Ruhr-Uni wird elitär: Studieren für 3.200 Euro

Teurer Spaß: Für den Studiengang „Kunstkritik“ an der RUB sollen die Studis 3.200 Euro hinblättern. Rekrutierung der Elite oder Aufbaustudium gegen Hartz IV? pflichtlektüre-Mitarbeiter Tobias Fülbeck hat kritisch nachgehakt.

Mit einem Bachelor oder Master im Gepäck geht’s mit Vollgas ins Berufsleben – in der Theorie. Nicht selten geht es aber auch direkt in die Arbeitslosigkeit, gerade bei Absolventen der Kunst- und Geisteswissenschaften. In so einer Lage hilft dann – trotz abgeschlossenen Studiums – nur ein Praktikum. Auch wenn es unbezahlt ist.

Teures Vergnügen: Wer an der RUB lernen will, Kunst zu kritisieren, muss viel auf dem Konto haben. Foto: Florian Hückelheim

Teures Vergnügen: Wer an der RUB lernen will, Kunst zu kritisieren, muss viel auf dem Konto haben. Foto: Florian Hückelheim

An der RUB gibt es nun ein weiterbildendes Studium, das genau dort ansetzt. Der Name lautet „Kunstkritik & Kuratorisches Wissen“. Dieser Aufbaustudiengang bietet ein unbezahltes Praktikum in der vorlesungsfreien Zeit. Renommierte Gäste aus Kunst, Kultur und Medien kommen nach Bochum, erzählen aus ihrem Arbeitstag und geben praktische Tipps. Außerdem werden die Studenten ein eigenes Ausstellungskonzept für ihr Praktikums-Museum entwickeln. Ob dieses Konzept tatsächlich realisiert wird, ist nicht klar. Eine Zusage gibt es nicht. Die Kosten für das Studium betragen 3.200 Euro für zwei Semester.

Teure Gäste sollen die Studis weiterbringen

Allein die 3.200 Euro sind ein Grund, mal genauer hinzuschauen. Das weiterbildende Studium, das im Wintersemester startet, ist deutschlandweit einmalig und orientiert sich an vergleichbaren Angeboten in der Schweiz und in England. Die Studenten sollen auf Tätigkeiten im Bereich Kunstkritik oder Ausstellungswesen vorbereitet werden. Zu den Gästen, die Schreibwerkstätten oder Workshops anbieten, gehören Redakteure des WDR, der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, sowie Künstler und Kuratoren aus NRW. Außerdem wird Peter Risthaus, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Germanistik in Bochum, die journalistischen Fertigkeiten vertiefen. Denn der permanente Austausch zwischen Theorie und Praxis soll in allen Ausbildungsphasen gewährleistet sein.

Ein Hauch vom Parfüm „élite no. 5“ weht über die wippenden Betonplatten der Ruhruni. Foto: Pressestelle der RUB
Ein Hauch vom Parfüm „élite no. 5“ weht über die wippenden Betonplatten der Ruhruni. Foto: Pressestelle der RUB

„Die Arbeitsmarkt-Situation ist nicht rosig“, sagt Dorothee Böhm, Koordinatorin des neuen Studiums und Dozentin am kunstgeschichtlichen Institut. „Bestimmte Qualifikationen können im grundständigen Studium wegen der verkürzten Studienzeiten nicht vermittelt werden.“ Das heißt: Im Kunstgeschichts-Studium kommt die Praxis zu kurz. Dabei ist Bochum im Vergleich zu anderen Universitäten noch relativ vorbildlich und bietet im Bachelor-Verlaufsplan ein Blockseminar an. Darin soll den Studierenden die Entwicklung einer Ausstellung praxisorientiert erklärt werden. Zusätzlich gibt es im Master ein Seminar „Design im Museum“, das Tipps zu Museums-Führungen gibt.

Regionale, nationale und internationale Vernetzung der Studenten wird als eines der Ziele des neuen Studiums deklariert. Fraglich bleibt, ob durch ein paar Treffen von renommierten Gästen gleich ein dichtes Netzwerk an Kontakten entsteht, das nicht auch durch Praktika in den Semesterferien entstehen kann.

Keiner will’s machen: Der Ruhruni fehlen die Bewerber

„In NRW profitieren wir von der großen Dichte an Museen“, sagt Dorothee Böhm, die schon eine Lösung für das mögliche Finanzierungsproblem vorschlägt: „Mir ist bewusst, dass das eine hohe Summe ist, aber mit Stipendien kann man das abfedern.“ Das klingt gut, doch nur rund zwei Prozent der Studierenden in Deutschland werden durch ein Stipendium gefördert. Aber günstiger kann das Studium aufgrund der hohen Kosten für die Anreise und Workshops der zahlreichen Gäste nicht gestaltet werden. Den Unterschied zu normalen Praktika in den Semesterferien sieht Dorothee Böhm in der „theoretischen Reflexion“ mit den Studierenden.

Beworben hat sich für den Studiengang bisher noch niemand. Aber immerhin gab es „einige Anfragen“, so Dorothe Böhm. Weil das nicht reicht, hat das Institut reagiert. Die Anmeldefrist, die erst beim 10. Juli lag, wurde verlängert. Außerdem wurden die Kosten durch eine Spende gesenkt: Denn ursprünglich waren 4000 Euro für zwei Semester vorgesehen.

Text: Tobias Fülbeck

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