Petitionen: Unterschätztes Mittel der Demokratie

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Deutschland ist eine Demokratie. Doch das Gefühl, wirklich etwas mitentscheiden zu können, haben wenige. Dabei ist in Artikel 17 im Grundgesetz ein Recht verankert, das genau dazu die Möglichkeit gibt. Es ist das Recht eine Petition zu starten. Jede*r habe die Möglichkeit, sich „schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Doch Petition ist nicht gleich Petition. Im Internet finden sich zahlreiche Plattformen für Online-Petitionen, die sich jedoch in ihrer Wirkung von jenen unterscheiden können, die an den Bundes- oder Landtag gestellt werden. 

Das Recht, eine Petition an die Politik zu stellen, ist laut Astrid Hopstein vom Petitionsreferat des Landtags NRW in Deutschland wenigen bekannt. „Vielen Menschen ist der Begriff ,Petition‘ eher fremd und er wird oft verwechselt mit Volksbegehren oder Bürgerentscheid. Dabei sollte das Recht auf Petition nicht verkannt werden“, sagt sie. Chronisch kranke Studierende könnten zum Beispiel auf diesem Weg bessere Konditionen an den Hochschulen für sich einfordern. 

Der Fall der Familie Duraku

Auch Familie Duraku aus Albanien hat heute (22.07.2016) ihr Recht auf eine Petition genutzt und diese an den Landtag geschickt. Dabei geht es um ihren Asylantrag. Die Familie mit den Töchtern Brikena (17) und Sarah (14) war im Frühjahr 2015 nach Deutschland gekommen und lebt zurzeit in Radevormwald, einer Stadt im oberbergischen Kreis. Grund für die Flucht war der gesundheitliche Zustand von Sarah. Diese leidet an spastischer Tetraparaese.

Die Familie kam aus Albanien nach Deutschland, um Sarah eine bessere medizinische Versorgung zu ermöglichen. Ihre Schwester Brikena besuchte daraufhin das Theodor-Heuss-Gymnasium in Radevormwald und fand dort viele Freunde. Ende letzten Jahres dann der Schock für die Familie: Brikena sollte innerhalb einer Woche das Land verlassen und nach Albanien zurückkehren, ohne ihre Eltern und ihre Schwester. 

Screenshot: change.org

Petition für das Bleiberecht von Familie Duraku. Screenshot: change.org

Aufmerksamkeit durch Online-Petitionen

Brikenas Lehrer Hannes Ettwig schritt direkt zur Tat. Er erstellte eine Petition auf der Plattform www.change.org. „Es ging erstmal darum, möglichst viel Öffentlichkeit für diesen Fall zu bekommen“, sagt Hannes Ettwig. Change.org habe sich dafür angeboten, da durch eine solche Online-Petition möglichst viele mobilisiert werden könnten. Vor allem durch die Verbreitung über soziale Netzwerke wie Facebook erreichte diese Petition viele Leute. „Zahlreiche ehemalige Schüler des Gymnasiums haben die Petition unterschrieben, sodass wir sogar Unterschriften aus Neuseeland bekommen haben“, erzählt Ettwig. 

Durch diese große Aufmerksamkeit kamen einige Spenden zusammen, sodass Familie Duraku sich rechtlichen Beistand holen und Brikena bei ihrer Familie in Deutschland bleiben konnte. Jetzt gibt es jedoch erneut Probleme, da der Asylantrag der Familie abgelehnt wurde. Und erneut hat Hannes Ettwig eine Petition im Netz gestartet. Doch parallel ist heute auch eine Petition an den Landtag in Nordrhein-Westfalen gegangen.

Was aber ist der Unterschied daran, ob man eine Petition an den Bundes- oder Landtag stellt oder ob man eine Petition auf Plattformen wie change.org oder openPetition.de veröffentlicht? Vor allem geht es darum, wen man mit der Petition erreicht. „Bei Online-Petition-Plattformen ist wichtig zu wissen, dass die Petition nicht beim Gesetzgeber ankommt“, erklärt Astrid Hopstein. Eine solche Petition diene lediglich dazu Aufmerksamkeit zu generieren. In Familie Durakus Fall war das schon sehr hilfreich. Doch ein Recht auf Asyl konnte ihnen dadurch nicht gewährt werden. Dies geht aber vielleicht über eine Petition an den Landtag. 

Wie man eine Petition an den Landtag stellt
Anders als bei Online-Petitionen zählt beim Petitionsausschuss des Landtags nicht unbedingt die Zahl der Unterstützer. Wichtig sei erstmal das Anliegen oder die Beschwerde selbst, die per Post, Fax oder online ohne formelle Hürden an den Landtag geschickt werden kann. Die Formulierung ist dabei nebensächlich, was zählt ist, dass Bürger*innen ihr Anliegen so vortragen, wie sie es sehen und dies auch so formulieren, wie sie wollen.

Aus dem Halbjahresbericht von 2015 geht hervor, dass in der ersten Jahreshälfte über 2700 Petitionen den Landtag erreichten, vor allem aus den Bereichen Schule und Hochschule. Dabei kamen auch sogenannte Sammelpetitionen zusammen, vor allem zum Thema Inklusion. Das sind zum Beispiel Petitionen, denen eine Unterschriftenliste angefügt ist, auf der mehr als 100 Menschen unterschrieben haben. 

Die Erfolgsquote für die Petitionen betrug in der ersten Jahreshälfte von 2015 etwa 35 Prozent, durch Sammelpetitionen im Schulrecht sei sie sogar auf 50 Prozent angestiegen. Damit es zu einem Erfolg der Petition kommt, wird sie an die jeweiligen Fachbereiche im Petitionsausschuss übergeben, wo dann darüber beraten wird. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass ein Landtagsabgeordneter den Fall als Berichterstatter vor dem Ausschuss vorstellt. „Dabei ist ein Erfolg sehr häufig, denn oft sind die Fronten zwischen den Bürgern und Politikern sehr verhärtet und können in solchen Gesprächen aufgeweicht werden“, sagt Hopstein. 

Beitragsbild: Laura-Sophie Lang 

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