Geteilte Bilanz der „besser-studieren“-Studie

Eine Studie des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW (kurz MIWF) mit dem klangvollen Titel „besser-studieren.nrw“ wurde kürzlich vorgestellt. Der Inhalt ist erschreckend, nur brüstet sich das Ministerium vorerst nur mit den scheinbaren Erfolgen. Dabei bedarf es einer schnellen und umfassenden Reaktion.

Ein Kommentar von Paul Crone

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Die Hochschulpolitik in NRW ist ihre Baustelle: SPD-Ministerin Svenja Schulze. Foto: Dietmar Wadewitz, Teaserfoto: Screenshot http://www.besser-studieren.nrw.de/

Es ist einiges nicht in Ordnung an den Hochschulen in unserem Land. Das jedenfalls offenbart die Studie besser-studieren.nrw. Nur scheint es, als liest man im zuständigen Wissenschaftsministerium etwas Anderes aus den Ergebnissen:   „Insgesamt zeigten sich etwa 71 Prozent derjenigen, die sich am Verfahren beteiligt haben, zufrieden mit ihrem Studium und ihren Studienbedingungen.“ Fein, also sind fast alle glücklich, das wird als Sieg verbucht. Dabei gibt es wirklich genügend Baustellen in der nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft, auf die die Studenten auch deutlich hinweisen. Das hat man im Ministerium jetzt schwarz auf weiß. Bis in die zugehörige Pressemitteilung sind die umfassenden Infos nicht durchgesickert, doch so neu sind die Erkenntnisse aber auch wirklich nicht.

Auswertung nicht gleich Pressemitteilung

Die Erkenntnisse der Studie sollen laut Ministerin Svenja Schulze in ein Bologna-Memorandum einfließen, welches zusammen mit den Hochschulen in diesem Frühjahr verabschiedet werde soll. „Dort sollen dann insbesondere die Themen Studierbarkeit und Qualität der Lehre, Mobilität und Anerkennung sowie der Übergang vom Bachelor zum Master eine wichtige Rolle spielen.“ Die Punkte, die laut Ministerium besondere Relevanz haben, sind letztlich auch diejenigen, die die Studenten am meisten beschäftigen. Aber leider bestehen diese Probleme auf studentischer Seite nicht erst seit der Bekanntgabe der jüngsten Ergebnisse:

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Die Pressemitteilung hinterlässt, in Anbetracht der umfassenden Ergebnisse der Studie, einen seltsamen Eindruck. Screenshot: www.wissenschaft.nrw.de/studieren_in_nrw/Online-Befragung_Besser_studieren_Ende/index.php

– Studierbarkeit: 59 Prozent der Befragten können die für ein Vollzeitstudium vorgesehene Arbeitsbelastung von 32 bis 39 Wochenstunden nicht einhalten. Die Diskussion offenbart: Viele Studenten arbeiten wesentlich mehr, zu Lasten von Erholung und sozialen Kontakten.
– Qualität der Lehre: Nur 24 Prozent stimmen zu, dass die erforderlichen Veranstaltungen und Prüfungen überschneidungsfrei und ohne Zeitverlust absolviert werden können. Gleichzeitig bestätigen 84 Prozent der Befragten: An meiner Hochschule gibt es Probleme mit zu wenigen und überfüllten Hörsälen und Seminarräumen.
– Mobilität: Im Studium ist ein Auslandaufenthalt möglich, der von der Hochschule durch Partnerschaftsabkommen unterstützt wird. Hier gibt es immerhin eine Zustimmung von 47 Prozent, wahrscheinlich zurückzuführen auf das reichhaltige Angebot der Erasmus-Programme.
– Anerkennung: Viele Mängel an diesem Punkt: Dass die Anerkennung von andernorts erbrachten Studienleistungen einheitlich, unbürokratisch und transparent durchgeführt wird, bestätigten nur 16 Prozent der Befragten. Nur zehn Prozent gaben an, dass die Hochschule beim Anerkennungsverfahren prüft, ob gleichwertige Kompetenzen anstatt Studieninhalten erworben wurden.
– Übergang vom Bachelor zum Master: Dieser wichtige Punkt wird durch den vorhergegangen Punkt ‚Anerkennung‘ deutlich erschwert. Studierende klagen über „zahlreiche Hürden und Probleme bei der Anerkennung“ – und damit auch beim Übergang vom Bachelor zum Master.

Angemessene Reaktion nötig

Liest man sich die Statements der Studenten durch, ist viel Wut zu spüren, viel Unverständnis über die oftmals schlechten Bedingungen, die zwar nicht davon abhalten, ein Studium zu absolvieren, aber es vielen deutlich erschweren. Die Pressemitteilung liest sich in Anbetracht dieser gut dokumentierten Tatsachen wie ein schlechter Scherz, sie untergräbt die Glaubwürdigkeit darüber, dass die Studie in Düsseldorf ernst genommen wird. Besonders, weil die Probleme wirklich nichts Neues sind, wird es gerade jetzt Zeit für eine adäquate Reaktion des Ministeriums. Denn ohne angemessene Reaktion macht so eine Studie keinen Sinn. Schließlich dürften sich die Probleme im nächsten Jahr eher verschlimmern, bedenkt man den doppelten Abiturjahrgang und die damit verbundene Studentenflut.

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