Gefällt mir (nicht)

Facebook-Reactions-Beitragsbild

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hatte sie im September letzten Jahres angekündigt. Jetzt sind sie weltweit verfügbar: die Reactions. Damit ergänzt Facebook seinen Like-Button. Statt nur „gefällt mir“ zu sagen, kann sich der User jetzt außerdem für „Love“, „haha“, „wow“, „traurig“ oder „wütend“ entscheiden, wenn er seine Meinung ausdrücken möchte. Laut Zuckerberg steckt ein Jahr Arbeit hinter den fünf Emojis. Das verrät uns: Facebook hat die Reactions nicht ohne Hintergedanken eingeführt. Eine Einschätzung. 

Universell verständlich – das ist das Prädikat, das Facebook den fünf neuen Emojis zuordnet. So sollen Menschen auf der ganzen Welt auf die kleinen Bildchen schauen und genau wissen, was sie zu bedeuten haben. Offensichtlich vertraut Facebook aber selbst nicht auf diese universelle Verständlichkeit. Über den einzelnen Symbolen steht nämlich eine Beschreibung. Doch selbst die lässt noch genug Platz für Interpretationsspielraum. Für was genau steht zum Beispiel der „wütend“-Smiley? Klar, für Wut. Aber für viele steht er auch stellvertretend für den nicht vorhandenen „Dislike“-Button oder sogar für Hass. Das sind drei völlig unterschiedliche Emotionen, alle dargestellt durch dasselbe Symbol. All das führt vor allem zu einem nicht, und zwar zu universeller Verständlichkeit. Vielleicht hätte Facebook für diesen Fall den „verwirrt“-Smiley beibehalten sollen, der zusammen mit dem „yay“-Emoticon noch in der Testphase rausgeflogen ist. 

Ein Problem: Missverständlichkeit

Facebook Reactions

Dem User stehen jetzt sechs Reaktionen statt einer zur Verfügung. Foto: Screenshot Facebook

Facebook erklärt es als einen großen Vorteil der Reactions, dass nun auch Interaktion bei nicht like-fähigen Posts einfach und schnell möglich sei. Ein „Gefällt mir“ bei einem Post über den Tod von Peter Lustig wäre zum Beispiel unangemessen gewesen. Mit den Reactions kann man nun direkt seine Trauer ausdrücken und damit gleichzeitig zeigen, dass man den Post zur Kenntnis genommen hat. Genau das war die Hauptaufgabe des „Like“-Buttons; man hat gezeigt, dass einem der Beitrag aufgefallen ist. Leider sind soziale Netzwerke und gerade Facebook dafür bekannt, dass die Menschen sich dort gerne über alles und jeden aufregen. Negativität scheint die Menschen hier anzuziehen wie das Licht die Motten. 

Mit diesem Bild vor Augen sollte man sich die fünf neuen Emojis einmal anschauen und überlegen, welcher wohl der beliebteste im Netz wird. Insbesondere im Hinblick darauf, dass viele User sich einen „Dislike“-Button wünschen. Der „wütend“-Smiley, dessen zahlreiche Bedeutungen ja bereits erläutert wurden, könnte also schon bald Facebook überschwemmen. Außerdem werden unter jedem Post die drei Top-Reactions mit Zahl angezeigt, wodurch auch noch jeder lesen kann, wie viele Menschen ein Beitrag wütend gemacht hat; oder wie viele eben gerne ein „Dislike“ verteilt hätten. Es wäre natürlich möglich, dass dadurch die Anzahl der wütenden Kommentare unter einem Beitrag abnimmt, weil die Leute lieber den schnellen, einfachen Weg wählen. Vermutlich werden aber einfach viel mehr Menschen anfangen, auf Facebook zu interagieren, die dies eben vorher nicht getan haben. Das verspricht sich das Netzwerk schließlich auch von den Reactions. Der „wütend/dislike“-Smiley hat noch einen weiteren Nachteil. Auf die Kommentare zu einem Post kann man reagieren. Man kann antworten, den Kommentar melden oder löschen. Bei einer Reaction ist all das nicht möglich. 

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Facebooks Idee seine Nutzer vor negativen Reaktionen zu schützen, indem es eben nur die Möglichkeit zum positiven „Gefällt mir“ gab, war an sich nicht verkehrt. Durch die Einfachheit der Reactions fallen Hemmungen weiter. Über einen Kommentar muss man sich zumindest kurz Gedanken machen – wenn auch nur, während man tippt. Die Reactions aber sind so schnell angeklickt, dass nicht einmal Zeit bleibt, das Wort „gedankenlos“ auszusprechen. Gerade in Zeiten von Cyber-Bullying sind die neuen Emojis nur ein weiterer Weg, im Internet anonym anderen das Leben schwer zu machen.

Gläserner Nutzer

Facebook verspricht sich von den neuen Reactions natürlich auch etwas. Laut Stefan Rüping, Geschäftsfeldleiter Big Data Analytics beim Fraunhofer-Institut, sind das hauptsächlich die so heiß begehrten Daten, die jeder von uns überall im Netz hinterlässt. Das sagte er jetzt.de, einem Online-Magazin der Süddeutschen Zeitung. Klickt ein Nutzer bei bestimmten Inhalten also bestimmte Reactions an, fließt diese Information in den Platzierungsalgorithmus des Netzwerks ein. Der ist dafür zuständig, dass in der Timeline vor allem Sachen erscheinen, die den Nutzer interessieren. Mit diesen Informationen kann Facebook dann auch gezielter Werbung ausspielen. 

Die Computer, die diese Analysen durchführen, können anhand der neuen Emojis eindeutiger – abgesehen von den oben genannten Einwänden diesbezüglich – feststellen, wie der User ein Produkt oder einen Beitrag zu einem bestimmten Thema bewertet. Außerdem sollen die fünf neuen Smileys die Leute dazu bringen, überhaupt häufiger zu interagieren. So hinterlassen sie insgesamt mehr Informationen auf der Seite. Die Reactions machen die Nutzer also letztlich nur noch gläserner, noch transparenter, als sie es ohnehin schon sind. 

Smileys als Goldesel

Facebook bringen die fünf neuen Emojis vermutlich einiges; noch mehr Daten, noch mehr Informationen und damit noch mehr Geld. Was sie den Usern bringen, hängt auch von genau denen ab. In den meisten Fällen wird es keinem wehtun, ein Herz oder ein lachendes Gesicht statt dem üblichen Daumen nach oben zu benutzen. Aber wenn die Reactions nur ein weiterer Weg für „besorgte Bürger“ sind, ihren Hass zu verbreiten, dann kann aus den harmlosen Smileys schnell Hetze werden; ob nun gegen Minderheiten oder gegen Einzelpersonen. Wichtig ist: Letztendlich sind es eben nur Smileys, mit denen Facebook Geld verdienen kann. Wie sie eingesetzt werden, liegt beim User.

Beitragsbild und Fotostrecke: Daniela Arndt

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