Obstsalat mit den Vätern des Juicy Beats

gedreht

Der Name stammt von dem 80er-R’n’B-Song „Juicy Fruits“ von James Mtume: Das Juicy Beats ist ganz klar das fruchtigste Festival im Pott – und hieß zu Beginn noch Juicy Fruits. Zum 20. Mal werden dieses Jahr sechs Bühnen und 14 Floors im Westfalenpark bespielt – erstmalig an zwei Tagen. Wer aber steckt hinter dem vitaminreichen Musikspektakel und wie wurde es zu dem, was es heute ist? Im Interview mit der Pflichtlektüre erklärten die Organisatoren Carsten Helmich und Martin Juhls Hintergründe des Festivals und ihren ganz persönlichen Bezug zu dem Event.

 

Apfel oder Banane?

Carsten Helmich: Banane.

Martin Juhls: Apfel.

 

Obstsalat, Smoothie oder Frucht pur?

CH: Die pure Frucht.

MJ: Obstsalat.

 

Orange an Banane! Foto: Johanna Mack

Carsten Helmich an Banane! Foto: Johanna Mack

 

Juicy Beats 2015: Was ist der absolute Hauptact?

CH: Fettes Brot. Einen Topact in der Größenordnung hatten wir noch nie. Sonst sind ganz klar Fritz Kalkbrenner und Trailerpark die beiden Headliner am Samstag. Für andere ist sicher La Brassabanda der absolute Favorit. Was ist dieses Jahr anders?

MJ: Wir haben erstmalig zwei Tage Festival – es geht schon am Freitagnachmittag in einem abgetrennten Bereich des Westfalenparks los. Auf diesen Schritt haben viele Juicy Beats-Besucher schon lange gewartet und mit dem ausverkauften Festival im letzten Jahr sind wir jetzt im Zusammenhang mit dem Jubiläumsspektakel dafür bereit. Dazu gehört natürlich auch der neue Campingplatz.

 

Vitaminshake! Foto: Johanna Mack

Martin Juhls (links) wagt den Balanceakt à la Wilhelm Tell. Vitaminshake! Foto: Johanna Mack

Juicy Beats historisch: Was sind die Highlights aus 20 Jahren JB?

CH: In 20 Jahren passiert Einiges. Sicherlich war eines der wichtigsten Highlights, für das Publikum wie auch für uns, die Bierdusche von Deichkind, wo 2000 Bierdosen gleichzeitig geschüttelt und dann geöffnet wurden. Sonst gab es einfach immer wieder tolle Momente. Beim Juicy Beats 2010 war die deutsch-amerikanische Freundschaft auf dem Gelände, mit „tanz den Mussolini“, vielleicht kennt das noch jemand, das war ein Event im Event. Bei jedem Festival versucht man noch mal Sonderpunkte zu setzen. Für mich einer der besten Momente war International Pony als erster großer Electroact, bei denen die Festwiese das erste Mal richtig voll war. Das Entscheidende für mich ist eigentlich immer, wenn ich mit meinem Fahrrad am Festivalpark über das Gelände fahre: Dann hat man so seine zwei, drei ganz persönlichen besonderen Momente.

MJ: Das Festival lebt von den vielen kleinen Highlights. Für mich war zum Beispiel ganz besonders: Vor ein paar Jahren bin ich kurz vor Schluss in den Drum&Bass-Floor reingekommen und da hat LOWmax gespielt, das war einfach so eine grandiose Stimmung, das hat mich total geflasht. Man ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort, rechnet vielleicht gar nicht damit, und dann – Wow.

 

Banana-Smile Foto: Johanna Mack

Banana-Smile! Foto: Johanna Mack

 

Wie wichtig ist der Mix der Musik für das Juicy Beats – und was hat das Konzerthaus bei einem Festival zu suchen?

MJ: Das Liveprogramm bei JB ist ja von Anfang an eher auch Indie als nur rein Elektro. Und das Konzerthaus ist nicht mit der Philharmonie oder dem Orchester vertreten, sondern die stehen da mit ihrer Pop-Abo-Reihe, die gezielt junge Leute ins Konzerthaus locken soll. Die hatten im Rahmen dieses Programmes schon den einen oder anderen Act im Konzerthaus, der bei uns auf einer größeren Bühne gespielt hat – zum Beispiel Blumentopf oder Mighty Oaks. Die Mischung ist für uns ganz wichtig, denn in der alternativen Popkultur legt sich heute selten jemand auf nur eine Musikrichtung fest.

CH: Es war ursprünglich ein elektronisches Festival – aber ich war nie der Typ, der nur auf eine Musikrichtung gestanden hat. Ich bin zur Elektronik auch erst über Indie gekommen – deshalb wollte ich das ganze relativ zügig auch bei Juicy Beats aufbauen. Aber man kann nicht aus dem Nichts im elektronischen Kontext plötzlich Singer-Songwriter-Bands irgendwo hinstellen. Die erste Gruppe, die richtig partyfähige Elektronik bei Juicy Beats auf die Bühne gebracht hat, war Mediengruppe Telekommander – sowas wie Susanne Blech würde es ohne die nicht geben. Plötzlich war Indie und Elektronik gar kein Gegensatz mehr. Heute hat man auch viele kleine Singer-Songwriter, die sich selbst elektronisch samplen.

 

Obst ist nicht nur zum Posen da, auch zum Essen! Foto: Johanna Mack

Obst ist nicht nur zum Posen da, auch zum Essen! Foto: Johanna Mack

 

Künstlermix: Zu Jucy Beats kommen Artists aus dem Pott und aus aller Welt, Stars und unbekannte Newcomer: wie funktioniert der Clash? Warum ist gerade diese Kombi wichtig für das Festival?

CH: Das ist total wichtig – auf der einen Seite muss so ein großes Festival Headliner haben, das ist für viele Leute der Höhepunkt. Aber laut Umfragen ist den Leuten das Wichtigste das Herumwandern, hier und dort etwas zu entdecken. Bei uns werden so neue Acts aufgebaut. Kleine Newcomer können sich hier beweisen, und die Leute haben auch Interesse daran. Wir wollen den Leuten hier Musik nahebringen, nicht nur die Bands herholen, die sowieso alle kennen. Das Entscheidende, damit die Leute sich darauf einlassen, ist, dass sie sich im Vorfeld auch schnell und einfach über diese kleinen Acts informieren können. Deshalb haben wir gerade unsere Websites und auch die Apps neu gelauncht.

 

Martin Juhls und Carsten Heinrich entdecken ihr Jongliertalent! Foto: Johanna Mack

Martin Juhls und Carsten Helmich entdecken ihr Jongliertalent! Foto: Johanna Mack

 

Tanzen! Wie schwingt man beim Juicy Beats das Tanzbein? Tanzt ihr selbst gern?

CH: Auch das ist super wichtig! Ich bin DJ und war auch vorher immer der erste auf der Tanzfläche. Tanzen ist Party, Juicy Beats ist Party – man soll einfach Spaß haben. deshalb gehen wir ja auch bis vier Uhr nachts am Samstag. Dieser Tanz-Charakter unterscheidet uns auch von anderen Festivals. Man kann zwar mit einem Bier in der Sonne sitzen und zuhören – aber die Leute sollen sich auch bewegen und die DJs abfeiern.

MJ: Der ganze Erlebnisfaktor steht bei uns im Vordergrund. Das Juicy Beats ist ein Gesamterlebnis: Die Location, der Park, die ganzen Wege, Verästelungen, Räumlichkeiten, die man da entdecken kann. Ganz viele Orte werden auch quasi gegen die Gebrauchsanweisung genutzt, zum Beispiel ein Café als Tanzfläche. Der performative Charakter steht bei uns im Mittelpunkt. Ein Headliner bringt zum Abschluss der Veranstaltung eigentlich immer noch eine Riesenperformance auf die Bühne – im letzten Jahr war das Boys Noize mit der Konfettishow.

 

An Apple a Day... Foto: Johanna Mack

An Apple a Day… Foto: Johanna Mack

 

Kein Juicy Beats ohne den Westfalenpark! Was ist das Besondere an dieser Location?

CH: Im Westfalenpark bin ich aufgewachsen, guckte da vom Balkon drauf. Es gibt noch Normal-8-Filme, wo ich durch die Tunnel im Robinsonspielplatz klettere, das habe ich vor kurzem erst meinem Sohn gezeigt, der das jetzt auch macht. Später hab ich in irgendwelchen Ecken des Parks für die Uni gelernt. Deshalb schwebte mir der Westfalenpark schon immer als die perfekte Venue für so ne Veranstaltung vor. Das es dann auch geworden ist, ist natürlich wunderschön. Zuerst waren es nur das Sonnensegel und ein paar Bungalows – das Sonnensegel ist inzwischen baufällig, die Bungalows gibt’s gar nicht mehr – und so verändert sich das Festival, genau wie der Westfalenpark sich verändert. Früher war es sehr viel elektronischer – ich hab das ja angefangen, weil ich selbst aufgelegt habe, Deephouse, hatte auch ne Sendung bei eldoradio. Peu à peu wurden mehr und mehr DJs und Bühnen dazu geholt und so auch das Publikum immer breiter gefächert. Es war eigentlich von vornherein klar: Irgendwann müssen auch Livebands spielen.

 

Orange is the new Black. Foto: Johanna Mack

Orange is the new black. Foto: Johanna Mack

 

Vitamine – Stichwort Vitamin B: Wie seid ihr zu eurem „Baby“ Juicy Beats gekommen? Was macht ihr sonst so?

CH: Ich hab im alten FZW am Neuen Graben angefangen, Musik zu machen – das war der Club Trinidad mit alternativem House. Der Club hatte aber keine Klimaanlage, deshalb mussten wir im Sommer ne Pause machen. Das wurde uns auf Dauer zu langweilig, und wir kamen auf das Sonnensegel im Westfalenpark. So kam die erste „Juicy Fruits“-Party auf die Beine Das war nie als Festival geplant – nur als Party! Auch im zweiten Jahr noch, nur war es da eben schon größer. So ab dem Juicy Beats 5, 6, wurde es dann heimlich zum Festival. Vor 15 Jahren gab es ja noch gar nicht so viele davon wie heute, vor allem hier im Ruhrgebiet. Bei Juicy Beats 10 hatten wir erstmals phänomenales Wetter – und plötzlich waren es 20000 Gäste. Damit mussten wir auch immer mehr Verantwortung übernehmen, was die Sicherheit angeht. Größere Bands haben auch mehr Erwartungen als klein. Und plötzlich macht man dann das, was man jetzt macht, und zwar das ganze Jahr über. Wir fragen schon jetzt wieder die ersten Acts für 2016 an.

MJ: Vom Party-DJ zum Festivaldirektor! Genauso natürlich ist ja auch Juicy Beats gewachsen. Nicht einfach hingeklatscht, sondern langsam und beständig. Wir haben immer darauf geachtet, es nicht größer darzustellen als es ist. Wir sind auf einer stabilen Basis geblieben, zum Beispiel erst jetzt zu zwei Tagen übergegangen, weil die Zeit einfach reif war. Auch die immer gleichen Kooperationspartner machen diese Festigkeit aus. Ich selbst bin seit über 20 Jahren als Musiker und Veranstalter aktiv, und war von Anfang an auch immer als Gast beim Juicy Beats, vorher auch schon beim Trinidad. Dann hab ich ein paar Mal als Musiker mit verschiedenen Projekten auf dem Juicy Beats gespielt, und vor neun Jahren gab es dann eine Umstrukturierung im Veranstalterteam. Da hat sich das heutige Team gefunden und ich bin mit reingerutscht, auch durch freundschaftliche Beziehungen.

 

Uuuund Pusten... aber den Wunsch nicht verraten! Foto: Johanna Mack

Uuuund Pusten… aber den Wunsch nicht verraten! Foto: Johanna Mack

 

Was ist euer Geburtstagswunsch für (die Zukunft von) Juicy Beats?

CH: Ich fänd‘s schön, wenn sich beim Zwanzigjährigen herausstellt, dass die Leute zwei Tage so toll feiern können wie einen Tag. Das werden wir mal sehen, wie weit die Energie da reicht – aber ich bin optimistisch. Und ich wünsche mir, wie Einige aus dem Team, dass auch wir selber das Festival mal in ganzen Zügen genießen können, weil wir ja eben zwei Tage haben. sonst ist das, worauf man ein ganzes Jahr lang hingearbeitet hat, immer Schwuppdiwupp wieder vorbei.

MJ:Sehe ich auch so – Freitag entspannt ins Festival starten und dann am Samstag entspannt die Feier genießen. Das wäre klasse.

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Teaser-/ Beitragsbild: Johanna Mack

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