Bandportrait: I AM JERRY

Foto: flickr.com/elward-photography/Jackson Lewchuk/mike.kotsch/tauress; Montage: Marc Patzwald, Teaserfoto:

Foto: flickr.com/elward-photography/Jackson Lewchuk/mike.kotsch/tauress; Montage: Marc Patzwald

Die Bochumer Band I AM JERRY besteht seit 2008 und soll für die Mitglieder Julian (19), Feras (20), Leo (19) und Timm (17) der Weg zur Musikerkarriere sein. Im letzten Jahr haben sie mit dem Gewinn eines Newcomerwettbewerbs einen großen Schritt gemacht. Beim Besuch im Proberaum hat die pflichtlektüre mit den Jungs gesprochen.

Wie habt ihr euch kennengelernt? Und wann habt ihr euch entschieden gemeinsam Musik zu machen?

Julian, Leo, Timm und Feras (von links nach rechts) sind I AM JERRY.  Foto und Teaserfoto: Paul Crone

Julian, Leo, Timm und Feras (von links) sind I AM JERRY. Foto und Teaserfoto: Paul Crone

Julian: Also Timm und ich sind Brüder. Leo haben wir beim Konfirmandenunterricht kennengelernt. Weil er Gitarre gespielt hat, haben wir Leo eingeladen und eine Band gegründet. Die hieß Audibel, Mitglied war da auch Merlin, der irgendwann ausgestiegen ist. Über den kam Feras zu uns, um Bass zu spielen, obwohl der das bis dahin noch nie gemacht hat. Mitte 2008 haben wir uns dann unter I AM JERRY gegründet. Das hat sich also alles so nach und nach entwickelt.

Woher kommt dann der Name I AM JERRY?

Leo: Ursprünglich kommt das aus einem Film, „Sphere“ heißt der.

Julian: In eigentlich jedem Artikel steht, dass wir den zusammen geguckt hätten. Haben wir aber gar nicht. Wir wissen auch nicht mehr richtig, wann genau wir darauf gekommen sind.

Leo: Jedenfalls ist es ein Zitat im Film: „My name is Jerry“.

Julian: Natürlich ist der Name irgendwie eigenartig, aber irgendwie kann sich fast jeder den merken.

Ihr schreibt alle eure Songs selbst: Wie läuft der Prozess des Songschreibens bei euch ab? Schreibt ihr alle zusammen?

Julian: Nee, eigentlich nicht. Die Songs werden hier im Proberaum zusammen geschrieben und im Studio ausgefeilt. Die Texte schreibt aber jeder für sich alleine.

Leo: Manchmal auch zusammen, aber eigentlich bringt irgendwer eine Textidee mit und dann gucken wir, ob das passt. Die Inspiration dafür sind Sachen, die uns bewegen.

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Der Proberaum-Contest wird vom Rock am Ring-Veranstalter Marek Lieberberg unterstützt. Screenshot: Paul Crone, www.ringrocker.com

Um mal auf euren bisher größten Erfolg zu sprechen zu kommen: Ihr habt bei Rock am Ring gespielt. Wie ist es dazu gekommen?

Julian: Wir haben den Ringrocker-Proberaum-Contest gewonnen. 250 Bands haben sich beworben, dann wurden von einer Jury 52 Bands ausgewählt. Dann gab es ein Online-Voting und die besten fünf Bands durften dann im Kölner Underground vor ungefähr 500 Leuten spielen, jede Band konnte ungefähr 100 Karten verkaufen. Dann haben die Zuschauer entschieden und der Erstplatzierte hat einen Auftritt bei Rock am Ring gewonnen. Wobei wir in Köln gar nicht mehr damit gerechnet haben, dass wir das gewinnen, weil bei unserem Set irgendwie alles schief gelaufen ist. Eigentlich sollten wir 20 Minuten spielen, aber nach zehn Minuten, also drei Songs wurde uns der Saft abgestellt. Als dann verkündet wurde, dass wir bei Rock am Ring spielen, waren wir nicht mal da. Ich kam dann gerade zur Bekanntgabe wieder rein, und wir hatten gewonnen. Ich hab es gar nicht realisiert und irgendwann dann „Krass, das sind ja wir“. Ich bin danach raus auf den Parkplatz zu den anderen. Ich meinte so: „Jungs, wir haben gewonnen, wir spielen bei Rock am Ring“.

Leo: Und unsere Reaktion war halt: „Julian, das ist einfach nicht witzig…“

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Im Proberaum der Jungs hängen Andenken an Rock am Ring. Foto: Paul Crone

Wie konntet ihr das Online-Voting für euch entscheiden? Worüber lief die Werbung am meisten?

Julian: Wir haben überall wo es geht, alle Familienmitglieder mobilisiert und eigentlich gespammt wie bescheuert, aber im Endeffekt hat sich das auch gelohnt.

Feras: Wir hatten immerhin von 52 Bands den zweiten Platz belegt.

Würdet ihr so etwas noch mal machen? Und würdet ihr anderen Bands raten teilzunehmen?

Julian: Also mittlerweile haben wir keine Lust mehr, solche Newcomersachen zu machen, besonders weil man bei dem Voting immer alle nerven muss. Auf die Dauer ist das fast rufschädigend.

Timm: Wobei der Contest uns weit nach vorne gebracht hat. Meistens ist man aber dann auch gebranntmarkt als Schülerband und wird oft nicht ernst genommen.

Leo: Uns gefällt dann auch nicht, dass bei diesen Contests immer so eine Rivalität aufgebaut wird, dass ist ja auch nicht der Sinn von Musik. Sonst kann ich nur jedem raten, das einfach mal zu versuchen. Natürlich auch dann so realistisch bleiben und nicht denken, man wäre jetzt Coldplay oder Metallica. Aber generell gibt es eigentlich viel zu wenige Möglichkeiten, wie die, die wir jetzt bekommen haben.

Und dann kam Rock am Ring. Wie ist das dann abgelaufen?

Timm: Erst mal sind wir einfach nur auf das Gelände gefahren, ohne dass wir Pässe hatten.

Julian: Das Einzige, was wir hatten, war unser Bandname auf DinA4 ausgedruckt im Auto. Dann haben wir Menschen in gelben Westen gesehen und uns gesagt, da müssen wir rein. Wir haben dann gesagt: „Wir sind von einer Band, wir spielen hier gleich“ und wurden einfach reingelassen. Dann sind wir mit drei Autos auf das Gelände und standen auf einmal mitten vor der Centerstage. Da wurde gerade aufgebaut und es hat sich keiner für uns interessiert. Dann sind wir über Umwege zu unserer Bühne, der Clubstage gekommen. Haben dann da gefragt, was wir jetzt machen sollen. Die Reaktion war dann: „Wie, Ihr habt keine Pässe? Wie seid ihr auf das Gelände gekommen?“ Dann mussten wir halt wieder runter und uns erstmal die Pässe holen.

Leo: Wir haben uns schon überlegt, das nächstes Jahr wieder zu machen. Vielleicht klappt es ja.

Wie ging es dann weiter?

Julian: Von da an mussten wir nichts mehr machen. Keine Band baut bei so einem großen Festival noch selber ihre Sachen auf. Wir wollten schon unsere Sachen tragen und der Roadie meinte nur: „Geh weg, ich trag das“. Mit den Packern hatten wir dann auch unseren Spaß. Die haben sich richtig gefreut, die hatten bei uns fast überhaupt nichts zu tragen.

[youtube Wz0e99ggePY nolink]Wie lief dann der Auftritt? Wart ihr sehr aufgeregt?

Julian: Es war tierisch voll, besonders weil wir auch gute Werbung hatten. Wir waren vorne drauf auf dem Ringrocker-Flyer (Internet-Forum für Fans von Rock am Ring, Anm. d. Red.), der Wettbewerb lief ja auch darüber.

Leo: Gleichzeitig waren für die Band, die nach uns kam schon viele Leute da, so an die 3.000. Ich war vor allem beim Soundcheck so richtig nervös. Erst als wir dann auf der Bühne waren und das erste Lied angespielt haben, hat sich das dann gelegt.

Julian: Wir saßen aber auch 15 Minuten direkt hinter dem Vorhang und haben nur noch gewartet, dass wir jetzt auf die Bühne dürfen. Ein paar Freunde von uns waren auch da und hatten so mit 20 Leuten gerechnet und es war rappelvoll. Dann haben wir 25 Minuten gespielt, als Opener auf der Clubstage. Anschließend hatten wir ein Live Interview bei EinsPlus. Ansonsten ist man rumgelaufen, hat Backstage viele Leute getroffen und selber Bands angeguckt. Wir waren auch die einzigen, die ihr Zelt dabeihatten. Muss man sich so vorstellen: 30 Nightliner und daneben unser Zelt. Wir könnten auf jeden Fall noch 1.000 Geschichten darüber erzählen, was wir alles erlebt haben.

Foto: Paul Crone

Die Band macht nach dem Interview direkt mit ihrer Probe weiter. Foto: Paul Crone

Was macht ihr, wenn ihr keine Musik macht? Was ist in der nächsten Zeit geplant?

Leo: Ich mach derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Behindertenschule in Bochum Langendreer. Timm ist jünger, der geht noch zur Schule.

Feras: Ich studiere an der Ruhr-Universität Sales Engineering and Product Management, also so im Prinzip nicht Wirtschaftsingenieur und auch nicht Maschinenbau, sondern ein Mittelding, also im Prinzip Vertriebsingenieur.

Julian: Ich bin im Moment viel mit dem Aufnehmen und Mischen beschäftigt und es läuft gut, wir kommen gut voran. Wir streben das alle beruflich an, konzentrieren uns jetzt sehr auf die Musik. Wir arbeiten sozusagen an einem Album. Bei Rock am Ring hat sich auf jeden Fall auch einiges ergeben.