Das Terminator-Projekt

Das Paradies der Pumper. Fotos (9): Anna Palm, Franziska Weil / Teaserbild: Jutta Kotte

Erst auf der Hantelbank leiden, dann den Shake kippen. Sind Protein-Shakes wirklich gesund? Können das nicht auch Naturprodukte wie Fisch, Magerquark und Vollkornbrot leisten? Laut Ernährungsexperte Uwe Schröder soll eine Kombination aus Naturprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln am effektivsten sein. Genau darauf setzt auch Kraftsportler Marius. Aber er hat sich nicht immer so ausgewogen ernährt.

Er kennt 1001 Magerquarksorten, denn das ist die Proteinbombe für den Muskelaufbau. Seine Freunde verdrehen leidend die Augen, wenn er auf Partys das Bier ablehnt und routiniert nach dem stillen Wasser greift. Und sollte er jemals auf der Anklagebank sitzen, hätte er ganz sicher ein rettendes Alibi: „Ich war im Gym.“ Dort, wo der Schweiß strömt und die dröhnende Musik zum Motivationssoundtrack wird, fühlt Marius Dittmann sich zu Hause. Viermal die Woche trainiert der 20-Jährige jeweils anderthalb Stunden im Fitnessstudio. Dazu kommt noch ein exzessives Lauftraining. 

Auch heute marschiert er zielstrebig zur Empfangstheke, die Mitgliedskarte zückt er selbstverständlich und stolz wie andere nur ihren Porscheschlüssel. „Guten Morgen“, sagt er zu der Mitarbeiterin, die ihm ein mütterliches Lächeln schenkt. Marius durchquert das Fitnessstudio und steuert auf die Umkleiden zu. Er hat einen struppigen Bart, noch trägt er eine armeegrüne Jacke. Wie ein typischer Muskelprotz wirkt er nicht, er ist mit seinen längeren Haaren und seiner sportlichen Statur eher ein Fitness-Tarzan.

Hanteln auf Vorrat

Aber das reicht ihm nicht, er hat ein noch größeres Ziel. „Ziemlich leer hier für einen Samstag“, sagt Marius, bevor er in die Umkleiden entschwindet. „Normalerweise gäbe es jetzt an jedem Gerät eine Schlange.“ Aber heute verteilen sich nur gut fünfzehn Leute über den Raum, der die Größe einer Turnhalle hat. Die Spiegelwand am anderen Ende lässt ihn noch einmal größer wirken. Davor reihen sich dermaßen viele Hanteln aneinander, als hätte jemand sie auf Vorrat gekauft. 

Marius Dittmann ist der Fitness-Tarzan.

 Als Marius wieder auftaucht, trägt er eine Kappe und ein braunes T-Shirt, auf dem ein Affe grimmig über eine Banane sinniert. Der Fitness-Tarzan hat seinen Affen dabei. „Ich bin gerade total motiviert, weil ich beim Training den ganzen Stress der Arbeit abbauen kann“,  sagt er. Bevor es an Bizeps, Schulter und Rücken geht, muss er sich erst einmal aufwärmen. Das sei immerhin sehr wichtig.

Zum Strampeln geht’s auf das Spinning-Rad, natürlich mit Trinkflasche und iPhone. „Meine Motivation ist definitiv der Fortschritt“, erklärt er. „Jedes Mal wenn ich meine Leistung noch weiter verbessere, ist das einfach ein super Gefühl.“

Danach entdeckt er seine Fitnesskumpels – Hase und Tingel-Tangel-Bob, wie Marius sie nennt – mit denen er natürlich sofort abklatscht. „Jo Marius, was läuft?“, fragt der Hase. „Wie immer, und selbst?“ „Auch! Schon dabei?“ „Geht jetzt los!“ „Hau rein“, sagen sie und gehen wieder an ihre Geräte. Die Zwei könnten unterschiedlicher nicht sein: Hase sieht aus wie eine kleine Kampfmaschine und Tingel-Tangel-Bob ist als großer schlaksiger Kerl das totale Kontrastprogramm zu Hase.

Vom Schmerz motiviert

Marius befestigt die 60 Kilogramm schweren Gewichte an der Langhantel. Dann beugt er die Knie leicht, fasst die Hantel mit beiden Händen und zieht sie von der Mitte seiner Oberschenkel bis hoch zu seinen Hüften. Achtmal macht er das, fünfmal wird die Übung wiederholt. Sein sonst immer amüsiert wirkendes Gesicht verzerrt sich dabei, aber Indianer kennen keinen Schmerz – und Tarzan auch nicht.

Damit er sich weiter entwickeln kann, müsse eine Übung auch manchmal wehtun. Er geht an seine Grenzen, will immer besser werden. „Letztes Mal habe ich 100 Kilo beim Bankdrücken geschafft, das war schon echt mein Limit. Trotzdem versuche ich dann beim nächsten Mal die 102 oder die 105 zu erreichen“, sagt er. Beim Bankdrücken liegt er auf dem Rücken und hebt eine schwere Langhantel mit beiden Händen senkrecht nach oben.

Ein bisschen Schmerz gehört beim Pumpen dazu.

  Alle Übungen tragen einen Hauch amerikanischer Actionfilme im  Namen: Bent Over Row oder Barbell Shrug, Clean And Press oder  Deadlift. Auf Deutsch gibt es das nicht ganz so  elegante „Seitheben bis zum Kotzen“. Dabei hebt Marius eine Hantel  mit gestrecktem Arm zur Seite hoch. Er macht Klimmzüge, er trainiert  seine Schultern, er stemmt und zieht an Gewichteblöcken.

Irgendwann  will er alle insgesamt 110 Kilo schweren Gewichtblöcke mit dem Bizeps  zur Brust ziehen können. Dabei pulsiert der Bananenaffe auf seinem T- Shirt. Es sieht aus, als würde er zusammen mit Marius bis ans Limit gehen.

Marius‘ Vorbild ist der amerikanische Schauspieler und  ehemalige Bodybuilder Arnold Schwarzenegger. Dessen schon schmerzhaft aussehende Panzerbrust ist für ihn „die Perfektion eines Körpers.“  So extrem wie jetzt trainiert Marius erst seit einem Jahr. „Ich habe mit dem vielen Sport angefangen, weil ich ein bisschen übergewichtig war“, sagt er. „Ich wollte am Strand nicht immer der mit dem Bauch sein. Das hat mich irgendwann einfach gestört.“

20 Kilo abgenommen

Abnehmen, darum ging es Marius am Anfang. Da wog er 93 Kilo. Als er dann mit seinen 1,88 Meter Körpergröße 73 Kilo schwer war, beschloss er, dass dieses nur das erste Ziel von vielen sein sollte. Von da an trainierte er, um Muskeln aufzubauen. Wenn er sich heute Fotos von früher anguckt, ist er ziemlich stolz.

Nach den  schweißtreibenden Übungen vergisst er auch nicht, sich zu dehnen. Erst dann verabschiedet Marius sich von Hase und Tingel-Tangel-Bob, geht duschen und verlässt den Fitness-Dschungel. Die körperliche Arbeit ist damit für heute abgeschlossen – das ganze Projekt aber noch nicht. Denn Tarzan will zum Terminator werden.

Mehr zu Marius‘ Shake-Routine und der richtigen Sporternährung auf Seite 2.

Von Anna Palm und Franziska Weil

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