Wo Studenten von der EU profitieren

 Ob Gurkenverordnung, Glühlampenverbot oder Staubsaugerregulierung – der Europäische Union wird oft ein Regulierungswahn und eine Entmündigungspolitik vorgeworfen. Europa-Kritik steht deshalb im Zentrum vor der Wahl des Europa-Parlaments am kommenden Sonntag, 25. Mai. Selbst die Parteien machen am liebsten klar, was sie von der EU nicht wollen oder was die EU nicht leistet. Dabei gibt es in der EU neben Schwarz- und Grau- auch Weißtöne. Etwa im Engagement der EU für Bildung und Wissenschaft. Davon profitieren nicht zuletzt die Studenten.

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„EU-Bashing“ ist zu einem Volkssport geworden. Die positiven Seiten der EU werden dabei gerne verschwiegen. Auch Studenten profitieren von ihr. Foto: farblos/pixelio.de

Fast jeder Student kennt das Austauschprogramm „Erasmus“, das seit seiner Aufwertung „Erasmus+“ heißt. Darunter werden jetzt alle Austausch- und Fortbildungsprogramme der EU zusammengefasst. Hierbei fördert die EU Studienaufenthalte im Ausland, Auslandspraktika im Rahmen des Studiums, Lehraufenthalte sowie Fortbildung von allgemeinem Hochschulpersonal. „Für die Zukunft wollen wir außerdem eine bessere Anerkennung der im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen erreichen“, sagt Dr. Renate Sommer, EU-Parlamentarierin der CDU. „Um den Studierenden die Entscheidung für eine ausländische Hochschule zu erleichtern, wollen wir ein Güte-Siegel für besonders vorbildliche Einrichtungen.“

Anerkennung von Studienleistungen als Leistung der EU

Stella Tutunzi, Mitarbeiterin der Grünen-EU-Parlamentarierin Helga Trüpel, ergänzt, dass die europaweite Anerkennung der Studienleistungen und -abschlüsse ebenfalls eine Leistung der EU sei: „Hierzu größtenteils beigetragen hat der Bologna-Prozess. Aber auch Instrumente wie der Europäische Qualifikationsrahmen und der Europass spielen eine Rolle, um Abschlüsse europaweit vergleichbarer zu machen und somit die Mobilität zu erleichtern.“

Neu bei „Erasmus+“ ist unter anderem, dass jeder Student als Erasmus-Stipendiat pro Studienabschnitt 12 Monate im Ausland verbringen darf. Im Extremfall wären also je einjährige Auslandsaufenthalte im Bachelor, Master und bei der Promotion möglich. Ebenfalls neu ist, dass sich Master-Studenten für ein Darlehen-Programm bewerben können. Bis zu 18.000 Euro Förderung für zwei Jahre sind möglich. „So können Master-Studierende ihren kompletten Abschluss im Ausland finanzieren“, erklärt Sommer.

Universität Salzburg (PR)

Durch „Erasmus+“ ermöglicht die EU den Studeneten Auslandsaufenthalte. Foto: Universität Salzburg (PR)

Die EU lässt sich „Erasmus+“ 14,5 Milliarden kosten

Allein vom 1. Juli 2013 bis zum 30. September diesen Jahres fließen rund 50,7 Millionen Euro in das Erasmus-Programm an deutschen Universitäten. Unter anderem 251.322 Euro an die TU Dortmund, 116.214 Euro an die FH Dortmund und 616.363 Euro an die Ruhr-Universität Bochum. Die EU lässt sich „Erasmus+“ also einiges kosten: Insgesamt stellt sie für die Laufzeit des Projekts (2014 bis 2020) 14,5 Milliarden Euro bereit. Dafür wurde der Etat um 40 Prozent erhöht. 

Während „Erasmus+“ die Mobilität europäischer Studenten fördert, soll von dem Projekt „Horizont 2020“ vor allem die Wissenschaft profitieren. 70 Milliarden Euro stehen für den Nachfolger des 7. Forschungsrahmenprogramms zur Verfügung, auch dieses Programm läuft von 2014 bis 2020. Bei „Horizont 2020“ werden alle Förderprogramme der EU-Kommission zusammengeführt, die sich mit Forschung und Innovationsprojekten befassen. „Gerade für Hochschulen sollen vereinfachte Regelungen und Verfahren für die Antragstellung gelten“, erklärt Petra Kammerevert, die für die SPD im Europa-Parlament Bildungspolitik macht. „Ich bin davon überzeugt, dass das Programm spürbar helfen kann, die Forschungsarbeit an deutschen Universitäten und Hochschuleinrichtungen zu vertiefen und zu verbreitern.“

Auch Ruhrgebiets-Unis profitieren von Förderprogrammen

Wie die Hochschulen des Ruhrgebiets von den Förderprogrammen profitieren, zeigt das Beispiel der Ruhr-Universität Bochum: Laut Dr. Patrick Schulte, EU-Referent der RUB, werden aktuell 40 Forschungsprojekte an der RUB durch EU-Drittmittel gefördert; davon 36 Kooperationsprojekte und vier Einzelförderungen, sogenannte ERC-Grants. Laut Statistik- und Informationsportal der RUB flossen etwa 2012 EU-Fördergelder in Höhe von 10,6 Millionen Euro nach Bochum – immerhin knapp zehn Prozent der Gesamt-Drittmittel der Uni.

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Durch das Programm „Horizon 2020“ profitiert auch die universitäre Forschung von der EU. Foto: Michael Bührke/pixelio.de

Mit EU-Geldern geförderte Projekte gibt es auch an der TU Dortmund, etwa am Institut für Transportlogistik (ITL). Professor Doktor Uwe Clausen führt hier das Projekt „news“ durch, in dessen Rahmen auch eine Master-Arbeit entsteht. „‘news‘ beschäftigt sich mit Innovationen für die Binnenschifffahrt, insbesondere für die Donau. Das ITL der TU Dortmund ist hier neben der TU Wien und anderen Partnern aktiv“, so Clausen.

Unterstützung können theoretisch alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der TU vom EU-Büro der Universität erhalten. „Wir sind die Nahtstelle zwischen den Projektpartnern, den Fakultäten, der Verwaltung und der EU-Kommission“, erklärt die Leiterin der EU-Büros, Dorota Pawlucka. Ihr Büro helfe bei der Planung der Projekte, der Antragsstellung zur Förderung, der Projektdurchführung und der abschließenden Abrechnung.

Sicherlich gibt es sie auch hier wieder, die kritischen Stimmen an den Programmen der EU. Am Beispiel von „Erasmus+“ mitunter zurecht. Die Grünen-Abgeordnete Trüpel etwa nennt die Etaterhöhung auf ihrer Homepage Augenwischerei. „Nicht berücksichtigt wird die Tatsache, dass es eine Erweiterung der EU um Kroatien gab“, schreibt Trüpel. „Daher hinkt der Vergleich um die angebliche 40 Prozent Steigerung.“ Im Bildungs- und Forschungsbereich gibt es also noch immer Verbesserungsbedarf. Und trotzdem: Hier zeigt die Europäische Union zumeist ihre guten Seiten – nicht zuletzt für die Studenten.

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