Tag 4 – Bis die Technik streikt

Eine Woche lang acht Stunden täglich Videospiele spielen. Von morgens neun bis abends, 18 Uhr. Das ziehe ich in dieser Woche durch. Wie wird es mir gehen? Wird es irgendwann noch Spaß machen? Werde ich die Lust am Spielen am Ende der Woche völlig verloren haben? Tag 4 des großen Zockens.

Zocken nach Stundenplan, vier verschiedene Games, jeden Tag von 9 bis 18 Uhr. Ein Traum? Oder einfach nur anstrengend? Der Selbstversuch unserer Reporterin im täglichen Blog. Foto: Clara Bergström

Zocken nach Stundenplan, vier verschiedene Games, jeden Tag von 9 bis 18 Uhr. Ein Traum? Oder einfach nur anstrengend? Der Selbstversuch unserer Reporterin im täglichen Blog. Foto: Clara Bergström

Meine erste Aktion an diesem Tag: Sterben. Ich liebe es, wenn ein Plan aufgeht. In diesem Fall, in Flammen. Ich springe zu früh und lande in der Lava. Weiter. Hüpfen, kämpfen, ich laufe bei Darksiders 2 frohen Mutes durch die Level. Angenehm, wie leicht das von der Hand geht. Und mit den dicken Zwischenbossen wird das Spiel auch einigermaßen fordernd. Spaß habe ich aber schon lange nicht mehr. Ich spiele nur noch mit dem Gefühl von „Bald bist du durch“. Ich habe ja keine andere Wahl, als weiter zu spielen.

Darksiders erreicht seinen bisherigen Höhepunkt leider erst kurz vor Ablauf der zwei Stunden. Ich muss einen riesigen, haushohen Steingolem bezwingen, den ich zuvor noch wiederbelebt hatte. Trotz der Gefahr: keine Aufregung bei mir, nichts. Ich fühle nicht mal mehr eine leichte Spannung. Scheinbar hat mich der andauernde Reiz ziemlich stumpf gemacht.

Nur noch Ärger

Auch bei The Last of Us, nimmt mich die Story nicht mehr mit. Ich hocke hinter einer Mauer, vor mit eine Horde Zombies. Die Situation ist mir inzwischen gut bekannt, die Atmosphäre kann mir keinen Schrecken mehr einjagen. Lass die Viecher geifern und kreischen – ich fühle absolut keine Anspannung mehr. Nur noch Ärger, wenn ich schon wieder gefressen werde, weil die Zombies aus völlig unerfindlichen Gründen aufgeschreckt werden und auf mich zustürmen. Unfair!

Ein besonders dicker Zombie stellt sich mir in den weg. Was soll ich jetzt tun? Fliehen oder kämpfen? Das Spiel gibt mir da keine besondere Hilfe. Ich habe wieder Probleme mit der Steuerung. Grrr. Nach dem vierten Versuch besiege ich das Vieh mit mehr Glück als Verstand.

Weiter von Arenakampf zu Arenakampf. Muss ich wirklich ALLE Gegner ausschalten? Tolle Story hin oder her, manchmal nervt das echt. Ich bin inzwischen wirklich geistig angestrengt und kann der Geschichte auch nicht mehr so ganz folgen.

Griff in die Klischee-Kiste

Bei Beyond lerne ich, wie Jodie zum CIA kam und lasse sie neue Bekanntschaften schließen. Geisterfreund Aiden wird eifersüchtig. Ich hätte die Gelegenheit, alles zu zerstören, lasse ihr aber schönes Date. Typisch Hollywood entwickelt sich der Abend.

Daraufhin wird Jodie in den Einsatz geschickt. Sie landet in einem nicht weiter benannten arabischen Wüstenstaat, um einen bösen Scheich auszuschalten. Warum, weiß ich selbst nicht mehr so genau. Trotz Schmalzgeschichte um den tapferen Kindersoldaten Salim, den Jodie auf dem Weg trifft, zieht die ganze Story bei mir nicht mehr. Da wird wirklich tief in die Klischee-Kiste gegriffen. „One day, this all will be over and you can go back to being a kid.“ Danke, das hoffe ich auch. Weiter mit Bumm-Bumm und der Extraportion Piff-Paff. Irgendwann ist der Scheich dank Aiden tot.

Nichts regt sich

Dann der große Schock: Salim steht in der Tür, ruft seinen Vater. War der Scheich sein Vater? Natürlich. Weiter komme ich nicht, denn plötzlich raucht die Playstation ab. Nichts regt sich mehr. Die Auflösung muss warten. Ich starte die Playstation neu und bete, dass das nur ein kurzer Aussetzer war. Solche Mätzchen hat meine Konsole noch nie gemacht.
Die Cutscene zeigt: nicht der Scheich ist der Vater, sondern der Soldat, den ich dazu benutzt habe, den Scheich zu töten. Naja, fast. Normalerweise ist die Geschichte von Beyond aber ähnlich voraussehbar.

Als letztes am Abend droht mir noch ICO. Das Video, das ich mir noch dazu angesehen habe, um die Stelle von gestern zu meistern, macht mir keine Hoffnung. „Break Physics“ war der O-Ton. Ziel ist es, sich von einem Block wie eine Flipperkugel nach oben katapultieren zu lassen, wenn man im richtigen Moment springt. Im Video brauchte der Spieler 10 Minuten, bis er es schafft.

Der Fernseher möchte sich abschalten

Ich schaffe es nach meinem 5. Versuch und stürze wieder ab, weil ich vor lauter Überraschung die Tasten verwechsle. Kurz möchte ich mich nur noch auf dem Teppich zusammenrollen und schmollen.

Letztlich brauche ich aber nicht so lange wie die Herren aus dem Video, was mich ein wenig versöhnlicher stimmt. Erst als ich wieder speichern kann, entspanne ich mich. Situation gemeistert.

Ich laufe einen Steg entlang, hänge an einer Kante – und fliege plötzlich? Was ist da los? Meine Figur hängt im Nichts. Ein Spielfehler? Todesmutig lasse ich los. Alles gut, ich lande sicher wieder auf dem Steg. Solange spiele ich inzwischen, dass der Fernseher mich schon fragt, ob er sich abschalten soll. Danke, sehr freundlich, aber Nein.

Die Stoppuhr klingelt eigentlich zu früh: Das Burgtor ist offen, die Freiheit für die Prinzessin und mich ruft. Aber die Uhr ist unerbittlich. Das muss bis morgen warten. In mir keimt ein bitterer Gedanke: Das beste am Donnerstag ist eigentlich, dass morgen Freitag ist und ich nur noch acht Stunden aushalten muss.

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