Pepper statt Tupper: Früher trafen sich Hausfrauen gern zum gemeinsamen Dosenkauf bei Sekt und Knabbereien. Die emanzipierte Frau von heute will aber etwas anderes besorgen, ihren eigenen Orgasmus zum Beispiel oder ein bisschen Abwechslung zu zweit. Alles was sie dafür braucht, gibt es bei einer Pepperparty im heimischen Wohnzimmer.
Ein rotes Samttuch liegt auf dem Wohnzimmertisch einer Bochumer Studenten-WG. Es gehört allerdings nicht zum Inventar, sondern zu Silke Enubele: 48 Jahre, rotblonde Mähne, leicht rauchige Stimme, Expertin für Dildos, Vibratoren und andere erotische Dinge, die sie an diesem Abend unter ihrem Tuch hervorzaubern wird. Sie drückt noch schnell ihre Zigarette aus. „Dreht die Heizung schon mal runter“, sagt die Beraterin zu den jungen Frauen, die sich bereits mit Sektglas in der Hand um sie versammelt haben. „Ich garantiere euch, gleich wird es hier sehr warm!“

Immer an der Nase testen: Das Organ hat ähnlich viele Nerven, wie die weibliche Klitoris. Foto: Laura Zacharias
Persönliche Atmosphäre
Als die Runde, die Gastgeberin Charly Goldhagen zur „Pepperparty“ in ihre WG geladen hat, komplett ist, legt Frau Enubele los. Oder besser: Silke. „Sagt bitte du zu mir“, ruft sie in die Frauenrunde und erklärt: „Sätze wie ‚Geben Sie mir bitte mal den Vibrator rüber‘, das geht gar nicht.“ Anstatt das geheimnisvolle Tuch zu lüften, beginnt sie jedoch mit einer großen Glasschale, in der allerlei niedliche Figuren in einer, laut Silke „besonders hautfreundlichen“, Badeessenz schwimmen. „Greift zu, holt die Dinger mal heraus“, lautet die Anweisung. Zunächst herrscht höfliche Zurückhaltung im Raum, ein paar Mädchen greifen aber schließlich doch beherzt ins Blaue hinein.
„Dolly Dolphin“, „Angelo“ und „Baby Buck“ machen kaum Geräusche und dürfen von jeder Teilnehmerin an der Nase in allen acht Vibrationsstufen getestet werden. Auch „Flash Gordon“ macht die Runde und erntet neben ein wenig Gekicher einige Ahs und Ohs: „Das ist jetzt ein Akkugerät“, erklärt Silke. „Ihr merkt ja gleich, der Flash hat noch wesentlich mehr Power.“ Sie zeigt auf die Spitze, die vom Schaft des kleinen, pinken Vibrators abgeht. „Der stimuliert außerdem noch super die Klitoris“.

Blinde Verführung: Silke Enubele zeigt an Versuchskanninchen Mareike, was man mit Maske und Handschellen so alles anstellen kann. Foto: Laura Zacharias
Dann braucht die 48-Jährige eine Freiwillige „mit einem Outfit, das etwas mehr Haut zeigt“. Es trifft Mareike. Sie bekommt eine Augenbinde aufgesetzt, zwei weiche Neoprenfesseln um die Handgelenke gelegt und wird mit Hautmalfarbe mit Schokogeschmack angemalt. „Wenn du richtig rätst, was ich male, gibt es eine Belohnung“, verspricht die Beraterin. „Wenn du allerdings falsch liegst, wirst du bestraft!“ Das sorgt für Stimmung. „Sag mal was Falsches“, ruft es aus der Menge der Mädchen.
Fragen ist erwünscht
„Klitorisstimmulation“, „Rektum“ und „Liebeskugeln“: Begriffe, die anfangs noch zum Lachen bringen, sind nach ein paar Stunden Usus für die Studentinnen geworden. Denn Beraterin Silke Enubele erklärt nicht nur geduldig, was man mit Dildos, Vibratoren, Gleitgel und Co. so alles anstellen kann. Sie plaudert auch locker und entspannt über alle möglichen Fragen, die nicht von „Dr. Sommer“ und seinem „Team“ beantwortet wurden.
Doch auch dafür ist die Pepperparty da: Es geht um den G-Punkt und Beckenbodenmuskeln, Analsex und die besten Techniken zum gegenseitigen Anfassen. „Ich weiß Mädels, es ist schwierig“, sagt Silke. „Wenn man einem Mann sagt wie man es gut findet, macht er es immer so!“ Einige Mädchen im Raum nicken. Doch Schema F, sei eben gerade in langen Beziehungen oft der schlimmste Lustkiller und gerade dafür sei Sexspielzeug die beste Möglichkeit, auf charmante Art und Weise etwas Abwechslung in die Sache zu bekommen, empfiehlt die 48-Jährige und plaudert vergnügt aus ihrer persönlichen Erfahrung.
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eldoradio*: Reportage von einer Dildoparty
Pepperparties bietet Silke übrigens nicht für Paare, sondern nur für Frauen an. „Ich habe damit schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Auch wenn Dildos und Vibratoren gerade auch für Abwechslung zu zweit geeignet wären, könnten einige Männer mit der vermeintlichen „Konkurrenz“ der penisartig geformten Geräte nicht umgehen. „Darum sind die Frauenrunden meist viel lockerer und lustiger.“
Keine Bestellpflicht
Nach knapp vierstündiger Präsentation verschwindet Silke im Nebenzimmer: Bestellen muss nämlich niemand, und schon gar nicht vor den anderen. Trotzdem wird im Wohnzimmer der Dildohaufen auf dem Tisch durchgewühlt und dabei rege beratschlagt, welcher Vibrator wohl das beste Preis-(Vibrations-) Leistungs-Verhältnis hat. Erfahrene Pepperparty-Besucherinnen wie Charly, die schon zum zweiten Mal Gastgeberin ist, helfen. Im Gegensatz zu vielen Männern habe ihr Freund kein Problem mit Sexspielzeug sagt sie: „Im Gegenteil. Der hat mich erst so richtig drauf gebracht!“
Lust bekommen? So funktioniert`s:
Dildo-Partys kann man übers Internet buchen: Neben Pepperparties gibt es auch noch Die Beate Uhse Ladies Night und Besuche von der Dildofee. Auf den Websites kann man Kontakt zu einer Beraterin aus der Region aufnehmen, mit der ein individueller Partytermin vereinbart wird.
Eine Gastgeberin stellt ihre Wohnung für den Party-Abend zur Verfügung und lädt mindestens acht Freundinnen über 18 Jahren ein. Die Veranstaltung ist kostenlos, vom Gewinn des Abends bekommt die Gastgeberin zehn Prozent Rabatt auf ihre eigene Sexspielzeug-Bestellung.