Latex, Lack und Leder – ein Besuch im Fetisch-Geschäft

Schwarz-rot gemustert ist der Sack, der an zwei Stahlketten an der Decke baumelt. Mumienförmig und aufblasbar. Der Sack ist ein Sexspielzeug. Er hängt im Fetisch-Geschäft von Jens und Tanja Vogt, auf dem Gelände des ehemaligen Dortmunder Ostbahnhofs.

Jens Vogt hat sein Hobby zum Beruf gemacht

Jens Vogt hat sein Hobby zum Beruf gemacht

Die einen stehen auf Füße, andere finden Zahnspangen sexy, wieder andere mögen den Geruch von Latex. Menschen, die einen sexuellen Fetisch haben, werden von einem bestimmten Gegenstand oder Material sexuell erregt. Ob ein Fetisch nun eine sexuelle Vorliebe ist oder eine behandlungsbedürftige Störung, darüber gehen die Meinungen innerhalb der Psychologie auseinander. Für Jens Vogt hat Fetischismus vor allem mit Spaß zu tun. Mit Neugier und der Lust, Neues auszuprobieren. Der Maschinenbau-Ingenieur interessiert sich schon seit langem für Latex. Er mag das Gefühl des Gummis auf der Haut und findet, dass es einfach gut aussieht. Als er vor ein paar Jahren in seinem Lieblingsladen einkaufen war, wusste er sofort: Das will ich machen. 2005 mietete er zusammen mit seiner Frau eine leerstehende Lagerhalle auf dem Gelände des ehemaligen Dortmunder Ostbahnhofs. Auf zwei Etagen verkaufen sie Latexmieder, Dildos, Peitschen, Masken mit Knebeln, Latexcatsuits und Kopfbedeckungen in Hundeform. Zu den ausgefallensten Artikeln gehört ein aufblasbarer, schwarzer Ball, in den zwei Personen hineinpassen. Sie atmen durch Luftschläuche – sehen, hören oder sich bewegen können sie in dem Ball nicht. Wieso Menschen sich freiwillig in so etwas einsperren lassen? „Bei vielen wird dadurch, dass sie andere Sinne ausschalten, die Lust gesteigert. In dem Moment,  in dem man nichts mehr sehen, hören oder sich nicht mehr bewegen kann, konzentriert man sich viel stärker auf die gerade stattfindende Sexualität“, erklärt Vogt. Sensorische Depression heißt der wissenschaftliche Fachbegriff dafür.

Der typische Kunde steht mitten im Leben

Wer bei Demask in Dortmund einkauft, hat den Laden meist für sich allein. 15 Kunden am Tag, das ist das absolute Maximum. „Das hier ist keine normale Boutique. Unser Kundenstamm ist sehr viel kleiner. Und die Menschen kommen hier nicht zufällig vorbei, sondern sie fahren oft viele Kilometer und bleiben auch mal ein paar Stunden“, sagt Jens Vogt.

Latex in verschiedensten Formen

Latex in verschiedensten Formen

Den typischen Fetischisten gibt es nicht, sagt Tanja Vogt. Während Pärchen sich in der zweiten Etage der sonnendurchfluteten Lagerhalle aufblasbare Knebel anschauen, kocht sie unten Milchkaffee. „Was ich bei vielen unserer Kunden beobachte, ist, dass das Menschen sind, die mitten im Leben stehen, die Erfolg im Beruf haben, Verantwortung tragen. Für sie ist zum Beispiel diese Fessel-Geschichte eine Möglichkeit, sich einfach mal fallen zu lassen. Nicht zu befehlen, sondern zu gehorchen“, sagt Tanja Vogt. Ihr Mann glaubt, dass Menschen mit einer gewissen Bildung eher bereit sind, herumzuexperimentieren. „Bei vielen steht auch der ästhetische Aspekt im Vordergrund. Sie finden einfach, dass der Körper in Latex schöner aussieht, straffer, glatter“, findet Jens Vogt. Junge Menschen in den Zwanzigern sind nur selten Kunden. Jens Vogt glaubt, dass es daran liegt, dass die Sexualität sich über die Jahre hinweg entwickelt. „Man muss erst einmal das Gespür dafür entwickeln, was man will. Niemand steigt von einem auf den nächsten Tag in einen aufblasbaren Ball und findet das toll. Das passiert Schritt für Schritt.“

Fetischismus – ein teures Hobby

Wer auf Bondage steht, es also mag, gefesselt zu werden, oder wer Latex stimulierend findet, der muss bereit sein, viel Geld auszugeben. 300 Euro für ein Mieder sind Normalpreis. Ein Mumiensack, in dem man dem Partner vollkommen ausgeliefert ist, kostet über tausend Euro. Das hat seinen Grund: „Verglichen mit normalen Bekleidungsläden ist unsere Auflage sehr viel kleiner. Außerdem werden die einzelnen Teile in stundenlanger Kleinarbeit von Hand gefertigt. Dazu kommt das teure Material“, sagt Jens Vogt. Angeeckt ist das Ehepaar mit seinem Laden bisher nicht. Die Gesellschaft sei Fetischismus gegenüber offener geworden. Das liege auch an den Medien: In Werbekampagnen werden ganz selbstverständlich Latexhosen mit Baumwollkleidung kombiniert; bekannte Kleidungsketten verkaufen glänzende Leggings, die stark an Latex erinnern. Zwei Mal im Jahr laden die Vogts zu einer Fetisch-Party ein. Kommen kann jeder, der Lust hat. Die einzige Vorgabe: Man muss Latex, Lack oder Leder tragen. Die Partys sind auch dazu da, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, über sexuelle Vorlieben zu sprechen, neue Anregungen zu bekommen. Denn obwohl die Akzeptanz in der Gesellschaft gewachsen ist: Ganz offen über ihren Fetisch reden können die Betroffenen immer noch nicht.

1 Comment

  • Andy sagt:

    Na hoffentlich liest das niemand vom AStA, da gibts dann gleich wieder nen „Offenen Brief“ – hoffe, keine schlafenden Hunde geweckt zu haben 😛

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