Der Blitzmarathon schafft Aufmerksamkeit. Einen bleibenden Effekt hat er nicht – zumindest nicht für die Verkehrssicherheit. Studien zeigen: Die Zahl der Verkehrstoten ist trotz Blitzmarathons in den vergangenen Jahren gestiegen. Bei tödlichen Unfällen bleibt Rasen die Ursache Nummer eins. Weniger Verstöße gegen das Tempo-Limit gibt’s auch nicht. Aber einen großen Gewinner: die Polizei.
An Tausenden von Messstellen haben Polizisten und kommunale Mitarbeiter am Donnerstag mal wieder das Tempo kontrolliert. Gegen die Idee lässt sich nichts sagen: Die Blitzer stehen an gefährlichen Stellen, wo Schule oder Kindergärten sind, oder dort, wo es immer wieder zu schweren Unfällen kommt. Gute Sache! Die Polizei kann Raser bekehren und hilft mit dem Marathon, die Straßen zumindest für den einen Tag sicherer zu machen. Und auch die Öffentlichkeit wettert nicht wie sonst gegen Blitzer-Abzocke. Denn die Kontrollstellen sind im Vorfeld bekannt. In den Medien kommt der Marathon gut weg.
In offiziellen Mitteilungen klingt das Ergebnis dann auch immer nach einem Erfolg. In einer ersten Zwischenbilanz spricht die Polizei Dortmund von zig Verstößen, vor allem auch mit Handy am Steuer. „Viele Autofahrerinnen und Autofahrer in Dortmund und Lünen sowie auf den Autobahnen scheinen unsere Botschaften zum Blitz-Marathon bereits verinnerlicht zu haben. Trotzdem gibt es immer noch teils so hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen, dass den Fahrern ein Fahrverbot droht“, sagt Ralf Ziegler von der Polizei. Das zeige, dass weiter kontrolliert werden muss.
Trotz Blitzmarathon: Zahl der Verkehrstoten steigt
Richtig – aber wie? Effekte der bisherigen Blitzmarathons sind nicht zu beobachten. Die Zahl der Verkehrstoten ist in den letzten zwei Jahren nicht gesunken, sondern sogar angestiegen. Allein 2015 starben auf deutschen Straßen 3475 Menschen – knapp hundert mehr als im Jahr zuvor. Experten schauen auch auf die Feinstaub- und Stickoxid-Belastung. Die würde auch geringer sein, wenn Autofahrer sich ans vorgeschriebene Tempo hielten. Aber auch hier: Keine Veränderung. Es wird weiter gerast. Aus psychologischer Sicht kommt der Blitzmarathon auch nicht gut weg. Verkehrspsychologen sagen, dass man Laser mit dieser Aktion nicht wirklich erreicht. Sie fordern dauerhaft stärkere Kontrollen – und nicht nur ein bis zwei Mal im Jahr.
Und zwar mit anderen Formen der Kontrolle. Denn Blitzer haben längst ausgedient. Wer sie nicht sieht, wird oft genug per Lichthupe gewarnt. Wer sie erkennt, fährt langsam – oft langsamer, als eigentlich nötig, um kurz danach wieder Vollgas zu geben. Lerneffekt? Gleich null. Eher staut es sich, weil auch andere Verkehrsteilnehmer bremsen. Wer trotzdem langsam fährt, spürt die ganzen Frust eines gestressten, anonymen Auto-Daseins. Hupen, Lichthupen, Drängeln.
Liebe Autofahrer, beim #Blitzmarathon dürft ihr euch gerne an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten…aber NICHT 15 kmh LANGSAMER FAHREN!!!
— MadMamacita (@Wow_MrsMom) 21. April 2016
Neue Technik: „Section Control“
Die Lösung könnte eine Technik sein, die sich in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien, Schottland und Österreich bereits bewährt. „Section Control“. Fahrzeuge werden dabei zwei Mal geknipst – am Anfang und am Ende einer vorgegeben Strecke. Die dafür benötigte Zeit zeigt, ob man im Durchschnitt zu schnell war. In den Ländern ist die Zahl der schweren Unfälle durch Raserei spürbar zurückgegangen. In Italien wird das System gerade getestet. Fazit bisher: weniger Unfälle. Und Deutschland zieht nach: Im Sommer startet ein Pilotversuch in Niedersachsen. Der niedersächsische Innenmister setzt voll auf die Technik. Am Blitzmarathon hat sein Bundesland dieses Mal gar nicht erst teilgenommen. Klar, lässt sich auch diese Technik überlisten. Aber ganz so einfach wie vor dem Starenkasten ist das nicht. Denn hierbei müssen Autofahrer rechnen. Abbremsen ist viel einfacher.
#Polizeimangel allüberall. Einbrüche alle 3-4 Minuten – aber Hauptsache der nächste #Blitzmarathon geht klar.
— Ahoernchen (@ahoernchen_1) 11. April 2016
Die eingesetzten Polizisten werden an anderen Stellen mehr gebraucht als bei Massenaufklärungen auf Landstraße oder Autobahn. Für die PR ist das gut. Und für die Staatskasse. Aber wir brauchen die Polizei wie im Herbst, als der letzte Blitzmarathon wegen der Flüchtlingskrise abgesagt wurde, an anderen Stellen. Beispielsweise auch, um Wohnungseinbrüche zu verhindern. Denn Opfer beobachten immer häufiger, dass die Polizei dabei nahezu machtlos ist.
Beitragsbild: Tim Reckmann/Flickr