Bachelor of Fachidiot

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VWL, Jura und Maschinenbau – solche Studiengänge kennt jeder. Doch auch wer es eher speziell mag, kommt auf seine Kosten: In Deutschland gibt es rund 18.000 Studiengänge, darunter Exoten wie Pferdewissenschaften. Viele Bachelorstudiengänge seien jedoch bloß auf eine Nische oder nur einen bestimmten Beruf ausgerichtet, urteilt der Wissenschaftsrat in seiner aktuellen Empfehlung zum Verhältnis von Studium und Arbeitsmarkt. Ein Bachelorstudium müsse einen guten Überblick über eine gesamte Disziplin bieten. „Wir sehen die hohe Spezialisierung der Studiengänge im Bachelorbereich sehr kritisch.“ Der Bachelor of Fachidiot also? Wir haben drei Orchideenfächer unter die Lupe genommen.

Eurythmie (B.A.) – Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft

Was macht man da? Das Wort Eurythmie ist griechisch und bedeutet übersetzt „schöne Bewegung“. Der Ausdruckstanz wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Rudolf Steiner begründet und soll Sprache und Musik darstellen. Eurythmie ist ein reguläres Fach an Waldorfschulen. „Im Eurythmiestudium werden die individuellen Wahrnehmungs- und Ausdrucksmöglichkeiten geschult. Der Körper wird befähigt, Instrument für seelisch-geistige Intentionen zu werden“, heißt es auf der Seite der Hochschule. Weitere Studieninhalte sind pädagogische und therapeutische Kenntnisse. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester. 

Braucht man das? „Das Studium bietet spannende Themen, umfassende Selbsterfahrung und auch Heilung, aber genauso auch Spaß – eben erfüllend auf allen Ebenen“, zitiert die Hochschule eine Studentin im ersten Studienjahr. „Hier findet man bestimmt keine abgehobenen Seidenkleidchen, dafür aber Menschen, die im Leben stehen und mit jeder Faser ihres Seins wissen, was Eurythmie ist.“

Die Chancen nach dem Studium? Professionelle Eurythmisten leiten oft Tanzgruppen in speziellen Eurythmie-Einrichtungen. Eurythmie kann auch therapeutisch eingesetzt werden, daher gibt es auch dort Einsatzfelder. Zudem arbeiten Eurythmisten in Kindergärten und Schulen, insbesondere Waldorf- und Rudolf-Steiner-Schulen.

Pferdewissenschaften (B.Sc.) – Freie Universität Berlin

Was macht man da? Ein Schwerpunkt liegt auf der Beziehung zwischen Mensch und Pferd sowie dem Umgang mit den Tieren und deren Ausbildung. Ein weiterer besteht aus Füttern, Haltung und gesundheitlicher Vorsorge der Pferde. Hinzu kommen Grundlagen, zum Beispiel aus dem Bereich der Landwirtschaft.

Braucht man das? „Das Studium ist sehr breit gefächert, denn das Pferd ist eben ein sehr komplexes Thema“, sagt Professor Johannes Handler, konfrontiert mit der Aussage der Studiengang sei speziell. „Und die Pferdewirtschaft braucht auch qualifizierte Mitarbeiter.“ Doch er räumt ein: „Der Studiengang muss sich noch etablieren.“

Die Chancen nach dem Studium? „Es gibt viele Berufsmöglichkeiten in Bereich der Pferdewirtschaft“, sagt Handler. Beispiele: Gestütleiter, Pferdezüchter, Stallbauer oder Turnierveranstalter. „Außerdem qualifiziert das Studium für Weiterbildungen, beispielsweise zum Reitlehrer.“

Provinzialrömische Archäologie und Geschichte (B.A.) – Goethe-Universität Frankfurt

Was macht man da? „Das Studium beschäftigt sich mit der Eroberung, der Romanisierung und der Verwaltung der römischen Provinzen: von Schottland bis Nordafrika, von Portugal bis zum Irak“, sagt André Kirsch aus dem siebten Semester. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester, beim Master zwei. „Im Gegensatz zu Althistorikern befassen wir uns mit allen Arten der menschlichen Hinterlassenschaft, wie Inschriften oder Münzen.“

Braucht man das? „Andere Archäologiestudiengänge sind im Bachelor allgemeiner. Die Spezialisierung erfolgt erst im Master“, sagt der 22-Jährige. „Aber die Archäologie arbeitet mit so vielen Materialien, dass drei oder vier Jahre oft nicht reichen, um sich umfassend mit dieser Wissenschaft auseinanderzusetzen. Daher ist eine spezialisierter Bachelor sinnvoll.“

Die Chancen nach dem Studium? „Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht genau, wo ich später arbeiten möchte“, sagt Kirsch. „Am liebsten möchte ich wissenschaftlich, also bei Ausgrabungen arbeiten. Aber da muss man flexibel sein.“ Andere Berufsmöglichkeiten sind die Arbeit in Museen, der Denkmalspflege oder auch bei Fachverlagen oder der Erwachsenenbildung. „Die Spezialisierung bringt Vorteile mit sich, schränkt aber auch ein. In Südamerika könnte ich natürlich mit dem Abschluss nicht arbeiten.“

Beitrags-/Teaserfoto: FireFawkes/flickr.com 

1 Comment

  • Jannis JaG sagt:

    Zum Thema „Provinzialrömische Archäologie“-B.A.: Ich (als Archäologiestudent aus Bochum) halte einen so spezialisierten B.A. für nicht sinnvoll, weil man damit zu sehr zum Fachidiot wird und nicht breit genug aufgestellt ist für den sowieso hart umkämpften Archäologenmarkt. So kann ich z.B. auch auf nicht Provinzialrömischen Grabungen eingesetzt werden. Deshalb ist ein breit aufgestellter B.A. besser.

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