Griechenlandwahl: Syriza in neuem Gewand?

Nach dem Sieg des Linksbündnisses Syriza bei den vorgezogenen Neuwahlen in Griechenland ist der alte und neue Ministerpräsident Alexis Tsipras als Regierungschef vereidigt worden. Erneut soll eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Anel die Regierung stellen. Und erneut steht die Staatsspitze vor Herausforderungen, die ganz Europa betreffen.

Prognosen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Tsipras und seinem konservativen Konkurrenten Vangelis Meimarakis, Chef der Nea Dimokratia, vorausgesagt. Das Ergebnis war letztlich deutlicher als erwartet: 

Griechenland Wahl

Nach der ersten Wahl im Januar und dem Referendum im Juli war dies bereits die dritte landesweite Abstimmung in diesem Jahr. Grund für die Neuwahlen war Tsipras‘ Zugeständnis an die EU. Obwohl sich ein Großteil der Griechen gegen weitere Sparmaßnahmen der EU ausgesprochen hatte, akzeptierte der Präsident ein weiteres Hilfspaket. Dies führte zu Spannungen innerhalb der Partei: Der linke Flügel um den parlamentarischen Geschäftsführer Panagiotis Lafazanis warf Tsipras vor, er würde die Parteiideologie nicht mehr vertreten. Ende August spaltete sich dieser Teil von Syriza ab und gründete die neue Partei Volkseinheit (LAE). Präsident Tsipras trat zurück und zog mit einer umsortierten Partei gegen die ehemaligen Parteikollegen in den Wahlkampf. Die LAE scheiterte schon an der Drei-Prozent-Hürde, die für den Einzug ins Parlament notwendig ist.

Die EU als Sündenbock

Auffällig: Unabhängig von ihrer politischen Position machen europäische Abgeordnete vor allem die EU für den Ausgang der Wahl verantwortlich, sei es für die geringe Wahlbeteiligung oder für Tsipras‘ Sieg gegen die „Meinungsmacher“ der institutionellen Eliten.

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Tatsächlich ist die Wahlbeteiligung von 56,2 Prozent für griechische Verhältnisse auf einem Tiefstand. Elmar Winters-Ohle, Griechenland-Wissenschaftler und Akademischer Direktor der TU Dortmund im Ruhestand, führt das auf die Resignation in Teilen der Bevölkerung zurück. „Es ist ein kollektives Schulterzucken“, sagt Winters-Ohle. „Die Leute sehen keine Alternativen und denken: ‚Egal, wer regiert, wir werden immer leiden‘.“ 

Wenn die Regierung nach dieser turbulenten Zeit aus den gleichen Parteien besteht – ändert sich dann überhaupt etwas? Winters-Ohle plädiert für Nachsicht. „In Deutschland und der EU haben die Regierungen 100 Tage Karenzzeit; von der Syriza-Regierung wurde dagegen direkt erwartet, Gesetze innerhalb von drei Tagen durchzupreschen. Jetzt haben sie endlich Zeit aufzuräumen.“ Wichtig sei nun vor allem mehr Selbstbestimmung für Griechenland. „Die Regierung ist demokratisch gewählt, so wie jede andere in Europa auch“, sagt der Griechenland-Experte. „Es wird Zeit, dass die EU Griechenland als gleichberechtigten Partner ansieht.“ 

Neue Wahlen, neue Ausrichtung

Syriza selbst sieht sich nach der Abspaltung der Volkseinheit als neue Partei. Stelios Kouluglou, Syriza-Mitglied und Abgeordneter im Europäischen Parlament, spricht in einem Interview mit der Wirtschaftswoche von „dramatischen Veränderungen„. Die Partei wolle moderater auftreten und in erster Linie politische Stabilität bewirken. So lasse sich auch das Bündnis mit den Rechtspopulisten von Anel erklären. In Bezug auf die Spar-Vorhaben der Europäischen Union zeigen sich beide Parteien gemäßigt. Fragwürdig ist dagegen, wie die Parteien ihre stark gegensätzliche Haltung zum Zustrom Geflüchteter auf den Umschlagplätzen Lesbos und Kos regeln wollen.

 

Beitragsbilder: Susanne Romanowski
Titel- und Teaserbild: flickr.com/altraeuropa

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