Studiengebühren auf der Kippe

Teil 4: Journalistik-Professor Claus Eurich sieht den Staat in der Pflicht

Von Anna Hückelheim

Dr. Claus Eurich erkennt zwar an, dass die Beiträge Projekte ermöglicht haben, die ohne sie schwierig zu verwirklichen gewesen wären, fragt sich aber auch, warum diese Mittel überhaupt benötigt werden. „Für mich hat der Staat einen Grundbildungsauftrag, den er erfüllen muss, und dazu gehört auch die Bereitstellung eines freien Zugangs zu den Universitäten“, sagt Eurich. Zugangsbarrieren, vor allem finanzielle, dürfe es, vom Blickpunkt der sozialen Gerechtigkeit aus, nicht geben.

Claus Eurich, Professor der Kommunikationswissenschaften an der TU, steht den Studiengebühren eher kritisch gegenüber.

Claus Eurich, Professor der Kommunikationswissenschaften an der TU, steht den Studiengebühren eher kritisch gegenüber. Foto: Anna Hückelheim

Geprägt wurde Claus Eurich in seiner Ansicht durch ein Kindheitserlebnis. „Ich war damals acht oder neun Jahre alt und gemeinsam mit meinem Vater auf einer Fototour unterwegs. Ich weiß noch genau, wie er sagte: ‘Claus, jetzt gibt es keinerlei Grenzen mehr. In Hessen wurde die Lehr- und Lernmittelfreiheit eingeführt. Dafür haben wir lange gekämpft‘ und danach listete er die Kinder aus unserem Ort auf, die nun in der Lage waren, ein Gymnasium zu besuchen oder sogar zu studieren“, erinnert er sich. Daher verwirken, laut Eurich, Studiengebühren ihr Existenzrecht, sobald das Aufbringen derselbigen über die finanziellen Möglichkeiten eines Einzelnen hinausgehe.

Hochschulzugang schon ohne Gebühren häufig schwierig

Die These der Wirtschaftswissenschaftler der RUB „Der Verzicht auf Studiengebühren begünstigt eine Umverteilung von ‚unten‘ nach ‚oben‘“ weist der Kommunikationswissenschaftler jedoch zurück. Sie vernachlässige den Aspekt, dass viele ärmere Studierwillige bereits ohne Beitragspflicht Schwierigkeiten haben, sich eine Hochschulausbildung zu leisten. Deshalb sei für ihn die Abschaffung der Studiengebühren auch nicht ungerecht gegenüber Gruppen, die nicht studieren. Ein Nicht-Student beginne nach der Schulausbildung eine Lehre und gehe danach in den Beruf über. Er verdiene also sofort Geld. Ein Student dagegen habe während seiner Ausbildung grundsätzlich zunächst keinerlei Einnahmen, dafür aber, auch ohne Gebühren, ständig laufende Ausgaben, wie für Lern- und Lebensmittel. Viele Studenten arbeiteten deshalb bereits vor der Einführung der Studiengebühren in Nebenjobs und noch mehr seit die Beiträge geleistet werden müssten.

„Bildung ist Aufgabe des Staates“

Einen weiteren Nachteil der Studiengebühren besteht, laut Eurich, in ihren negativen Auswirkungen auf die Bildung selbst. So sorgen sie doch für einen viel stärkeren zeitlichen Druck, das Studium möglichst schnell zu beenden, um nicht mehr zu zahlen als nötig. Dadurch werde den Studenten die Zeit, die Breite und die Möglichkeit genommen, Umwege zu gehen sowie sich irren zu können – auch im Bezug auf die Studienfachwahl – die Bildung benötige. Doch trotz der zahlreichen Nachteile gebe es auch eine sinnvolle Möglichkeit Studiengebühren einzusetzen – etwa für ein kostenpflichtiges Zweitstudium oder bei selbstverschuldeter Überschreitung der Regelstudienzeit. Aber eine allgemeine Gebührenpflicht sei, laut Eurich, ein „unglückliches Instrument“ der Hochschulfinanzierung. „Ist es doch die Aufgabe des Staates das Maximum an Ausbildung zu stellen. Schließlich ist Bildung immer noch der herausragende Rohstoff in Deutschland.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert