Ein E-Book-Reader im Uni-Praxistest

Elektronische Bücher sind auf dem Vormarsch. Was E-Books uns Studenten im Uni-Alltag bringen, hat pflichtlektüre-Autor Tobias Fülbeck eine Woche lang getestet. Sein Fazit ist durchwachsen – aber nicht vernichtend.

Das elektronische Buch ist ein echter Hingucker. Tester Tobias fi ndet es in der Anschaffung allerdings teuer und hält das Angebot auf dem Campus noch zu begrenzt.

Das elektronische Buch ist ein echter Hingucker. Tester Tobias findet es in der Anschaffung allerdings teuer und hält das Angebot auf dem Campus noch zu begrenzt.

Zu einem zeitgemäßen Buch gehören Touchpen, Ladegerät und Schutzhülle. Letztere ist besonders wichtig, sonst riskiert man noch einen Riss im gläsernen Buch-Cover – und das muss ja wirklich nicht sein. Erst recht nicht bei einem schicken kleinen Silberling, wie dem neuen Sony-E-Book- Reader PRS 600. Auf der rankfurter Buchmesse wurde das 280 Gramm schwere Gerät erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Laut Sony-Werbesprache richtet es sich an eine „Zielgruppe mit professionellem Lese- und Arbeitsbedürfnissen“. Nun ist er für eine Woche mein treuer Begleiter auf dem Campus.

Tag 1:

Ganz schön kompliziert die Inbetriebnahme meines elektronischen Buches. Erstmal den technischen Hilfsdienst anrufen und beschweren: „Also, hören Sie mal, das Gerät funktioniert nicht. ‚Abstimmungsfehler entdeckt’ steht hier.“ Der Mann am anderen Ende der Leitung bleibt höfl ich, sagt, ich müsse doch nur mit dem Touchpen die auf dem Bildschirm erscheinenden Kreuze berühren und nicht blindlings irgendwo hindrücken. Okay, dumm von mir. Bisher musste ich vor dem Lesen jedoch keine Partie „Schiffe versenken für Fortgeschrittene“ spielen.

Tag 2:

In Politikwissenschaften musste ich den rund 500 Seiten schweren Semesterapparat mit allen Texten kaufen. Ich frage die Sekretärin, ob es auch eine E-Book- oder pdf-Version davon gibt. Ihr Blick sagt alles: „Ieeeh-Book, häh?“ Nee, dat kannte se nicht. Abends dann das erste Erfolgserlebnis: Mit dem E-Book an der Bushaltestelle sind einem alle neidischen Blicke sicher. Ich fühle mich wie der King of Future, wenn auch ein bisschen schnöselig. Trotzdem drehe ich das E-Book mehrmals um 360 Grad und winke damit stolz in die Menge.

Tag 3:

Tagsdrauf werde ich in der U-Bahn von der Seite angequatscht. Ist das etwa ein E-Book, quakt eine viel zu gut gelaunte Frau und beugt sich zu mir rüber. „Sie sind ja der Erste, den ich mit so etwas sehe.“ So etwas? Als wäre es etwas Illegales. Und dann legt sie los: Ob mir denn nicht das Blättern fehlen würde und der Geruch eines frisch gedruckten Buches. Und überhaupt, es geht doch nichts über ein richtiges Buch, mit schönen Lesezeichen, Eselsohren und dem Restsand vom letzten Strandurlaub – der theatralische Monolog nervt. Recht hat sie natürlich. Zwar speichert ein E-Book locker 40.000 Bücherseiten ab und wird nicht schwerer, aber der entscheidende Punkt: Meine Uni-Wälzer kann ich gegen die Wand werfen, wenn ich schlechte Laune habe. Beim E-Book würde es klirren, und ich müsste ein Kerrblech holen oder zumindest Error-Fehlermeldung versuchen wegzuzaubern. Mein gedrucktes Buch kann ich die ganze Nacht durchlesen, ohne dass es mir irgendwann mit einem nervigen Piepsen signaliert, aufgeladen werden zu wollen. Ich will ein Buch, kein Tamagotchi!

Tag 4:

Bis zu 40.000 Bücher lassen sich auf dem E-Book-Reader speichern – mehr als 280 Gramm wird er aber nie wiegen.

Bis zu 40.000 Bücher lassen sich auf dem E-Book-Reader speichern – mehr als 280 Gramm wird er aber nie wiegen.

Der Dozent verweist auf ein E-Book in der Bibliothek. Juhu! Da auch jedes Notebook die Datei öffnen kann, frage ich mich skeptisch, wieso es überhaupt ein rund 300 Euro teures E-Book braucht. Bisher sehe ich keinen Vorteil zum herkömmlichen Buch oder den kleinen Netbooks. Mittags ist der Akku dann fast leer. Zwischen all den Notebook-, Handy-, iPod, Kopfhörer-, Kamera- und USB-Kabeln fi nde ich das passende EBook- Ladegerät nicht. Zeit, dass jemand endlich ein Universalkabel erfindet.

Tag 5:

Lese auf einer längeren Bahnfahrt erstmals auch längere Unitexte im pdf-Format auf dem E-Book. Alles easy. Auch wenn es lange dauert, kann ich Anmerkungen an den Rand schreiben. Dabei muss ich sehr langsam und deutlich schreiben, sonst klappt es nicht.

Tag 6:

Wieder Bahnfahrt. Wieder E-Book. So langsam wird es was mit der Freundschaft zwischen mir und dem PRS 600. In einem großen Online-Shop lässt sich das Gerät für satte 299 Euro erwerben. Vergleichbare Alternativen: der Kindle-Reader für rund 180 Euro und das Vorgänger-Modell von Sony, ohne Touch-Screen, das rund 199 Euro kostet.

Tag 7:

Im Moment erscheint mir eine Anschaffung überflüssig. Zwar ist das von mir getestete E-Book ein echter Hingucker, aber in meiner Studienwoche hat es nur eine Randrolle gespielt. Auch weil die Dozenten an der TU Dortmund pdf-Formate und E-Books noch wenig einsetzen. Obwohl ich vorher äußerst skeptisch war, denke ich nun auch, dass die elektronischen Bücher in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen werden – auch im Studium. „Wir werden unser E-Book-Angebot konsequent ausbauen – ohne allerdings das gedruckte Buch zu vernachlässigen“, verspricht der Dortmunder Bibliotheksleiter Norbert Gövert. Seinen Angaben zufolge stehen den Dortmunder Studenten im Uni-Netz 20.000 E-Books zur Verfügung. „E-Books werden von uns wie herkömmliche Bücher gekauft, müssen zudem auch lizensiert werden, viele davon über die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG. Und natürlich veröffentlichen viele Wissenschaftler ihre Dissertationen und Habilitationen bei uns in elektronischer Form, so dass auch diese Schriften als elektronische Volltexte zur Verfügung stehen.“

8 Comments

  • Ich ich heute im Hörsal schaue dann haben schon sehr viele ein eBook Reader oder ein Tablet in der Tasche. Die kleinen elektronischen Lesegeräte sind ja auch echt spitze.

  • Susanne sagt:

    Wenn ich mir die modernen eBook Reader alle anschaue [Anm. der Redaktion: Gewerblicher Link entfernt] dann werden in ein paar Jahren alle einen eBook Reader in der Uni nutzen. aus meiner sicht auch sehr praktikabel und umweltfreundlich. Es fehlt eigentlich nur noch das die eBook Datenen von Student zu Student austauschen können dann wäre es perfekt.

  • Sarah sagt:

    Jetzt hätte mich ja eine weiterführung des Tests wirklich gereizt. Ich war schon länger auf der Suche nach einem Testbericht, der beschreibt, wie sich ein Ebook Reader im Unialltag schlägt.
    Während bei dir in NRW damals noch nicht so sehr auf pdf Lektüre gesetzt wurde, besteht meine „Bibliothek“ an wissenschaftlichen Texten etc. fürs Studium zu 95% aus pdf Dateien.

    Jetzt nen Test mit aktuellen Readern wär super 😉 Von der im Interview angesprochenen Firma iRex hört man leider nix mehr.

    Ich hab mir jetzt mal den neuen Sony Reader bestellt und bin schon ziemlich gespannt, wie er sich so schlagen wird…

  • Joachim sagt:

    Mich hätte allerdings mehr interessiert, ob und wie man z.B. PDF-Dateien aus der Bibliothek liest, die man garnicht runterladen kann sondern online lesen muss. Viele lizenzrechtlich geschützte Ausgaben von Fachbüchern werden nur in einer solchen Form angeboten und dann auch nur über WLAN auf dem Campus und nicht von zuhause. Wie geht das mit einem solchen Reader, der ja immer erwartet das Buch in seinem Speicher vorzufinden. Aber so etwas war wohl von jemandem der immer nur mehr schlecht als recht an der Oberfläche kratzt und sich da schon in zickigem Herumkritisiere ergötzt nicht zu erwarten. Schade.

  • Joachim sagt:

    Man sagt Dummheit sei unheilbar, egal wieviel gelernt wird. Was ich hier aus dem Jahr 2009 noch an dümmlicher pseudo-intellektueller Ignoranz aus dem Geisteswissenschaftlichen Lager lesen muss, spottet jeder Beschreibung und ist nicht stellvertretend für die Zunft, die in Wahrheit schon seit 1985 ihre Dissertationen auf dem PC schreibt und mittlerweile auch mit so etwas umgehen kann!

    Wenn diese Knalltüten so gern in Papier blättern, dann hätten sie wenigstens mal einen Blick ins Handbuch werfen sollen. Zum Beispiel unter ERSTE SCHRITTE. Da gibt es auch viele Bilder, also keine Sorge :-))

  • Lea Theus sagt:

    Bin ich froh, dass ich diese Seite gefunden habe, das mit dem Abstimmungsfehler habe ich nämlich auch nicht kapiert.
    Danke! 🙂

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