Namen-Niete für Herner Stadion

Premiere im deutschen Fußball: Westfalia Herne verloste seinen Stadionnamen. Beim letzten Heimspiel des Revier-Underdogs wurde das Glückslos gezogen. Doch der Gewinner will der Spielstätte gar keinen neuen Namen geben.

Ratlose Gesichter bei der Auslosung

Ratlose Gesichter nach der Auslosung (v. l.): Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck, Präsident Horst Haneke und Manager Ingo Finkenstein. Foto: Matthis Dierkes

Zunächst wollte der Glückspilz, Tobias Holkenbrink aus Münster, sein Los an Westfalia Herne zurückgeben. Er habe den Fünftligisten einfach nur unterstützen und gar nicht gewinnen wollen. Der Verein solle selbst entscheiden, was er mit dem Namen macht. Als die Klub-Verantwortlichen daraufhin erklärten, den Namen eventuell an einen Sponsor verkaufen zu wollen, gab es einen Aufschrei der anderen Loskäufer.

Von einem „abgekarteten Spiel“ war die Rede. Das Management sei mit dem Gewinner per Du, schrieb die WAZ. Teilnehmer der Verlosung witterten Betrug, der Verein wolle doppelt abkassieren.

Jetzt treffen sich die Herner Verantwortlichen am Donnerstag (28. Oktober) mit dem 29-jährigen Gewinner, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Das Bangen der Herner Fans um den alten Namen Stadion am Schloss“ es geht also weiter.

Für Anja Pflüger soll ohnehin alles so bleiben, wie es ist. Die 41-Jährige ist Westfalia-Fan durch und durch. In Herne wurde sie geboren, dem Verein aus ihrer Heimatstadt hält sie die Treue. Sonntags arbeitet sie hinter der Theke im Bierstand. Bei Wind und Wetter. Egal, wie gut oder schlecht die Mannschaft spielt. Auch beim Heimspiel gegen den FC Wegberg-Beeck war sie im Einsatz. In der Halbzeitpause sollte das Stadion einen neuen Namen bekommen.

Und deshalb drückte Anja Pflüger gleich doppelt die Daumen. Nicht nur den Jungs auf dem Platz, sondern auch für ihr Stadion am Schloss Strünkede. „Hoffentlich lässt der Gewinner alles beim Alten“, sagte sie. Auch wenn es nur bis zum Ende der Saison wäre – die letzte Erinnerung an die glorreichen Zeiten der Westfalia Herne ist für viele der Stadionname. So hieß die Spielstätte schon, als die Mannschaft 1959 Westdeutscher Meister wurde.

Verein in der Krise

Mittlerweile geht es dem Verein deutlich schlechter: Leere Kassen und leere Ränge sind die großen Probleme, die der neue Manager Ingo Finkenstein bekämpfen wollte. Vor dem Wirbel um den neuen Namen hoffte auch er noch insgeheim, dass der Gewinner der Verlosung einfach den alten Namen beibehalten würde. „Viele Fans hängen da mit Herz und Seele dran“, hatte Finkenstein in Interviews gesagt.

Die ungewöhnliche Werbeaktion ließ ganz Deutschland aufhorchen. Über Monate hinweg hatten die Medien über die Situation des Vereins berichtet, es kamen die kleinen Lokalzeitungen und die großen Fernsehteams.

Das Ergebnis war jedoch ernüchternd: Gerade einmal 1528 Lose wurden verkauft, das selbst gesteckte Minimalziel damit nur knapp übertroffen. Und auch am Tag der Verlosung waren nicht viel mehr Fans als sonst gekommen. Darauf hatten die Veranstalter als zusätzliche Einnahmequelle gehofft. Nur die wenigsten waren extra mit ihrem Los in der Tasche angereist. Die Anhänger mit Herne-Schals und Herne-Pullovern hatten fast alle den gleichen Plan: Falls sie gewinnen, bleibt der alte Stadionname. Oder die Spielstätte wird nach dem Ehrenpräsidenten Jürgen Stieneke benannt. Andere Vorschläge: Das Kürzel einer karitativen Einrichtung oder gar der eigene Name sollte künftig über dem Stadioneingang stehen.

In der Halbzeitpause war es dann soweit. Die große Lostrommel wurde in den Mittelkreis getragen. Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck rührte einmal um und zog einen kleinen Zettel heraus. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen präsentierte er die Nummer „0231“. Von da an herrschte Ratlosigkeit. Der Gewinner war nicht auf der Tribüne. Manager und Präsident versuchten ihn vergeblich zu erreichen. Erst als die Glücksnummer mit der Namensliste abgeglichen wurde, stand fest: Der Gewinner heißt Tobias Holkenbrink und kommt aus Münster. Der neue Stadionname? Ein großes Fragezeichen. Und daran ändert sich auch erstmal nichts.

Als der Regen dann einsetzte und der FC Wegberg-Beeck in letzter Minute den Ausgleich erzielte, verließen die Herner missmutig ihr Stadion. Ein chaotischer Nachmittag ging damit zu Ende. „So ist das nun mal in Herne“, sagte Anja Pflüger und zuckte mit den Schultern. Eine schöne Aktion war das, zumindest für die klammen Kassen des Vereins, fand sie. Und war guter Dinge, dass der neue Manager im Verein weiter etwas auf die Beine stellen wird. Dann schaute sie nachdenklich über den Platz. Und hoffte, dass sie in zwei Wochen wieder im „Stadion am Schloss“ sein würde.

Vielleicht darf sie sich sogar ein wenig Hoffnung machen wenn Gewinner Tobias Holkenbrink und der Herner Vorstand sich verständigen, alles beim Alten zu lassen.

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