Spieglein, Spieglein an der Wand…

Ein Beitrag von Verena Hilbert und Anastasia Mehrens

Elegant, modern oder doch nur funktional? Jeder Einzelne entscheidet selbst, was modisch am besten zu ihm passt. Dabei orientieren sich die Meisten an aktuellen Trends. Aber was ist deutsche Mode und was bedeutet sie für uns Studenten?

Der französische Chic ist weithin bekannt, aber gibt es auch speziell deutsche Mode? „Nicht wirklich und das hat historische Gründe“, sagt Gudrun M. König, Professorin am Institut für Kunst und materielle Kultur der TU Dortmund. Anders als zum Beispiel Frankreich sei Deutschland kein zentralistischer Staat.

Die meisten Studenten bevorzugen sportliche Kleidung

An der Uni darf man mit der Kleidung noch experimentieren. Fotos: Anastasia Mehrens

„Es gab hier kein tonangebendes höfisches kulturelles Zentrum, das der Mode eine Richtung gegeben hätte. Vielmehr gab es historisch wiederkehrende Tendenzen der Nationalisierung der Mode, doch keine der französischen Mode vergleichbare Vorrangstellung“.

Zwar gebe es heute bekannte deutsche Designer und Unternehmen wie Karl Lagerfeld und Escada. Aber die spielten eher eine internationale als nationale Rolle. „Die großen Ereignisse der Modewelt in Deutschland wie die Berlin Fashion Week sind heute nicht besonders deutsch, sondern bieten eine Plattform für Mode aus aller Welt“, so König.

Mode in Deutschland – kein Top-Thema

Bis heute spiele Mode in Deutschland eine geringere Rolle, als in „Modeländern“ wie Frankreich und Italien. Schon allein, weil vergleichsweise weniger Geld für Kleidung ausgegeben werde. Auch in manchen Wissenschaften gelte speziell in Deutschland Mode tendenziell als „vernachlässigbar, überflüssig und oberflächlich“, sagt König.

Dabei rücke uns die Kleidung direkt auf den Leib. Wir stellten uns damit dar, teilten uns mit und würden auf bestimmte Art wahrgenommen. Kleidung mache gleichzeitig einen Ausdruck und Eindruck. „Auch jemand, der sagt ’Mode ist mir egal’, macht damit ein Statement“, so König. Es gebe kaum einen Bereich, wo Kleidung keine Bedeutung hätte. Auf der Arbeit, zu Hause, in der Kirche, im Urlaub – ohne Kleidung wird´s schwierig.

Campusmode: frei und experimentell

Auch der Campus ist keine Ausnahme. Aber wie sieht die Mode hier aus? Schaut man sich in der Uni um, sieht man, dass bei den Studenten Jeans, T-Shirts und Turnschuhe besonders beliebt sind. „Es ist eine informelle Kleidung, die den Studierendenstatus charakterisiert“, sagt König.

Turnschuhe gehören zu der beliebtesten Sudentenkleidung.

Turnschuhe gehören zu der beliebtesten Studentenkleidung.

Man orientiere sich an dem, was die anderen tragen, was man im Fach trägt, was man als altersgemäß empfindet und was man sich als Student leisten kann. Das führe dazu, dass es einen gewissen Gleichklang gebe.

Und doch stechen natürlich Einzelne heraus. Extravagante Frisuren, Piercings, bunte Strumpfhosen, High Heels, ausgefallene Hüte – es kann dauern, bis man seinen eigenen Stil gefunden hat. Nach König experimentiert man gerne mit Kleidung, wenn man jung ist. Auch die Uni setze da keine Grenzen. Selbst bei Prüfungen, spielt es laut König in vielen Fächern keine Rolle, ob man formell oder informell gekleidet ist.

Metall-T-Shirt vs. Karohemd

Kann man die Fakultäten denn an der Kleidung erkennen? Das zu verallgemeinern finden die Studenten schwierig, aber ein paar Kleidungs-Klischees finden sich auf dem Campus doch. „Viele Informatiker und so haben ja gerne diese schwarzen Pullis an mit irgendwelchen Metall-Sachen vorne drauf, das ist schon auffällig“, sagt Eva, Studentin der angewandten Sprachwissenschaften. „Wirtschaftsstudenten kommen dann gerne auch mal im Hemd“, stellt Lehramt-Studentin Mareike fest und findet außerdem, dass sich die zukünftigen Pädagogen eher individuell kleiden. Moritz, der Kulturwissenschaften studiert, findet dagegen nicht, dass sich die Studiengänge modisch voneinander unterscheiden, sondern dass man eher Altersunterschiede erkennt.

Dortmunder Studenten sprechen über Mode

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Campusmode in den Augen der ausländischen Studierenden

Kara findet deutsche Mode schicker als in USA

Kara findet deutsche Mode schicker als in USA.

Und wie finden ausländische Studenten den deutschen Kleidungsstil? Kara kommt aus Illinois und findet, dass die Studenten auf dem Dortmunder Campus „viel modischer und gestylter“ sind als bei ihr zu Hause in den USA. „Ich habe das Gefühl, dass die Frauen hier denken die Uni ist eine Fashion-Show“, sagt sie. In ihrer Heimat verbringe man fast gar keine Zeit vor dem Spiegel. „Man nimmt das Nächstbeste, das man im Schrank findet“. Was dabei herauskommt, beschreibt sie als sehr sportlich. Die meisten trügen Sporthose, Turnschuhe und T-Shirts. „Was man in den amerikanischen Filmen sieht, stimmt gar nicht“, sagst sie. Die amerikanischen Männer gefallen Kara aber besser als die deutschen. „Die Männer sehen hier ein bisschen metrosexuell aus“.

Janne gefällt es, dass Mode in Deutschland nicht die erste Rolle spielt

Janne gefällt es, dass Mode in Deutschland nicht die erste Rolle spielt.

Janne aus Frankreich genießt es, dass es in Deutschland weniger Druck gibt, gut auszusehen. „Das ist das erste Mal seit Jahren, dass ich wieder Sportschuhe getragen habe“, sagt sie. Mode sei hier weniger wichtig und cooler. Eigentlich studiert sie an einer Uni im Zentrum von Paris. Dort sei alles ziemlich „schickimicki“. „Viele verbringen mehr Zeit mit der Kleidung als mit lernen.“ Das findet Janne übertrieben.

Für Yevheniia richtet sich deutsche Mode eher auf Funktionalität

Für Yevheniya richtet sich deutsche Mode eher auf Funktionalität.

Yevheniia aus der Ukraine kann die deutsche Mode nur mit dem Wort «gemütlich» beschreiben. „Bei uns sehen alle Studentinnen so aus, als ob sie gerade vom Laufsteg gekommen sind: High-Heels, elegante Kleider, hochgestylte Frisuren…“ Wenn man in einfacher Jeanshose und Turnschuhe zur Uni komme, werde man schon sehr komisch und skeptisch angeguckt. Hier sei es genau umgekehrt. Wenn sie sich mal ein bisschen schicker kleidet, merkt sie, dass sie besonders auffällt.

Cinzia findet deutsche Mode sehr praktisch

Cinzia findet deutsche Mode sehr praktisch.

„Deutsche Mode ist einfach alles, worin du dich wohlfühlst und was du schön findest“, sagt Cinzia aus Venedig. „Hier gibt es nicht so viele, die elegant aussehen. Vielleicht einfach weil sportlich praktisch ist. In Italien würde ich nie in einer Turnhose zur Uni gehen, aber hier habe ich das schon ganz oft gesehen“. Im Norden Italiens legten gerade junge Leute viel mehr Wert auf Mode. „Einerseits ist das ganz schön“, sagt Cinzia, „aber andererseits sieht man sofort, dass jeder das Gleiche anzieht“.