Liebe hoch zwei – verliebt in mehrere Menschen

Thomas* ist 29 Jahre alt und studiert Maschinenbau. Eigentlich ein ganz normaler Typ: Er fährt Snowboard in seiner Freizeit, ist viel mit seinen Freunden unterwegs und liebt Festivals und Konzerte. Außerdem liebt er seine Freundin Julie*, mit der er seit zwei Jahren eine Beziehung führt. Und dann gibt es da noch Susanne. Thomas hat Susanne auf einer Party kennen gelernt, und die beiden sind seitdem unzertrennlich. Er fühlt sich zu ihr hingezogen, ist verliebt und hat Schmetterlinge im Bauch, wenn er sie sieht.

Polyamory hat nichts mit Sex zu Dritt zu tuen.© Andreas Helminger / PIXELIO

Auch wenn es vielleicht so klingt: Polyamory hat in der Regel nichts mit Sex zu Dritt zu tun. Foto: Pixelio

Ähnliches kann auch Matthias* berichten. Er führt mit seiner Freundin seit über einem Jahr eine Fernbeziehung. Dabei haben sie sich darauf geeinigt, dass sie auch andere Leuten treffen und sich in sie verlieben dürfen. Polyamory (wird manchmal auch Polyamorie geschrieben) bezeichnet die einvernehmliche Liebesbeziehungen zu mehreren Partnern, Thomas und Matthias leben also polyamor: Beide haben sich eingestanden, dass sie nicht nur eine Person lieben können oder wollen. Die jeweiligen Partner wissen und akzeptieren das – oft empfinden sie ebenso.

Aber wie kommt es dazu, dass man sich in zwei oder mehrere Personen gleichzeitig verliebt? Matthias sagt dazu: „Mein Problem war, dass es vorkam, dass ich mit jemandem zusammen war, oder jemanden gedatet habe, aber gleichzeitig trotzdem noch eine weitere Person gern hatte. Ich habe nie verstanden, was daran schlecht oder verwerflich sein soll, wenn man mehr als eine Person gern hat. Ich meine so gern, dass man sich nicht nur emotional, sondern auch körperlich nahe kommt. Ich meine keinesfalls unbedingt Sex, sondern Dinge wie miteinander kuscheln oder sich küssen, sich Geborgenheit, Wärme und Zuneigung geben.“

Polyamory kommt manchmal scheinbar auch in der Tierwelt vor... © J.P.W. Peters / PIXELIO

Polyamory kommt manchmal scheinbar auch in der Tierwelt vor... Foto: Pixelio

Natürlich hat Matthias auch versucht, in einer rein monogamen Beziehung zu leben. Er musste aber bei jedem neuen Versuch feststellen, dass diese Beziehungen nie lange hielten. „Für mich war es nicht falsch oder schlecht, wenn ich mich in eine zweite Person verliebt habe. Hier muss man natürlich auch bedenken, was gesellschaftlich als normal betrachtet wird. Wenn beziehungsmäßig alle Menschen das Gleiche tun, ist das dann normal, nur weil es alle tun? Und was ist, wenn ich das anders sehe, weil das Normale gar nicht zu mir passt?“

Doppelte Beziehungsarbeit

Ist Polyamory also mehr als Fremdgehen mit gegenseitigem Einverständnis? Auch die 43-jährige Johanna hat schon vor langer Zeit entdeckt, dass eine polyamore Beziehung das Richtige für sie ist. Sie stellt klar: „Auch jemand, der erkannt hat, dass er polyamor leben will, hat immer Interesse an längerfristigen Beziehungen. Es geht nicht nur um Sex, aber natürlich spielt Sex auch eine Rolle. Eine ebenso große Rolle spielen aber auch Zuneigung und Liebe und Ehrlichkeit. Polyamore Beziehungen sind nicht einfacher als jede monogame. Man muss viel Beziehungsarbeit leisten – nämlich Beziehungsarbeit hoch zwei!“

Polyamory wird oft als Tabuthema empfunden, da es in unserer westlichen Gesellschaft eher unüblich ist, zwei oder mehrere Partner zu haben. Matthias: „Ich war oft traurig, weil ich einem Menschen, den ich sehr gern hatte, bei hundertprozentiger Ehrlichkeit meist verloren habe. Ich konnte nicht einfach sagen: ‚Hey, ich hab dich sehr lieb, und du bist mir unglaublich wichtig. Es gibt auch noch eine weitere Person, die mir ebenfalls sehr wichtig ist, weil sie für mich etwas Besonderes ist. Aber das hat nichts mit meinen Gefühlen zu dir zu tun.’ Das wäre ehrlich. Aber was wäre die Konsequenz? Genau. Man würde für seine Ehrlichkeit verlassen werden. Obwohl man das absolut auf keinen Fall will. Man wird verlassen, weil es unnormal ist, dass man für mehr als einen Menschen so fühlt. Konkurrenzdenken, Verlustangst, Selbstzweifel, Unverständnis und Neid spielen eine Rolle, aber vor allem wahrscheinlich das Unnormale und das Du-gehörst-mir-Denken.“

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*Name von der Redaktion geändert

4 Comments

  • Irene Mayer sagt:

    http://www.seitensprung-fibel.de/Polyamorie.php Hier gibt es ebenfalls einen interessanten Artikel mit weitergehenden Informationen zum Thema Polyamorie.

  • Herbert Kühn sagt:

    Freunde, polyarmore Liebe ist das Ursprüngliche, Karl Marx und Wilhelm Reich, tw. auch Hannelore Vonier haben das klargestellt. Der heutige Mensch wird zwangsverwaltet dass es kracht (Patriarchat), die Behörden galoppieren und haben immer Recht, der Mensch ist Untertan, und selbst davor fürchtet er sich. Der Kapitalismus herrscht in doppelter Form, offen und global als Imperialismus, alleine Geld und was der Markt hergibt zählt. Der Kapitalismus herrscht in seiner unsichtbaren Form, alles ist weltweit verknüpft, Mafiastrukturen herrschen wo der lange Arm des Staates nicht kommt, und das ist obendrein noch vernetzt, ohne regelmäßige Schutzgeldzahlungen läuft nichts … Die Kleinfamilie wird erzwungen, weil sich der Konsum (Ersatzbefriedigungen, und alles 10 mal so teuer wie in Gruppenfamilien) nur mit dieser Gesellschaftsform maximal bedienen kann. Und dass die Menschen körperlich und psychisch krank werden, das bringt erst recht Gewinn. Gegenwärtig galoppiert die Verteuerung der Krankenkassen, und das wird täglich ernster. – Das ganze System fliegt immer mehr in die Luft, und es wird noch viel Leid geben weil zu viele nur egoistisch ihr klein kleine sehen und nicht mitkriegen wie sie das system stabilisieren Opfer werden Opfer machen … z. B. ihre eigenen Kinder … ich lebe den kleinen Idealismus der die Welt verändert, und ich suche Dich, ich bin bei veggie community Amore mio … und bei facebook Herbert Kühn … KOMM SPIEL MIT – ES LOHNT SICH

  • Christian sagt:

    Die meisten bekommen doch eine Beziehung schon kaum geregelt, wie bitte sollen sie es dann schaffen, mehrere Beziehungen zu managen? Gerade Männer sind doch in der Hinsicht (Multitasking) völlig überfordert. Da halte ich die Monogamie für die sinnvollere, wenn auch nicht immer funktionierende Variante.

  • Jutta Hortig sagt:

    Sehr interessant, aber eine Beziehung ist doch ausreichend

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