Feel the Bern – Junge Amerikaner wollen Sanders‘ Reformen

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Die Vorwahlen am 9. Februar in New Hampshire haben sowohl bei den Republikanern als auch bei den Demokraten für Aufsehen gesorgt: Die radikalen Außenseiter Donald Trump und Bernie Sanders bekamen jeweils die meisten Stimmen ihrer Parteien und konnten ihre Mitstreiter weit zurück lassen. Zu verdanken haben sie das in erster Linie jungen Wählern. Vor allem für Hillary Clinton, Sanders‘ Rivalin im demokratischen Lager, ist das ein herber Rückschlag. Sie galt lange als Favoritin für die US-Präsidentschaft.

Deutlich konnten sich Sanders und Trump in New Hampshire durchsetzen. Bei den Republikanern fielen dreimal so viele Stimmen auf den rechtspopulistischen Trump wie auf jeden einzelnen seiner Mitstreiter. Die Demokraten entschieden sich mit 55,2 Prozent der Stimmen für den lange nicht ernst genommenen Sanders. Clinton musste mit 17 Prozentpunkten weniger ihre Niederlage eingestehen. Das lag vor allem an einer Wählergruppe: Mehr als vier von fünf jungen Amerikanern, 18 bis 29 Jahre alt, wählten den Senator aus Vermont. Clinton konnte gerade einmal 16 Prozent der jungen Wähler für sich gewinnen. Nicht einmal bei den Frauen hatte sie gegen Sanders eine Chance: 55 Prozent entschieden sich gegen die potentiell erste Präsidentin der USA.

Bei der ersten Vorwahl in Iowa Anfang Februar hatte sich Clinton noch ganz knapp mit 0,3 Prozent mehr Stimmen gegen ihren Rivalen Sanders durchgesetzt. Aber schon hier hatte sich gezeigt: Bei den jungen Wählern triumphiert er. Satte 84 Prozent stimmten für Sanders. Dieser Trend kann für Clinton – ehemals unangefochtene Favoritin der Demokraten – zur Gefahr werden. Immerhin machen die 18- bis 29-Jährigen mehr als ein Fünftel der wahlberechtigten Bevölkerung der USA aus.

Warum entscheiden sich jetzt so viele junge Amerikaner für Sanders und gegen Clinton? Aufschluss gibt eine Umfrage der New York Times im Rahmen der Vorwahlen in New Hampshire. Die demokratischen Wähler wurden gefragt, wen sie für einen ehrlichen und vertrauenswürdigen Kandidaten hielten. Die Antwort – ein Schlag ins Gesicht für Clinton: Fast niemand vertraute auf sie.

Auch auf Twitter machen Nutzer deutlich, dass Clinton das Vertrauen fehlt:

Grund für dieses Misstrauen gegenüber der 68-Jährigen ist aber nicht nur ihre „E-Mail-Affäre“ aus dem letzten Jahr. Sie hatte damals in ihrer Funktion als Außenministerin ihre private E-Mail-Adresse für Staatsangelegenheiten genutzt. Die junge Wählerschaft macht jetzt vor allem deutlich, dass sie einen klaren Wandel möchte: weg vom Establishment. Doch genau für diese politische und wirtschaftliche Elite steht Clinton als ehemalige US-Außenministerin mit ihren zahlreichen Verbindungen zur Wall Street.

Ganz anders: Bernie Sanders. Er bezeichnet sich selbst als „demokratischen Sozialisten“ und war lange Jahre als unabhängiger Kandidat im Amt. Der 74-Jährige möchte den Wohlfahrtsstaat dank höherer Steuern für Reiche ausweiten und die US-Finanzmärkte stärker regulieren. Bei Studierenden gewinnt er vor allem mit einer zentralen Forderung Gehör: Die immens hohen Studiengebühren für amerikanische Universitäten will er als Präsident abschaffen. Im Durchschnitt sind Absolventen am Ende ihres Studiums mit 35.000 US-Dollar verschuldet. 

Bei den Republikanern spielte die junge Wählerschaft zuletzt in New Hampshire auch eine entscheidende Rolle bei Trumps Sieg. Von den unter 30-Jährigen bekam er mehr als doppelt so viele Stimmen wie jeder seiner Mitbewerber. Ähnlich zu den Demokraten geht es den jungen Republikanern um einen möglichst drastischen Wechsel weg vom Status Quo. Kaum ein Republikaner hätte sich vor Trump getraut, rechtspopulistische Themen – Mauerbau an der Grenze zu Mexiko, keine Flüchtlinge in den USA – so drastisch zu artikulieren. Dennoch ist das Bewerberfeld bei den Republikanern deutlich breiter gestreut als bei den Demokraten. Noch sind fünf Kandidaten im Rennen. Die weiteren Vorwahlen werden zeigen, ob Trumps Skandal-Politik sich durchsetzt.

Clinton finanziell im Vorteil

Auch im demokratischen Lager ist noch nicht klar, ob die Begeisterung der jungen Amerikaner ausreicht, um Sanders zum Kandidaten der Demokraten zu küren. Denn um dieses Ziel zu erreichen, müssten die 18- bis 29-Jährigen auch zur Wahl gehen. Bei der letzten Präsidentschaftswahl tat das aber nur jeder dritte junge Amerikaner. Ein weiterer Vorteil für Clinton: In neun von zehn Fällen hat bisher der Kandidat die Wahlen gewonnen, der die meisten Unterstützergelder sammeln konnte. Hier liegt die 68-Jährige dank ihrer Verbindung zum Establishment mit mehr als 160 Millionen US-Dollar deutlich in Führung. Sanders konnte bisher lediglich 75 Millionen sammeln. Für seine Unterstützer kein Grund zum Aufgeben: Auf sozialen Netzwerken versuchen sie weiter, das Feuer für Bernie zu entfachen – #FeelTheBern.

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