteilt, so Mikus. Die Technische Universität Dortmund habe sich in diesem Zusammenhang verpflichtet, in den kommenden fünf Jahren bis zu 7.500 zusätzliche Studienanfängerinnen und Studienanfänger aufzunehmen. Im Jahr 2011 seien die geplanten Studierendenzahlen mit mehr als 5.000 Neueinschreibungen aber bereits deutlich überschritten worden.

Damit kein Student außen vor bleibt, benötigen die Universitäten in NRW nach eigener Aussage zusätzliche 800 Millionen Euro. Foto: Matthias Wiesel

Damit kein Student außen vor bleibt, benötigen die Universitäten in NRW nach eigener Aussage zusätzliche 800 Millionen Euro. Foto: Matthias Wiesel

Dem Brief der Landesrektoren zufolge, werde aber das Geld aus dem Hochschulpakt II aufgrund zu geringer Berechnungen nicht ausreichen: „Ohne eine verbindliche Zusage über den offensichtlich erforderlichen zusätzlichen Finanzierungsbedarf im Höhe von mindestens 800 Millionen Euro werden die Universitäten die zusätzlichen Studienanfänger nicht aufnehmen können.“ Nun bleibt abzuwarten, wie die Parteien auf die Forderungen der Rektoren reagieren werden.


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