Hochschulrankings: Über einen Vormarsch – mit Geld aus der Politik

SiegrtreppeBildFlickr

Im Times Higher Education (THE) Hochschulranking „150 under 50“ haben die Ruhr-Unis einen großen Sprung nach vorne gemacht: Die TU Dortmund belegt, nachdem sie im letzten Jahr nicht teilnahm, den 39. Platz und die Universität Duisburg-Essen hat sich vom 59. Platz auf den 17.  gesteigert. Zahlreiche andere deutsche Universitäten legten ebenfalls zu. Eine Entwicklung, die bewusst gefördert wurde – auch mit Geld aus der Politik.

Die Profilierung von Hochschulen sei seit einiger Zeit „politisch erklärter Wille“, erklärt Dr. Matthias Jaroch, Pressesprecher des deutschen Hochschulverbands – die verstärkte Fokussierung auf Rankings eine Begleiterscheinung. Aber eben eine Begleiterscheinung, die dem Auswärtigen Amt so wichtig ist, dass es im vergangen Jahr ein Pilotprojekt mit dem Titel „Verbesserung internationaler Ranking-Ergebnisse deutscher Universitäten – Die Technische Universität Dresden und die Universität Tübingen als Vorreiter für das internationale Bildungsmarketing des Standorts Deutschland“ finanziell unterstützte. Eine Voraussetzung für die Förderung war, dass die Ergebnisse später allen deutschen Universitäten bereitgestellt werden sollten.

Das THE Ranking gehört zu den international bedeutensten. Bei „150 under 50“ können lediglich Hochschulen, die erst bis zu 50 Jahre existieren, teilnehmen. An diesem kürzlich erschienenem Ranking sieht man, wie die Universitäten vom Pilotprojekt profitieren: Neben der Universität Duisburg-Essen (UDE) konnte sich die Universität Konstanz vom 19. auf den 7. Platz, Bayreuth vom 72. auf den 35. Platz und die Universität Bielefeld vom 57. auf den 23. Platz steigern. Lediglich die Universität Bremen verschlechterte sich und stieg vom 26. auf den 49. Platz herab.

Parameter des THE Rankings
Lehre(30 Prozent):

  1. Umfrage zum Ansehen („reputation survey“): 15 Prozent im allgemeinen, 10 Prozent im „150 under 50“ Ranking
  2. Angestellten zu Studierenden-Verhältnis („staff-to-student ratio“): 4,5 Prozent im allgemeinen, 6 Prozent im „150 under 50“
  3. Verhältnis von Doktorand*innen zu im Bachelor Studierenden („doctorate-to-bachelor’s ratio“): 2,25  Prozent im allgemeinen, 3 Prozent im „150 under 50“
  4. Verliehene Doktorwürden im Verhältnis zu wissenschaftlichen Angestellten („doctorates awarded to academic staff ratio“): 6 Prozent im allgemeinen, 8 Prozent im „150 under 50“
  5. Institutionelles Einkommen („institutional income“): 2,25 Prozent im allgemeinen, 3 Prozent im „150 under 50“

Forschung (30%):

  1. Umfrage zum Ansehen („reputation survey“): 18 Prozent im allgemeinen, 12 Prozent im „150 under 50“
  2. Forschungseinkommen („research income“): 6 Prozent im allgemeinen, 9 Prozent im „150 under 50“
  3. Forschungsproduktivität („research productivity“): 6 Prozent im allgemeinen, 9 Prozent im §150 under 50″

Zitation/Forschungseinfluss (30 Prozent)

Internationale Ausrichtung (7,5 Prozent):

  1. Verhältnis von internationalen zu heimischen Studenten („international-to-domestic-student ratio“): 2,5 Prozent bei beiden Rankings
  2. Verhältnis von internationalen zu heimischen Angestellten („international-to-domestic-staff ratio“): 2,5 Prozent bei beiden Rankings
  3. Forschung mit internationaler Beteiligung („research“): 2,5 Prozent bei beiden Rankings

Drittmittel aus der Wirtschaft/ „industry income“ (2,5 Prozent)

Quelle: TU Dortmund

TU Dortmund – Platz 39. Quelle: TU Dortmund

Tatsächlich sind gute Platzierungen den Universitäten besonders wichtig. So nehmen sie, zum Beispiel am THE Ranking, freiwillig teil, und betreiben sogar enormen Aufwand, um Daten zu liefern und entsprechend der Richtlinien aufzuarbeiten. Grund dafür ist vor allem die erhöhte internationale und nationale Sichtbarkeit der Hochschule, wie Eva Prost von der TU Dortmund erklärt: „Auf der Suche nach Kooperationen, Austauschprogrammen und Ähnlichem kann das von Vorteil sein.“ Genaue Auswirkungen auf Anmeldezahlen von Studierenden oder Bewerbungen von Forschenden seien zwar nicht messbar, allerdings habe man bemerkt, dass nachdem die Dortmunder Physik im deutschen und nach Fachrichtungen gegliederten CHE Ranking besonders gut abgeschnitten habe, im kommenden Jahr mehr Anmeldungen für dieses Studienfach vorlagen. „Ob das wirklich an dem Ranking lag, können wir natürlich nicht wissen.“

Ziel des Pilotprojekts war es, die angeforderten Daten der Rankings, die auf dem Hochschulsystem der USA basieren, so an das deutsche System anzupassen, dass deren Leistungen möglichst gut widergespiegelt werden. Bei vielen Indikatoren wird ein bestimmter Output gemessen und dann durch das Personal oder die Studierenden größenrelativiert. Die bessere Darstellung des Outputs wird für den Indikator der Drittmittel vor allem dadurch erreicht, dass Direktfinanzierungen, zum Beispiel von Gerätschaften in Forschungslaboren, miteinbezogen werden. Diese werden im deutschen System eigentlich nicht, im amerikanischen aber durchaus als Drittmittel gezählt.

In Deutschland versteht man unter wissenschaftlichen Mitarbeitern etwas anderes

Bildnachweis: Ruhrunversität Bochum

Die RUB – von 59 auf 17. Quelle: Ruhrunversität Bochum

Zudem wurde klar, wie wichtig es sei Publikationen genau zu kennzeichnen. „Gerade wenn Professoren nicht nur an der Universität tätig sind, sondern zusätzlich an einem Institut oder einer Klinik, geben sie oft nur diesen Namen, nicht aber den der Universität an“, sagt Bastian Neysters, quantitativer Hochschulplaner an der Ruhruniversität Bochum (RUB). Das schmälert die Anzahl. Genauso bedeutend sei es, jedes bekannte Synonym für den Universitätsnamen anzugeben. „In unserem Fall also RUB, Ruhruniversität Bochum, Ruhruniversität und so weiter.“ Sonst werde nur gezielt nach dem angegebenen Namen gesucht und einige Publikationen gingen verloren.

„Die wirklich zentrale Stellschraube ist aber die Größenrelativierung gewesen“, erklärt Neysters. So würden in den USA unter wissenschaftlichen Personal lediglich Professoren und Doktoren gezählt. In Deutschland verstehe man darunter hingegen auch alle wissenschaftlichen Hilfskräfte und Doktoranten. Durch die Anpassung dieser Zahlen verbessern sich die Verhältnisse, kommen so doch deutlich mehr Publikationen und Drittmittel auf einen wissenschaftlichen Angestellten als zuvor.

Auch Beate Kostka von der UDE beschreibt als Gründe für die starke Verbesserung neben dem Ausbau eigener Stärken vor allem die Professionalisierung der Dateneingabe. Bei dieser würden deutsche Hochschulen von besagten Projekt profitieren. Eine Veränderung, die auch Eva Prost von der TU Dortmund bemerkt: „Wenn sich die deutschen Universitäten insgesamt besser auf die korrekte Datenaufarbeitung einstellen, kann das so einen Schub im internationalen Vergleich verursachen, untereinander stärkt das aber eher noch die Konkurrenz.“

Bei beiden THE-Rankings werden die Indikatoren in fünf Hauptgruppen eingeteilt: Lehre (30 Prozent), Forschung (30 Prozent), Zitationen (30 Prozent), internationale Ausrichtung (7,5 Prozent) und Drittmittel (2,5 Prozent). Dabei hat sowohl im Bereich der Lehre, als auch in der Forschung eine weltweite Umfrage nach dem Ansehen der jeweiligen Universitäten einen erheblichen Einfluss. Beim Ranking der jungen Hochschulen wird dieser zurückgeschraubt. Im Bereich der Zitation wird gemessen, wie oft Publizierende von anderen zitiert werden, um den internationalen Einfluss der Forschung festzuhalten.

Starke Vereinfachung und beschränkter Blick der Rankings in der Kritik

Quelle: Universität Duisburg-Essen

Quelle: Universität Duisburg-Essen

Ob diese Parameter die Qualität einer Universität widerspiegeln können, ist allerdings fraglich. Kostka von der UDE kritisiert die Reduzierung auf wenige Indikatoren: „Der Komplexität und Diversität einer Universität wird so auf keinen Fall Rechnung getragen. Außerdem spielen oft subjektive Faktoren eine zu große Rolle.“ Gemeint sind die Anteile der Umfragen von denen Traditionshochschulen durch ihren erhöhten Bekanntheitsgrad profitieren. Matthias Jaroch vom deutschen Hochschulverband gibt der Fokus auf die Publikationsmenge zu denken, da diese nichts über deren Qualität aussage. Eine „Mainstream-Förderung“ wirkt für Rankings besonders effektiv. „Dabei sind doch gerade Querdenker und Außenseiter für die Entwicklung von Forschung wichtig.“

Auch Neysters von der RUB sieht Rankings kritisch. „Manchmal sind Universitäten mit denen man sich vergleicht oder kooperiert in einem Ranking plötzlich hundert Plätze über oder unter einem und man fragt sich: Wie kann das sein?“ Problematisch sei, dass die internationalen Rankings „auf Biegen und Brechen“ mit genauen Platzierungen aufwarten würden. Wenn die Plätze 100 bis 300 nah beieinander lägen, könnten geringste Unterschiede riesige Sprünge zur Folge haben. Deshalb ist für Neysters der Vergleich unterschiedlicher Rankings wichtig. „Wenn ich sehe, dass eine Universität beim THE und bei QS und so weiter immer zwischen Platz 200 und 300 liegt, dann scheint etwas an der Einordnung dran zu sein.“

Die wichtigsten Rankings
Internationale Rankings:

Deutsche Rankings:

  • CHE Ranking: bewertet einzelne Fachbereiche in unterschiedlichen Faktoren mit farbigen Punkten, die für eine gewisse Leistungsgruppe stehen, trotzdem stark in der Kritik // erscheint in der ZEIT

Die tabellarische Auflistung nach Platzierungen sieht auch Dr. Jaroch kritisch, da sie eine vermeintliche Klarheit erzeuge. „Gerade bei Außenstehenden, wie politischen Entscheidungsträgern, kann das zu Kurzschlüssen führen.“ Rankings könnten deren Entscheidungen beeinträchtigen. Sinnvoller wäre es unterschiedliche Leistungsgruppen auszumachen, was aber die Darstellung erschweren würde. „Außerdem lebt so ein Ranking ja auch von der Zuspitzung.“ 

THE versucht strukturelle Vorteile auszugleichen

Ein weiterer Kritikpunkt an den Rankings ist der Vorteil englischsprachigen Universitäten im Zitationsbereich durch die allgemeine Verständlichkeit ihrer Publikationen, sowie bestimmter Fachbereiche, in denen üblicherweise mehr publiziert wird. Duncan Ross ist Daten- und Analyse-Direktor für das Times Higher Education Ranking. Er erklärt, dass verschiedene Ansätze diese strukturellen Vorteile ausgleichen sollen. So analysiere man möglichst umfangreich Publikationen aller Sprachen, rechne einen Faktor zur Angleichung auf die nicht-englischsprachigen Länder und gewichte die Ansehens-Umfragen geographisch. Viele Unterpunkte würden außerdem nach den Traditionen der Fachrichtungen gewichtet, umso das unterschiedliche Angebot der Universitäten auszugleichen. 

Karte: d-maps / Beitragsbild: Flickr.com/ MoBikeFed

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