Dornröschen, Schneewittchen, der gestiefelte Kater und Frau Holle: Jeder kennt ihre Geschichten, Generationen von Eltern haben sie ihren Kindern aus dicken Büchern vorgelesen. Dass Märchen die Jahrhunderte überdauert haben, ist der Verdienst von zwei Brüdern, die im Volksmund die „Gebrüder Grimm“ genannt werden. Sie sammelten Märchen und veröffentlichten sie am 20. Dezember 1812 unter dem Titel „Kinder- und Hausmärchen“.
Das Grimmsche Märchenbuch feiert also seinen 200. Geburtstag. Rund um so ein Datum ist Heinz Rölleke ein gefragter Mann, denn der Germanist und Erzählforscher gilt als herausragender Grimm-Spezialist. Als solcher legt er Wert darauf, dass man die Sprach- und Literaturforscher Grimm auch korrekt als Brüder und nicht Gebrüder bezeichnet. Schließlich umfasst der Begriff „Gebrüder“ alle fünf Söhne des Beamten Philipp Wilhelm Grimm. Märchensammler und Verfasser der „Kinder- und Hausmärchen“ waren aber nur die beiden Ältesten, Jacob und Wilhelm.
Sammler mündlicher Überlieferungen
„Dazu sind sie vom romantischen Dichter Clemens Brentano angeregt worden“, sagt Heinz Rölleke. Brentano sammelte damals Volkslieder für sein Buch „Des Knaben Wunderhorn“. Er fragte seinen Schwager, den Rechtshistoriker Carl von Savigny, nach geeigneten Leuten, die ihn bei seiner Suche unterstützen könnten. Savigny empfahl seine Studenten Jacob und Wilhelm Grimm, 21 und 20 Jahre alt. Die nächsten Jahre schrieben die Brüder für Brentano alte Lieder und Literatur. 1810 schickten sie ihm rund 50 Texte, doch dieser nutzte sie nicht. Daraufhin führten die Grimms ihre Sammlung selbständig weiter. „Ihr Ziel war, die mündliche Überlieferung festzuhalten“, sagt Heinz Rölleke, „die Märchen wären wohl in den nächsten Jahren verloren gegangen“.
Die „Kinder- und Hausmärchen“ sind ihr bekanntestes Werk, doch die Brüder Grimm sammelten nicht nur Märchen. Ihr „Deutsches wörterbuch“ sollte die Herkunft und den Gebrauch jedes Wortes der deutschen Sprache enthalten. Sie kamen allerdings nur bis D und füllten damit allein zehn Bände.
Christian Theede verfilmte ihre Märchen „Das tapfere Schneiderlein“, „Der gestiefelte Kater“, „Der Meisterdieb“ und „Allerleihrau“ – der neueste Märchenfilm des ehemaligen Filstudenten der FH Dortmund. Er wird am zweiten Weihnachtstag um 16.40 in der ARD ausgestrahlt.
Ab 1812 wurden die „Kinder- und Hausmärchen“ in sieben Auflagen veröffentlicht, die Zahl der Märchen nahm stetig zu. Der Stil, in dem sie Wilhelm Grimm niederschrieb, hat uns geprägt: Jeder kennt wohl die Wendung „Es war einmal“ – genauso wie immer noch jedes Kind „Hänsel und Gretel“ kennt.
Alte Märchen im neuen Gewand
Nur die Möglichkeiten Märchen zu erzählen sind vielfältiger geworden. Regisseur Christian Theede erzählt sie im Märchenfilm. Seit 2008 hat er für die ARD vier Grimmsche Märchen neu verfilmt – für ihn eine besondere Herausforderung. „Zum einen, weil man die Märchen aus der eigenen Kindheit kennt, etwas mit ihnen verbindet – zum anderen ist es eine künstlerische Herausforderung, das bekannte Märchen in einer neuen, eigenen Form zu erzählen.“ Außerdem seien die Märchen oft zu kurz für einen Spielfilm. Die Handlung muss also ausgeschmückt und der modernen Filmdramaturgie angepasst werden. „Beim gestiefelten Kater taucht der Zauberer als Gegenspieler früher auf als im Märchen“. Damit sei ein Spannungsbogen über den gesamten Film erzeugt worden.
Aktuelle Ausstellungen
Aktuell zeigt das Bilderbuchmuseum Burg Wissem Troisdorf eine Ausstellung über die Brüder Grimm und ihre Märchen. Noch bis 17. Februar könnt ihr in die Märchenwelt eintauchen.
Auch das Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf hat eine Ausstellung zu den Werken der Brüder laufen. Bis 31. Januar werden Dort Märchen, Schriften und Illustrationen gezeigt.
Gerade bei den ersten Märchen-Neuverfilmungen für die ARD ab 2008 habe eine richtige Euphorie geherrscht, so Theede. „Die Schauspieler konnte endlich einen König oder eine Prinzessin spielen.“ Außerdem sei es eine angenehme Abwechslung zu den Krimis und Dramen gewesen, die im deutschen Fernsehen überwiegen würden.
Dass die Handlung bereits jeder kennt, sei hingegen kein Problem, denn Märchen erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Grimm-Forscher Heinz Rölleke hat einen einfachen Grund: „Sie sind uralt und greifen in Weltprobleme auf“, sagt er. Hungernot, Krankheit und Tod werden, wenn auch in Bildern, thematisiert. Der Inhalt der Märchen bleibt also aktuell – In welcher Form auch immer sie den Kindern von morgen erzählt werden.
Die Brüder Grimm
Bekannt sind sind Jacob und Wilhelm Grimm dafür, dass sie Teil der „Göttinger Sieben“ waren. So werden sieben Professoren der Universität Göttingen genannt, die vor ziemlich genau 175 Jahren gegen die Aufhebung der Verfassung im Königreich Hannover durch den neuen König ernst August I. protestierten. Ihre Entlassung sorgte für Aufruhr bei den liberalen Kräften in Deutschalnd. Jacob Grimm war außerdem Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung von 1848.
Web: Homepage des Bilderbuchmuseums Burg Wissem
Web: Homepage des Heinrich-Heine-Instituts Düsseldorf
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