Tag 3 – Dem Wahnsinn nahe

Eine Woche lang acht Stunden täglich Videospiele spielen. Von morgens neun bis abends, 18 Uhr. Das ziehe ich in dieser Woche durch. Wie wird es mir gehen? Wird es irgendwann noch Spaß machen? Werde ich die Lust am Spielen am Ende der Woche völlig verloren haben? Tag 3 des großen Zockens.

Zocken nach Stundenplan, vier verschiedene Games, jeden Tag von 9 bis 18 Uhr. Ein Traum? Oder einfach nur anstrengend? Der Selbstversuch unserer Reporterin im täglichen Blog. Foto: Clara Bergström

Zocken nach Stundenplan, vier verschiedene Games, jeden Tag von 9 bis 18 Uhr. Ein Traum? Oder einfach nur anstrengend? Der Selbstversuch unserer Reporterin im täglichen Blog. Foto: Clara Bergström

Mit schon morgens ein wenig angespanntem Nacken freue ich mich nicht mehr ganz so sehr auf meine ersten zwei Stunden an Tag drei. Kaum 20 Minuten in ICO frage ich mich: Wo geht es denn hier weiter? Ziellos irre ich umher, bis ich wieder zur Gesamtlösung greife. Die spricht von einem Kasten auf der linken Seite. Wie, da ist doch kein Block…oh. Ich bin wohl schon morgens nicht mehr so aufnahmefähig.

Inzwischen lässt auch meine Zuneigung zu der lieben Yorda nach. Sie ständig am Arm herumzuführen wird einfach nur lästig. Ständig kommt sie irgendwo nicht hin, ich kann deswegen nicht einfach weiterlaufen. Immer öfter kommen mir dumme Sprüche à la „Mach hinne, Alte“ und „Stell dich nicht so an“ über die Lippen. Hilfe, was passiert denn da mit mir? Und trozdem: Als ein Schattenmonster Yorda anfällt und ich ihr nicht helfen kann, weil ich drei Räume weit weg bin, durchfährt es mich schon heiß vor Schock. Verdammtes Spiel.

Ich probiere dieselbe Stelle mehrmals und sterbe, worauf ich wieder die Gesamtlösung konsultiere. So langsam geht mir das leichter von der Hand , ich werde ungeduldiger. Und kaum eine Stunde vorbei. Beruhigend: bei dem Wetter wäre ich eh nicht vor die Tür gegangen.

Eigentlich wäre die Konsole längst aus

Eine weitere Viertelstunde vorbei und die Gesamtlösung gibt sich ihr drittes Stelldichein. Ich komme einfach an den Rohren nicht weiter. Oder frei nach Goethes Faust: „Da häng‘ ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.“ Wie kann man nur so oft an einer einzigen Stelle scheitern? Die Tode zähle ich schon lange nicht mehr. Frust schlägt in Aggression um, ich habe nicht schlecht Lust, die Fernseher mit etwas zu bewerfen. Unter normalen Umständen wäre die Konsole längst aus. Meine Aggression treibt schon irre Blüten, als ich Yorda ausversehen eine Kiste auf den Kopf schiebe und lache. Huch!

Bilanz der ersten beiden Stunden: ich bin höchstens drei Räume weiter als zu Beginn und jetzt folgt auch noch mein Hassspiel Darksiders 2. Aber Überraschung: Auch nach einer Stunde im Körper von Tod habe ich noch Spaß. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich von Zwischenboss zu Zwischenboss geschickt werde. Das Spiel zieht merklich an. Als die dicken Monster vor mir liegen: Triumph. Dennoch ist bei mir so langsam ist die Luft raus.

Der Rücken wird steif

The Last of Us bleibt nicht lange so beschaulich wie zu Beginn. Prompt stehe ich in einem Hinterhof und schieße um mein Leben. Wo ich doch so gut mit der Steuerung kann. Das bringt mir noch einige Tode aufs Konto. Der Ärger von heute Morgen keimt wieder auf. Um mich herum Horden von Zombies, ich weiß weder aus noch ein. Merke: Ein Baum ist kein gutes Versteck. Nochmal von vorne! Ich laufe von Missgeschick zu Missgeschick, bis mich der Timer voll aus dem Spiel reisst. Meine Güte, The Last of Us ist aber ein gutes Spiel! Ich vergesse dabei einfach immer die Zeit.

Vor Beyond gehe ich wieder ein paar Schritte, um meinen steifen Rücken zu bewegen. Wenn ich zu lange in einer Position sitzen bleibe, merke ich das inzwischen schon sehr. Also: Bewegung. Hula-Hoop ohne Reifen sieht zwar blöd aus, aber es ist ja auch keiner da, der das sehen könnte. Außerdem ist das gut für den Rücken.

Jetzt auch noch Geisterindianer

Meine aufgestauten Aggressionen kann ich bei Beyond auslassen. Sobald Jodie in Schwierigkeiten steckt, kann ich als Aiden nach Herzenslust die Umgebung auf den Kopf stellen. Zwischendurch trifft Jodie auf die bösen Geister und Geisterindianer – immer mal was Neues. Die letzte halbe Stunde verbringe ich lieber stehend als sitzen, um meinen Bewegungsdrang wenigstens ein bisschen zu befriedigen.

So langsam wird das Zocken langweilig – trotz oder gerade wegen des Ärgers vom Tag. Normalerweise würde ich an jeder frustigen Stelle den Kontroller erst mal in die Ecke schmeißen und erst mal etwas Anderes tun. Beim nächsten Mal habe ich dann eine Herausforderung zu meistern.

Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter zumachen bis die Stoppuhr das Ende verkündet. Beim Bergfest fängt das Experiment an, mit langsam auf die Nerven zu gehen. Ich würde Dortmund gerne mal wieder bei Tageslicht sehen.

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