Doktorandenschmiede Deutschland

Auch für Dr. Gunda Huskobla ist die Qualitätssicherung in erster Linie auf der institutionellen Ebene zu vollziehen. Sie ist Geschäftsführerin des Universitätsverbandes zur Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland (UniWiND), ein Netzwerk von aktuell 32 Universitäten. Huskobla fordert eine stärkere Strukturierung der Promotionsphase sowie unterstützende Betreuungselemente.

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Strukturierte Promotionsprogramme wie Graduiertenkollegs sollen für Austausch sorgen - und die Qualität sichern. Foto: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Austausch auf hohem Niveau

„Promovierende stehen in der Gefahr, dünne Bretter zu bohren, wenn der unmittelbare Kontakt zu Hochschule und Betreuer nicht gegeben ist. Entscheidend sind hier qualitätssichernde Elemente wie regelmäßige Kolloquien und der Austausch mit anderen – zum Beispiel in Graduiertenkollegs, den sogenannten strukturierten Promotionsprogrammen.“ Sie sollen Titelanwärtern gemeinsames Forschen und Entwickeln ermöglichen, nicht wenige erhalten dabei ein Stipendium.

Auch Nils ist bei einer Graduiertenschule eingeschrieben – „nur formal“, wie er sagt. „In erster Linie geht es darum, am Ende einen Stempel und die fünf Credits pro Jahr einzusammeln.“ Zweimal im Jahr biete das Förderkolleg Seminare und Workshops an, einen Vortrag muss Nils in der Zeit halten. Eine sinnvolle Angelegenheit? „Ich habe das Gefühl, solche Graduiertenkollegs sprießen aus dem Boden, weil es gerade in ist. Klar ist es gut und nützlich sich untereinander auszutauschen. Aber seine Unikollegen kennt man auch so, gerade hier in Bielefeld.“

„Ein ganzer Haufen“ promoviere an der Fakultät Chemie und Biochemie, um die 15 Professoren unterliegt deren Betreuung. Am Lehrstuhl der Theoretischen Chemie gibt es aktuell vier Promovierende, Nils eingeschlossen. Sein Doktorvater, ein habilitierter Theoretiker, kümmert sich allein um ihn. „Gerade am Anfang ist die Betreuung sehr zeitintensiv und wichtig. Aber auch jetzt arbeiten wir nah zusammen, damit bin ich sehr zufrieden.“

Gelder vom Land können das Betreuungsverhältnis beeinflussen

Kann er auch. Obwohl die Betreuungsrelation in den MINT-Fächern über die letzten zehn Jahre relativ konstant bei 1,2 lag, betreute im Wintersemester 2010/2011 ein Professor durchschnittlich rund sechs Promovierende. Das geht aus dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013 hervor.

Das Studium geschafft - oder ist noch der Master-Abschluss nötig?

Nach der Promotion verlassen immer mehr Doktoren die Uni, orientieren sich zunehmend forschungsfern. Foto: Thomas Kölsch / pixelio.de

Für Gunda Huskobla von UniWiND lässt sich kein allgemeines Optimum für die Betreuungsrelation festlegen. Hier spielten individuelle und fachkulturelle Gepflogenheiten eine große Rolle, sagt sie. Allerdings „kollidiert eine reine Maximierung dieser Rate mit der Betreuungsqualität.” Denn oftmals, so sagt sie, ist die sogenannte Leistungsbezogene Mittelvergabe des jeweiligen Landes Anreiz für eine Fakultät und ihre Professoren, möglichst viele Doktorarbeiten zu betreuen. Will heißen: mehr abgeschlossene Promotionen, mehr Geld vom Land. „Die Hochschulen können hier eine Reihe von qualitätssichernden Maßnahmen treffen: Etwa Leitfäden zum Betreuungsverhältnis einführen und ein Betreuungstraining für Professoren anbieten“, schlägt sie vor.

Vielleicht hat das auch Auswirkungen auf eine andere Entwicklung. Haben die Hochschulen in Deutschland traditionell ihren eigenen akademischen Nachwuchs ausgebildet, ist der Anteil derer, die nach der Promotion an der Uni bleiben, heute verschwindend gering. Rund 20 Prozent, schätzt Huskobla. Und auch der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013 zeichnet den kontinuierlichen „Prozess des Verlassens der Hochschulen“ für die Zukunft weiter.

Wohin es für Nils nach der Promotion geht, weiß er noch nicht genau. An der Uni bleiben möchte auch er nicht, in der Wissenschaft ebenso wenig – ein zu hohes Risiko, schlecht bezahlt, oft befristet. Alternativ bleibt die Wirtschaft. Daran, dass der auf seinem Titel sitzen bleibt und keine Anstellung findet, zweifelt er. Ohne den Doktor läuft in der Chemieindustrie schließlich nichts.

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