Erste Hilfe im Web: pflichtlektüre erklärt den Wahl-O-Mat

Von Anne Katrin Gerstlauer und Michael Prieler

Der 9. Mai steht schneller vor der Tür als ihr denkt. Dann ist Landtagswahl in NRW. Und bis dahin solltet ihr euch tunlichst ein Bild über die kandidierenden Parteien gemacht haben. Um in der Wahlkabine nicht unnötig ins Schwitzen zu geraten, bietet die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale NRW im Netz die ultimative Wahlhilfe an – den Wahl-O-Mat.


38 Klicks zum Aha-Erlebnis: Das bietet der Wahl-O-Mat zur NRW-Landtagswahl

38 Klicks zum Aha-Erlebnis: Das bietet der Wahl-O-Mat zur NRW-Landtagswahl

„Stimme zu“, „Stimme nicht zu“, „neutral“ und „These überspringen“ – das sind die vier möglichen Antworten zu jeder These. Das Prinzip klingt einfach, die Fragen sind es nicht immer: Will ich verkaufsoffene Sonntage, soll eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte eingeführt werden, soll die Ehe zwischen Frau und Mann weiterhin mit mehr Rechten verbunden sein als andere Lebenspartnerschaften? Fragen über Fragen, die in Zusammenhang mit der diesjährigen Landtagswahl weder die Medien noch die Wahlplakate der Parteien dominieren. Es gilt also, sich in aller Kürze selbst eine Meinung zu bilden.

Die heiß diskutierten Themen behält der Wahl-O-Mat den Usern allerdings auch nicht vor. Bildung, Bildung, Bildung: An diesem Schlagwort kommt man nicht vorbei. Beim Stichwort Hochschulpolitik wird nach Studiengebühren gefragt, aber auch die Thematik, „soll sich universitäre Forschung stärker an der Wirtschaft orientieren“, taucht auf. Nur zwei Fragen für Studenten: Eine kleine, virtuelle Enttäuschung. Gleich fünfmal werden von den Nutzern hingegen Antworten zur Schulpolitik verlangt: Dreigliedriges Schulsystem? Kopfnoten? Islamischer Religionsunterricht? Abitur nach 12 Jahren? Förderung der Gründung von Privatschulen?

Für alle, die Bundespolitik für spannender und wichtiger halten als Landespolitik, sei gesagt: Trotzdem den Wahl-O-Mat klicken! Es werden auch Fragen zu Themen wie der Laufzeit von Kraftwerken oder Thesen wie „Soll der Staat Internetseiten mit strafbaren Inhalten sperren dürfen“ zum Ankreuzen angeboten. Damit macht der Wahl-O-Mat auf die Brisanz der Landtagswahl aufmerksam. Ein möglicher Sturz der schwarz-gelben Landesregierung führt ebenfalls zu neuen Mehrheits-Verhältnissen im Bundesrat, der über die sogenannten „zustimmungspflichtigen Gesetze“ mitentscheidet. Jedem User, dem diese Fragen besonders wichtig sind, wird nach Beantwortung der 38 Thesen noch eine besondere Funktion geboten: Jede These, auf die ein besonderer Schwerpunkt gelegt werden soll, kann doppelt gewichtet werden.

Nach ein paar weiteren Klicks ist es dann endlich soweit: Der Vergleich mit den politischen Positionen der Parteien folgt. Acht Parteien können gleichzeitig ausgewählt werden, anhand eines Balkendiagramms ist die Übereinstimmung mit deren politischem Programm sichtbar.

Alle Services nutzen

Aber aufgepasst: Eine tatsächliche Wahlhilfe kann der Wahl-O-Mat nur den Usern bieten, die den größten Service des Online-Tools nicht übersehen. In einer Übersicht aller 25 Parteien sind die jeweiligen Antworten zu den Thesen nebeneinander aufgelistet. Mit einem Klick auf den jeweiligen Kasten, grün für zustimmend, rot für ablehnend, und grau für neutral, lässt sich ein weiteres Fenster öffnen. Dort finden alle Unentschlossenen die Begründungen der jeweiligen Parteien für ihre Antwort. Kurz, präzise und verständlich. Eine echte Alternative zu den unhandlichen Wahlprogrammen.

Bei der letzten Landtagswahl 2005 beschränkten sich die Entwickler übrigens noch darauf, die Standpunkte der vier (damals) größten Parteien zu vergleichen. In diesem Jahr nahmen sie sich jedoch, wie gesagt, der Wahlprogramme aller 25 Parteien an, denen ihr am Wahlsonntag eure Stimme geben könnt. Viel Arbeit, das kann man sich vorstellen. Doch worin besteht diese Arbeit eigentlich? Und wer macht sie überhaupt?

Diese 21 Tüftler sind für die Thesen des Wahl-O-Mat zur Landtagswahl verantwortlich

Diese 21 Tüftler sind für die Thesen des Wahl-O-Mat zur Landtagswahl verantwortlich

Schüler, Studenten und Auszubildene entwickeln mit

Die letzte Frage ist leicht zu beantworten: Ein Redaktionsteam aus 21 Schülern, Studenten und Auszubildenden hauchte dem Wahl-O-Mat zur diesjährigen NRW-Landtagswahl Leben ein. Über diverse Bewerbungsverfahren konnte man Mitglied der Jugendredaktion werden. Juliane Berning meldete sich beispielsweise bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Die 23-Jährige studiert Deutsch und Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität in Bochum. Wieso sie sich dazu noch die zeitintensive Mitarbeit am Wahl-O-Mat aufhalste? „Weil ich einfach neugierig war. Ich hatte das Online-Tool schon vor anderen Wahlen gespielt und wollte wissen, was dahinter steckt.“ Ihre Neugierde brachte Juliane letztlich drei lange Wochenenden in der Kolping-Jugendherberge in der Dortmunder Innenstadt ein.

Zuerst nahmen sich die Jugendlichen in kleinen Gruppen die einzelnen Parteiprogramme vor, untersuchten diese im Hinblick auf die sechs Themenfelder, die im fertigen Wahl-O-Mat abgedeckt sein sollten (Familie/Jugend/Kultur, Umwelt/Energie/Verkehr/Infrastruktur, Wirtschaft/Finanzen, Inneres/Justiz/Demokratie, Arbeit/Soziales/Gesundheit und Schule/Hochschule), und notierten sich Auffälligkeiten. Ein ziemlich trockener Job. Waren die Programme erst einmal auseinander genommen, wurde es allerdings lebendiger.

Zu welchen Themen äußern sich die verschiedenen Parteien besonders kontrovers? Wie können diese verschiedenen Standpunkte in einer einzigen These zum Ausdruck gebracht werden? Und wie formuliert man diese These anschließend politisch korrekt? All diese Überlegungen mussten die Redaktionsmitglieder im Rahmen eines ersten Workshops anstellen. „Die langen Diskussionen waren manchmal ganz schön anstrengend“, erinnert sich Juliane. Für den Fall, dass sich die Jugendlichen so gar nicht einigen sollten, standen ihnen über den gesamten Entwicklungszeitraum hinweg Experten unterstützend zur Seite. Die Sozial- und Politikwissenschaftler halfen dabei, „knackige Thesen zu finden, in denen sich die gesamte gesellschaftliche Diskussion zu einem bestimmten Thema wiederfindet“, erklärt Christiane Trachternach, Referentin im Landesjugendring NRW, die ebenfalls an der inhaltlichen Gestaltung des Wahl-O-Mat beteiligt war.

Bei den Workshops hieß es den Überblick behalten, Foto: bpb

Bei den Workshops hieß es den Überblick behalten, Foto: bpb

150 dieser Thesen standen am Ende des ersten Wochenendes zu Buche. In einem zweiten Workshop sorgten die Jugendredakteure für Feinschliff und stampften die Liste auf 86 Thesen ein. Fürs Erste war damit die Arbeit der Wahl-O-Mat-Entwickler getan, denn mit dem Versenden der erarbeiteten – möglichst kniffligen – Fragen hatten sie den Ball an die kandidierenden Parteien weitergespielt. „An den ausführlichen Begründungen zu jeder einzelnen These konnte man schon ablesen, dass die Parteien den Wahl-O-Mat sehr ernst nehmen“, sagt Trachternach. Die Pressereferentin der Landeszentrale für politische Bildung, Lydia Anita Jendryschik, konstatiert kurz und knapp: „Alle Parteien haben brav mitgemacht.“ Immerhin wurde die Light-Version zur NRW-Landtagswahl 2005 bereits mehr als 330.000 Mal

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