Duell am Donnerstag:
Weihnachtsmann oder Christkind?

Wenn ich an Weihnachten denke, denke ich an Heiligabend. Wenn ich an Heiligabend denke, denke ich an Bescherung. Wenn ich an Bescherung denke, denke ich an … ja, an wen denn eigentlich? An den Weihnachtsmann oder an das Christkind? Anne Palka und Lena Bujak erinnern sich an ihre Kindheit und diskutieren, wer für sie der wahre Held der Bescherung ist.

„Der Weihnachtsmann ist einfach liebenswürdig“,

findet Anne Palka.

Als Kind habe ich die Geschichten über ihn geliebt. Den Weihnachtsmann, der nicht mehr durch den Schornstein passt, weil er zu viele Plätzchen gegessen hat. Den Weihnachtsmann, der am Nordpol lebt, in seiner Werkstatt an den Geschenken bastelt und jeden Tag in den Stall geht, um seine Rentiere zu füttern. Den Weihnachtsmann, der in einem fliegenden Schlitten die ganze Welt umrundet.

Mittlerweile weiß ich natürlich, dass es ihn nicht gibt. Aber meine Bewunderung für ihn ist trotzdem geblieben. Er ist ein Symbol für selbstloses Verhalten: Das ganze Jahr arbeitet er für nur eine einzige Nacht, um alle Kinder glücklich zu machen.

Das Christkind als Klischee-Engel

Wenn ich im Kaufhaus in der einen Ecke einen Weihnachtsmann und in der anderen Ecke ein Christkind stehen sehe, würde ich das Christkind immer links liegen lassen. Der Weihnachtsmann ist so viel cooler. Ein bisschen verstreut, aber mit ganz viel Lebensweisheit und einem kuscheligen Mantel ausgestattet. Er wirkt authentisch und gehört einfach zu Weihnachten dazu.

Das Christkind dagegen erinnert mit seinen goldenen Löckchen, dem weißen Kleid und glitzernden Engelsflügeln eher an ein abgemagertes Model, das mal eben auf Toilette musste und den Weg zurück zum Casting von Victoria’s Secret nicht gefunden hat. Wie soll so ein zartes und zerbrechliches Geschöpf es denn bitte schaffen, all die Geschenke zu schleppen? Ursprünglich stand das Christkind für Jesus, eben das Christuskind. Aber was daraus gemacht wurde, hat nichts mehr mit dieser eigentlichen Idee zu tun.

Danke Coca-Cola!

„Der Weihnachtsmann ist doch nur eine Erfindung von Coca-Cola“, hört man immer wieder. Diese Kommerzialisierung solle man nicht unterstützen. Aber: Schon lange bevor die braune Brause mit dem Weihnachtsmann beworben wurde, tauchte er in Erzählungen und Bildern auf. Nicht immer mit dem heute so typischen roten Mantel, sondern auch mal in einem blauen. Die Cola-Werbung hat den Weihnachtsmann nur vereinheitlicht – und noch wesentlich bekannter gemacht. Also danke dafür! Denn den liebenswürdigen Weihnachtsmann sollte schließlich jeder kennen.

„Das Christkind verkörpert noch den wahren Sinn der Weihnacht“,

findet Lena Bujak.

Es war wohl das aufregendste und magischste Ritual meiner Kindheit, wenn am Heiligen Abend endlich die Tür zum Wohnzimmer geöffnet wurde, nachdem das Christkind die Kerzen am Weihnachtsbaum entzündet hatte und endlich das helle Glöckchen läutete. Schließlich hatte man den ganzen Tag vor verschlossener Tür gewartet. Mein Bruder und ich jagten derweilen dessen Spuren von goldenem Glitzerstaub nach, die es in der ganzen Wohnung hinterließ.

Diesen Zauber gebe ich heute mit strahlenden Augen an meine kleine Schwester weiter und übernehme den Part meiner Eltern, Glitzer zu verteilen und die Glocke klingeln zu lassen. Denn Eines wahrt der Mythos um das Christkind: den wahren Geist der Weihnacht.

Der Weihnachtsmann als Witzfigur

Während der Weihnachtsmann mit seinem prall gefüllten Leinensack und dem geschenkebepacktem Schlitten nach dem Motto „Mehr ist besser“ den puren Kommerz verkörpert, steht das Christkind für weit Wichtigeres. Nicht nur erinnert es an die Weihnachtsgeschichte um die Geburt Jesu‘ und erfüllt somit einen religiösen Wert, es verkörpert außerdem reine Herzensgüte, pure Freundlichkeit und grenzenlose Unschuld.

Es kommt nicht etwa wie der Weihnachtsmann mit Rute und Kohlen daher, um die zu strafen, die nicht brav waren. Angesichts dessen: Wen wundert’s, dass so viele Kinder Angst vor ihm haben? Doch darüber hinaus hat der Gute sich im Laufe der Jahre zur Witzfigur gewandelt, die durch Kaufhäuser streift, „Ho, ho, ho“ brüllt und als internationale Werbefigur für Süßgetränke, Schokolade und Fettleibigkeit steht.  Ein tolles Vorbild! 

(K)ein Platz für Fantasie

Das, was aber den Mythos „Christkind“ im Gegensatz zum Weihnachtsmann perfekt macht, ist das Geheimnis. Niemand hat das ursprüngliche Christkind jemals gesehen. Im Weihnachtslied „Alle Jahre wieder“ heißt es, es komme still und unerkannt. Es bleibt also ein riesiger Raum für die kindliche Fantasie. Jedes Kind kann sich sein Christkind vorstellen, wie es mag, und bekommt kein vollendetes, konventioniertes Wesen vor die Nase gesetzt wie den Weihnachtsmann. Danke also an meine Eltern, die mir vom geheimnisvollen Christkind erzählten.

das-duell-feederFoto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: Brinkmann/Schweigmann
Teaserfoto: Fotomontage von Anne Palka mit Fotos von flickr (Engel von Jenud, Weihnachtsmann von Justin Russell und Tanne von rjones0856), alle unter Verwendung der Creative Commons Lizenz.

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