Augen auf, Zahnbürste in den Mund, Computer an – es gibt Leute, deren Morgen sieht genau so aus. Das Internet und alle anderen modernen Kommunikationsmittel haben unseren Alltag so rasant verändert, wie kein anderes Medium. Für eine amerikanisch-österreichische Studie haben junge Probanden 24 Stunden lang den Stecker zur Welt gezogen und sich in „digitale Askese“ begeben, wie Zeit Online es nennt. Frustration und Fressattacken inklusive. Können wir also offline überhaupt noch glücklich sein?
PRO | CONTRA | |
Ja, das können wir. Und wir können sogar noch glücklicher sein, als wir es online sind. Denn die ständige Erreichbarkeit in der virtuellen Welt stresst uns mehr als das wahre „echte“ Leben. – Wäre eine Offline-Welt nicht schön? Wie schön das ist, wenn man den PC einfach mal ignoriert! Wenn man nicht alle fünf Minuten twittert, Mails beantwortet oder den Facebook-Account checkt. Ich muss nochmals schnell… Kaum haben wir den PC aus, juckt es uns schon in den Fingern. Zu wissen, was in den Weiten des WWW los ist, ist für uns zu einer Sucht geworden. Abschalten fällt uns schwer – ob nun den PC oder vom Alltag. Dieses ständige Gefühl des „Ich muss nochmal schnell“ zieht sich durch unser Leben. Es geht tatsächlich auch ohne… Früher ist doch schließlich auch niemand alle zwei Minuten zum Briefkasten gerannt, um zu schauen, ob neue Mails (auch Briefe genannt) da sind. Und die Menschen waren trotzdem nicht unglücklich, unterinformiert oder gar gelangweilt. Alles eine Frage der Gewohnheit? Wenn wir uns von unserer Online-Besessenheit lösen, haben wir endlich wieder Zeit uns darin, in der wahren „echten“ Welt, zu bewegen – Freunde zu treffen und nicht nur zu „followen“, soziale Kompetenz im direkten, persönlichen Umgang mit Kollegen und nicht über Xing zu üben. Und sind wir doch mal ehrlich: Ein echter Kuss macht immer noch um einiges glücklicher als ein :-*, oder? |
Nein, auf keinen Fall. Meine Oma kann offline glücklich sein, indem der Blick aus dem Fenster ihr Bildschirm wird. Mein Vater, der Google nicht vom Browser unterscheiden kann, bekommt es hin. Selbst meine Mutter würde nicht eingehen, wenn sie ihren Facebook-Account nicht hätte. Aber ich? Student im 21. Jahrhundert? Die Zeiten sind vorbei. – Aus wenig viel mehr rausholen – „On“ zu sein, das bedeutet heutzutage, ans soziale Leben angeschlossen zu sein. Auf Facebook hat Daniel Bilder vom Interrail-Urlaub hochgeladen. Ich habe Daniel seit Monaten nicht gesehen, er ist nur ein kleiner Fisch im Schwarm der 300 Facebook-Freunde. Aber die Bilder wecken die Lust, bald selbst mal wieder den Rucksack zu packen. Danke dafür, Daniel. In der Twitter-Timeline trudeln derweil die aktuellsten Nachrichten ein. Häufig nicht solche, auf die ich nirgendwo anders gestoßen wäre. Aber ich hätte – online natürlich – ewig suchen müssen. – Zeit bekommt einen anderen Wert – Ewig. Allein dieses Wort, unser ganzes Zeitempfinden ist durch das Internet neu definiert worden. Minuten sind die neuen Stunden, Sekunden die neuen Minuten. Wir werden nervös, wenn die Mail von Dienstagvormittag am Mittwochabend noch nicht beantwortet ist. Längst gibt es einen Online-Knigge. Die Netiquette lenkt das Leben im Netz in gesittete Bahnen. Jedes Medium hat mit dem Argwohn seiner Kritiker zu kämpfen gehabt, bevor alle Welt akzeptierte, dass es ohne nicht mehr geht. Jedes bewusste Verhalten, dass gegen diese Entwicklung arbeitet, ist einfach ein Anachronismus. Es geht nicht mehr ohne. |
Duell am Donnerstag
Donnerstag treten zwei pflichtlektüre-Redakteure den Meinungskampf im Duell am Donnerstag an. Aktuelle Themen werden kontrovers besprochen. Wer überzeugt besser? Wer hat die schlagenden Argumente? Poste deine Meinung im Kommentar direkt unter dem Duell.
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