Self-Publishing: Mach’s dir selbst

Laura Newman lebt ihren Truam: Sie ist Autorin, aber auch Verlegerinund "Kreativ-Junkie". Foto: www.lauranewman.de

Laura Newman schreibt ihren Namen auf die erste Seite ihres Jugendbuches „Jonah“. Fans, meist junge Mädchen, stehen am Stand von Books on Demand auf der Leipziger Buchmesse an, um den Roman von der Autorin signieren zu lassen. Die Bremerin hat etwas geschafft, von dem viele Schreibende träumen: Sieben ihrer Young Adult Romane sind inzwischen auf dem Markt und erreichen eine wachsende Leserschaft. Dennoch steht sie nicht bei einem Verlag unter Vertrag: Laura Newman ist Self-Publisherin.

Laura Newman ist Autorin. Das Schreiben, zuächst nur eins von vielen Interessen des selbsternannten „Kreativ-Junkies“, rückte 2013 mit der Fertigstellung des ersten Buches in den Vordergrund. Es fand sich jedoch kein Verlag, der bereit gewesen wäre, „Time-Travel Inc. – Rewind“ zu veröffentlichen. Kurzentschlossen nahm Laura die Sache selbst in die Hand – deshalb ist sie nicht nur Autorin, sondern gleichzeitig auch Verlegerin, Designerin, Marketingspezialistin. Für die 32-jährige ist diese Mehrfachbelastung kein Problem: Sie arbeitete zehn Jahre lang als Mediengestalterin und eignete dabei die notwendigen Fähigkeiten an. Inzwischen beschäftigt sie sich als „Booktuberin“ mit Videodreh und –schnitt und pflegt über Blog, Website und soziale Netzwerke engen Kontakt zu ihren Lesern. Vor der Veröffentlichung ihres Romans „Another Day in Paradise“ ließ sie die Fans zum Beispiel über das Cover abstimmen. Bei all dem ist Professionalität für sie von großer Bedeutung: Leute, die nur zum Spaß Texte hochladen und sich für die Gestaltung und das Lektorat keine professionelle Hilfe holen, definiert sie nicht als ernsthafte Self-Publisher. „Ich hoffe und glaube, dass es in Zukunft eine gleichwertiges Miteinander zwischen Self-Publishern und Verlagen geben wird.“

Bei Books on Demand werden Bücher erst auf Bestellung gedruckt. Foto: Johanna Mack

Bei Books on Demand werden Bücher erst auf Bestellung gedruckt.

Auf der Leipziger Buchmesse präsentierten sich dieses Jahr gleich mehrere Unternehmen, die Schriftstellern dabei helfen, ihre Texte ohne die Bindung an einen Verlag an die Öffentlichkeit zu bringen. „Im Self-Publishing hat der Autor die volle Kontrolle über seine Veröffentlichung, muss allerdings auch die entsprechende Verantwortung übernehmen.“, erklärt Jennifer Jäger, Author Relations Managerin bei  Neobooks. „Lektorat, Korrektorat, Covergestaltung, Marketing – erfolgreiche Self Publisher sind wahre Allrounder, die ihre Freiheit genießen und für den hohen Aufwand auch finanziell besser entlohnt werden als im Verlag.“ 2010 gründete die Verlagsgruppe Droemer Knaur diese Plattform – zunächst gedacht zur Akquise neuer Autoren. Newcomer konnten hier ihre Manuskripte hochladen und bewerten lassen. Inzwischen nutzen viele Schreiber Neobooks auch, um ihre Werke professionell zu vertreiben – so wie Laura Newman.

Keine Absagen einstecken wie Joanne K. Rowling

Dass das Schreiben selbst, der tägliche Kampf mit dem weißen Blatt, gegen Ablenkung und für die richtigen Worte, nicht die einzige Hürde auf dem Weg zum eigenen Roman ist, zeigt spätestens das Beispiel Joanne K. Rowling. Die erste Schriftstellerin der Weltgeschichte, die es zur Milliardärin brachte, musste für das Harry-Potter-Manuskript zahlreiche Absagen einstecken. Beim Self-Publishing kann dies nicht passieren.

Ein anderer Anbieter ist Kindle Direct Publishing von Amazon. Am Kindle-Stand der Buchmess erläutern Lena Witkowiak und Sabine Ferke, wie das Konzept funktioniert: „Man kann bei uns E-Book und Printbuch parallel veröffentlichen. Es muss nur hochgeladen werden und für den Autor entstehen keine Kosten.“ Auch die Rechte behält der Verfasser, er kann sein Manuskript also jederzeit auch bei anderen Verlagen oder Plattformen vertreiben und es gibt keine Vertragslaufzeit. Bei Kindle Direct Publishing gehen 70% der Tantiemen an den Autor, der Rest fällt der Plattform zu. Die Plattformen stehen in Kontakt mit dem Buchhandel und unterstützen so bei der Vermarktung. Die Auflage spielt beim Selbstverlag keine Rolle, man kann auch nur ein einziges Exemplar drucken lassen. Oft nutzen die Selbstverleger die Methode Books on Demand. Dabei werden die Ausgaben nur auf Anfrage gedruckt. Wer das Buch dann lesen möchte, kann es im Buchladen bestellen.

Mehr als nur der letzte Ausweg              

Auf der Leipziger Buchmesse stellten sich verschiedene Anbieter für Self Publishing vor. Foto: Johanna Mack

Auf der Leipziger Buchmesse stellten sich verschiedene Anbieter für Self Publishing vor.

Im Gespräch mit den Anbietern wird deutlich: Self-Publishing ist längst mehr als der letzte Ausweg für Autoren, die kein Verlag haben will. Autoren wie Laura Newman genießen die Freiheit und Selbstbestimmtheit, die Self-Publishing ihnen bietet: „Als waschechter Kontrollfreak gefällt mir diese Strategie natürlich sehr gut. Man hat alle Rechte bei sich. Allerdings auch alle Pflichten. Man kann spontan agieren und auch mal Verrücktes ausprobieren. Außerdem gefällt es mir alle Zahlen immer stundengenau im Blick zu haben. Das geht bei einem Verlag natürlich nicht.“ Dennoch ist das System nicht ohne Tücken. Jennifer Jäger von Neobooks hat in ihrer Arbeit mit die Erfahrung gemacht: „Die Vorteile des Self-Publishings können auch gleichzeitig seine Schwächen sein. Volle Freiheit heißt auch volle Verantwortung.“

Ein Selbstverleger muss alle Aufgaben eines Verlags selbst übernehmen. Foto: Johanna Mack

Ein Selbstverleger muss alle Aufgaben eines Verlags selbst übernehmen.

Jeder kann Autor sein

Was ist ein Schriftsteller? Die Definition wird durch Self-Publishing in Frage gestellt, denn es gibt keinerlei Qualitätskontrolle. „Rassistisches und Pornographisches wird ausgeschlossen, ansonsten kann man bei uns grundsätzlich Alles publizieren“, betont Damaris Jüngling von epubli. Beim Self-Publishing gibt es keine Lektoren oder Jurys – ob ein Werk Erfolg hat, entscheidet allein der Markt. Es fehlt die Promotion durch einen renommierten Verlagsnamen; auch in der Literaturkritik tauchen selbstverlegte Bücher nur selten auf. Das Prinzip ist einfach: Was gefällt, wird gekauft. Alles andere verschwindet in der Versenkung.

Ein pauschales Erfolgsrezept für den Selbstverlag gibt es nicht, die Anbieter auf der Buchmesse sind sich aber darüber einig, dass ein Händchen für Marketing unabdingbar ist. „Im Self-Publishing braucht es sogar meist mehr als ein geniales Manuskript, das die Leser bewegt. Das Gesamtkonzept muss stimmig sein und überzeugen“, so Jennifer Jäger.

Selbstverlegen: Chance und Verantwortung

Sie schätzt die Bedeutung und den Einfluss des Selbstverlegens inzwischen als hoch ein: „Im Self-Publishing zeigen Autoren, dass sie heutzutage auch ohne Verlage Bestseller kreieren können. Dennoch würden wir das Self-Publishing nicht als direkte Konkurrenz zu Verlagen sehen. Die Zielgruppen sind hierfür zu unterschiedlich und die Bedeutung der Verlage vor allem im stationären Buchhandel zu groß.“ Sie betont, Self-Publishing habe ein großes Potenzial, Trends zu entdecken und damit die Veröffentlichungen der Verlage beeinflussen. Zuletzt passierte das bei ’50 Shades of Grey‘, einem Roman, der aus dem Self-Publishing kam.

Einigen selbstgenügsamen Verfassern mag es ausreichen, mit sich und dem Papier, Stift oder Laptop allein zu sein und die fertigen Manuskripte sicher in der Schreibtischschublade verstaut zu wissen. Die meisten Schreibenden wünschen sich aber vermutlich, dass ihre Werke eines Tages auch gelesen werden – mit Self-Publishing wird der Traum vom Schriftstellerdasein theoretisch für jeden realisierbar.

 

Teaserbild und Bilder im Beitrag: Johanna Mack/ Beitragsbild: Laura Newman

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