Duell am Donnerstag: Schreiben oder schieben? Die Sache mit den Klausuren

Jedes Semester stellen wir uns aufs Neue die Frage: Klausuren schreiben oder schieben? Eigentlich möchten wir die vorlesungsfreie Zeit entspannt angehen lassen, da stören Klausuren nur. Und wenn wir zwei Semester länger studieren, ist das doch auch kein Beinbruch, oder? Jan Kischkel und Svenja Kloos sind da geteilter Meinung.

Keine Zeit verlieren!

findet Svenja Kloos.

„Für Statistik lernen? Mache ich morgen! Und zur Not schreibe ich die Klausur eben im nächsten Semester.“ Klarer Fall von Prokrastination, Aufschieberitis. Was ich heute könnt‘ besorgen, das verschieb ich gern auf morgen. Doch damit muss Schluss sein, besonders in puncto Klausuren!

Wer einmal schiebt, tut’s immer wieder

Die Studienordnung ist so konzipiert, dass wir das Studium in einer vorgegebenen Zeit gut schaffen können – samt allen Leistungen, die dazugehören. Natürlich ist es nicht schlimm, durch Klausuren durchzufallen und sie im nächsten Semester zu wiederholen. Aber wer durch eine Klausur durchrasselt und zwei andere schiebt, der wird ein halbes Jahr später gar nicht mehr wissen, wo ihm der Kopf steht. Also wird weiter geschoben, das Studium dauert und dauert, der Teufelskreis schließt sich. Mit der Zeit wird es immer schwieriger, den Rückstand aufzuholen. Manche Prüfungen werden darüber hinaus nur einmal im Jahr angeboten – wieder zwei Semester verschenkt, während die Kommilitonen ihr Studium schon lange beendet haben.

Sofort in den sauren Apfel beißen

Zudem bekommen wir nur in der Regelstudienzeit Bafög. Jedes zusätzliche Semester muss im Antrag auf Weiterförderung erklärt werden: Anerkannte Gründe sind etwa Krankheit, Schwangerschaft und Kindeserziehung, aber sicher nicht das Aufschieben einer Klausur. Will man die Studienförderung deswegen wirklich riskieren?  

Und seien wir doch ehrlich: Der Stoff wird bis zum nächsten Klausurtermin weder leichter noch weniger. Auch wenn wir uns vornehmen, früher mit dem Lernen anzufangen, machen wir es doch nicht. Einmal werden wir in den sauren Apfel beißen müssen. Und das am besten direkt in der Prüfungsphase nach der Vorlesung, da ist der Stoff noch einigermaßen präsent.

Gewissheit ist besser als Schieben bis zum Schluss

Außerdem stellen Dozenten zwischendurch ihre Lehrinhalte um. Wer dann für eine Klausur gelernt hat, sie spontan aber doch noch schiebt, der wird sich richtig ärgern. Denn die Hoffnung „Ich habe ja schon einiges gelernt, dann schreibe ich im nächsten Semester eben stressfrei mit“ ist in diesem Fall gestorben. Und lernen müssen wir gleich doppelt.

Auch und vor allem der Drittversuch sollte nicht hinauszögert werden. Schieben wir diese Klausur bis zum Ende und fallen dann durch, waren auch alle anderen Kurse umsonst. Dann doch lieber schnell Gewissheit und die Chance haben, in einem anderen Studienfach noch einmal von vorne zu beginnen. Und wer weiß, vielleicht ist die Prüfung ja doch nicht so schwer wie befürchtet.

Lasst euch Zeit beim Studieren!

findet Jan Kischkel.

Immer wieder hört man es an der Uni: „Ihr solltet am besten in Regelstudienzeit fertig werden!“ Nein, das ist nicht nötig!
Es ist sogar besser, länger an der Uni zu sein. Wir alle sind nur einmal jung – und das sind wir meistens, während wir studieren. Wegen der verkürzten Schulzeit kommen viele Studierende noch früher als sonst an die Unis.

Wer will mit 20 in den Job?

Einige Erstis sind gerade mal 17 Jahre alt. Ziehen sie ihren Bachelor in Regelstudienzeit durch, sind sie mit 20 fertig. Selbst, wenn der Master drangehängt wird, ist das Studium mit 22 beendet. In dem Alter soll man dann ins Arbeitsleben starten? Mit Kollegen, die oft deutlich älter sind und in einer ganz anderen Welt leben. Und das Jungsein ist dann einfach mal komplett verschwendet, ja weggeworfen worden…

Macht etwas aus der Zeit, in der ihr noch nicht zum alten Eisen gehört!

Lasst es euch gut gehen, geht raus, feiert am Wochenende, nutzt alle Möglichkeiten, die sich euch bieten, das Leben zu genießen!
Jetzt nehmt ihr es vielleicht noch nicht so wahr, aber wenn ihr dann im Arbeitsalltag steckt, dann fragt ihr euch: „Habe ich nicht etwas verpasst?“ Höchstwahrscheinlich ja! Denn die Zeit des Erwachsenwerdens ist begrenzt und ihr könnt sie nicht wiederholen.

So mancher Arbeitgeber findet es sogar besser, wenn der Bewerber zwei oder drei Jahre älter ist. Dann ist nämlich schon deutlich mehr Lebenserfahrung vorhanden. Es macht in der Entwicklung des Charakters einen gewaltigen Unterschied, ob jemand Anfang 20 ist und gefühlt gerade erst aus der Schule kommt, oder ob er Mitte 20 ist und schon einige Jahre mehr Zeit hatte, Erfahrungen im Leben zu sammeln. 

Diese Zeit kommt nicht zurück

Und was bringt es, wenn im Lebenslauf steht, das Studium wurde in Regelzeit abgeschlossen? Das sind nur Zahlen auf dem Papier. Aber sich bewusst werden, dass ihr nie wieder im Leben so viel Zeit für euch oder die Freunde habt, bringt euch im Nachhinein nichts.

Kennt ihr diese Erlebnisse, bei denen man unwillkürlich lächeln muss, wenn man an sie zurückdenkt? Weil sie so schön waren, so unvergesslich? Zieht ihr das Studium schnell durch, geht euch genau die Zeit im Leben verloren, in der ihr solche Erlebnisse am besten sammeln könnt.

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Foto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: Brinkmann/Schweigmann 
Teaserfoto: flickr.com/Pink Sherbet Photography

1 Comment

  • Tim sagt:

    Hallo,

    vielen Dank für den Artikel und die schöne Gegenüberstellung! 🙂

    Im Prinzip bin ich auch ein Verfechter von „Bloß keine Zeit verlieren“ und habe in meinem Studium nur selten eine Klausur geschoben. Mittlerweile seine ich das aber ein bisschen anders und finde eine kluge Abwägung, je nach Situation, sinnvoller als eine absolute Einstellung.

    Das Schieben einer Klausur kann nämlich auch Vorteile fürs Studium haben und sorgt nicht nur dafür, dass man mehr Zeit in der vorlesungsfreien Zeit hat. Wenn die Prüfungsvorbereitung zum Beispiel sehr unvorteilhaft gelaufen ist oder schwerwiegende Probleme aufgetreten sind, kann es Sinn machen, die Prüfung abzumelden und später zu absolvieren. Ansonsten tut man sich selbst keinen Gefallen und läuft ins offene Messer.

    Schöne Grüße
    Tim

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