Wenn der Nobelpreis nicht genügt

Mit seiner Right Livelihood Award Foundation vergibt Jakob von Uexküll seit 1980 jedes Jahr den „Alternativen Nobelpreis“. pflichtlektüre-Autor Christopher Stolz war vergangene Woche bei der Verleihung in Schweden dabei. Mit von Uexküll hat er darüber gesprochen, warum der gewöhnliche Nobelpreis nicht ausreicht und warum der Preis dieses Jahr auch an Edward Snowden ging.

pflichtlektüre: Herr von Uexküll, wie kam es dazu, dass Sie die Stiftung des Right Livelihood Award gegründet haben?

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Jakob von Uexküll

Jakob von Uexküll: Ich stütze mich da auf Alfred Nobel, der in seinem Testament verewigen lassen hat, dass sein Vermögen auf diejenigen verteilt werden soll, die für die Menschheit den größten Nutzen gebracht haben. Nun haben sich die Zeiten geändert und es haben sich Strukturen geschaffen, die schwer zu verändern sind.

Das Auswahlverfahren des Nobel-Komitees ist sehr veraltet, sodass nur ausgewählte Personen, die Preisträger vorschlagen können. Ich fand es schade, dass das Komitee den Schritt, uns mit in die Riege der offiziellen Nobelpreise aufzunehmen, abgelehnt hat. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, dass es einen Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften gibt und wir außen vor gelassen werden.

Und inwiefern unterscheidet sich ihre Stiftung von der Nobel-Stiftung?

Demgegenüber geht bei uns es bis heute sehr demokratisch zu, sodass jeder Jeden empfehlen kann. Zudem versteht sich die Right Liverlihood Award Foundation als Vorreiter, da wir auch neue Probleme angehen und uns mit der Zeit bewegen. Neben dem Kampf für Menschenrechte schreiben wir und unsere Preisträger sich auch den Umweltschutz oder, sehr aktuell, die Datenfreiheit auf die Fahne.

Mit einigen Unterstützern, die von Ihrer Idee begeistert waren, konnte schließlich eine eigene Stiftung ins Leben gerufen werden. Doch: Wie genau kann sich diese finanzieren?

Das ist eine gute Frage. Es sind bis heute meist wohlhabende Frauen, die dieses Projekt tatkräftig unterstützen. Ich hatte einige Leuten, teilweise aus Schweden oder deutschsprachigen Ländern, von meiner Idee erzählt und sie begeistern können. Als sich genug Befürworter gefunden hatten, merkte ich, dass sich die Stiftung einige Jahre finanzieren könnte.

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Fünf Preisträger wurden in diesem Jahr ausgezeichnet.

Nun bekam das Vorhaben erstmals große Aufmerksamkeit und es wurde das Angebot unterbreitet, die Verleihung jährlich im schwedischen Reichstag stattfinden zu lassen. Seit dem lebt der Right Livelihood Council von privaten Stiftern, die sich mitunter in Unterstützerstiftungen zusammenfinden und bis heute Reserven in Höhe von 3,5 Millionen Dollar aufgebaut haben.

Wird denn der Einsatz ihrer Preisträger auch international gewürdigt? Oder gibt es bei diesen Themen auch Proteste und Probleme, mit denen die Preisträger zu kämpfen haben?

Leider gibt es einige Preisträger, die nach der Verleihung untertauchen mussten oder gar umgebracht wurden, da sie sich gegen das in ihrem Land herrschende Regime gestellt hatten. Unrühmliches Beispiel ist hier der Bürgerrechtler Ken Saro-Wiwa, bis zu seinem Tode Vorsitzender MOSOP’s, der „Bewegung für das Überleben des Ogoni-Volkes“. Er bekam den Preis im Jahre 1994 und wurde im November des folgenden Jahres von der Militärregierung seines Landes erhängt. Dies war ein Ereignis, das mich sehr nachdenklich machte. Ich begann zu zweifeln, ob wir wirklich das Richtige tun.

Und wie haben Sie die Zweifel überwunden?

Ein Mitstreiter Saro-Wiwas hatte mich kontaktiert und mir seinen Dank ausgesprochen. Seit der Preisverleihung hätte sich Einiges geändert, hat er gesagt. Wir hätten durch die Preisvergabe das Leben zahlreicher weiterer Mitglieder MOSOP‘s gerettet. Da blickte ich wieder optimistisch in die Zukunft.

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Edward Snowden erhielt den Ehrenpreis der Stiftung. Fotos: Christopher Stolz

In diesem Jahr und auch 2013 hat der Fall Edward Snowdens die Öffentlichkeit sehr beschäftigt. Jetzt erhält er Ihren Ehrenpreis. Bei der Verleihung selber kann Snowden nicht dabei sein. Immerhin hat Schweden ein Auslieferungsabkommen mit den USA. Gab es bei Ihren Verleihungen schon mal vergleichbare Situationen?

Nein, es ist das erste Mal in der Historie des Awards, dass ein Preisträger aus solchen Gründen, äußeren Einflüssen, nicht erscheinen kann. Es ist ihm nicht möglich seine Unterkunft in Russland auch nur für kurze Zeit zu verlassen, da ein Schritt in die Öffentlichkeit, geschweige denn eine Ausreise, zu gefährlich ist.

Daher haben die Anwälte Edward Snowden frühzeitig abgeraten, den Weg zur Preisverleihung auf sich zu nehmen. Jedem dürfte bewusst sein, dass die Vereinigten Staaten Snowden, den sie des Hochverrats anklagen, schnellstmöglich haben wollen. Hinzu kamen dann noch die Probleme mit dem schwedischen Staat, der eine Einreise ohnenhin unmöglich gemacht hätte.

Was bedeutet der Fall für Sie?

Der Fall Edward Snowden zeigt uns einmal mehr, dass in einer komplexen Welt nichts einfach ist. Aber wohlmöglich hilft uns die Berichterstattung weitere Unterstützer zu gewinnen, die wie wir mutige Menschen auszeichnen wollen, deren Arbeit in ihrem Heitmatland oder –kontinent nicht entsprechend gewürdigt wird. Unser Anspruch ist es, mit dem Preis Türen zu öffnen und Menschenleben zu retten.

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