Duell: Sollte es ein Parteiverbot geben?

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Verbot oder nicht Verbot, das ist hier die Frage. Bisher können Parteien vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, wenn sie eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“ vertreten. Dies scheint nach Bekanntwerden der Morde der sogenannten rechtsextremen „Zwickauer Zelle“ für die meisten in der Bevölkerung, auch für die Politiker im Fall der NPD, gegeben zu sein. Darum drängen nun SPD wie CDU auf ein Parteienverbot. Einmal mehr. Wie im Bundestag diskutieren auch die beiden Redakteure Henrik Veldhoen und Sarah Teschlade die Möglichkeit des Parteiverbots.

PRO CONTRA

Ja, es sollte die Möglichkeit geben, Parteien zu verbieten. Aber Achtung: Ein solches Instrument wäre mit großer Vorsicht zu genießen. Trotzdem, betrachtet man die Gefahr durch extremistische politische Strömungen auf lange Sicht, so macht ein Parteiverbot in bestimmten Fällen durchaus Sinn.

Rechtliche Grauzone

Denn: Allein die Existenz von Parteien wie der NPD gibt deren – in diesem Fall ausländerfeindlichem – Gedankengut eine Legitimation. Sie nutzt eine rechtliche Grauzone perfide aus, um nationalistische Hassparolen zu propagieren. Mit einem Verbot würde die deutsche Justiz endlich einmal klar Stellung beziehen und sagen: Blanker Hass auf Minderheiten ist keine tolerable Meinung mehr, die frei geäußert und obendrein noch durch Parteien gefördert werden darf.

Weniger gesellschaftliche Akzeptanz

Und ein Verbot würde die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Ideale mindern – und zwar dauerhaft. Das Argument, nach einem Parteiverbot würden militante Extremisten aus dem Untergrund agieren, zieht an dieser Stelle nur bedingt. Ist die Nicht-Duldung rechtsradikaler Hasspropaganda nämlich erst im Grundverständnis aller angekommen, zieht es auch viel weniger Bürger in extreme politische Richtungen.

Die Krönung ist: Deutschland fördert solche Parteien auch noch mit staatlichen Geldern, nach einem Rechenschaftsbericht der NPD stammte 2008 fast die Hälfte ihrer Parteifinanzen aus öffentlichen Kassen. Dass sie dafür vom Verfassungsschutz beobachtet wird, nimmt die NPD doch mit einem Lachen in Kauf.

Nicht unverzichtbar für die Demokratie

Parteien sind und bleiben zentrales Organ der freien Willensbildung – aber sind sie wirklich alle unverzichtbar für die demokratische Grundordnung? Ich sage nein, denn Parteien, über deren Wahlprogramm auch „Ausländer raus!“ stehen könnte, haben in einer zivilisierten und zudem auf Migration angewiesenen Gesellschaft nichts zu suchen.

Verbieten!

Nein, es sollte nicht die Möglichkeit geben, Parteien zu verbieten. Denn: Was bringt ein Parteiverbot? Würde es einer Abschaffung extremistischen Gedankenguts, egal welchen Spektrums, gleichkommen? Nein, würde es nicht.

Im Falle eines Verbots durch das Bundesverfassungsgericht würde die Partei ihren Status als solche verlieren und alle Privilegien, die an ihn gekoppelt sind. Die Partei könnte bei Wahlen nicht mehr kandidieren, würde also auch nicht mehr in Parlamenten vertreten sein. Darüber hinaus würde sie keine staatlichen Mittel als Teilfinanzierung mehr erhalten. Der Bürger würde so nicht mehr indirekt durch Steuergelder zum Teil menschenfeindliche Ideologien unterstützen. Ein Verbot ist also zunächst immer ein Rückschlag für die Partei, aber ein Befreiungsschlag für die Bürger.

Radikales Gedankengut bleibt

Doch: Verbieten lässt sich eben nur die Partei, nicht jedoch ihre Mitglieder, die dem radikalen Gedankengut anhängen. Diese bleiben auch nach einem Parteiverbot so antidemokratisch und gefährlich wie bisher. Da sie nicht mehr auf offizieller politischer Bühne agieren könnten, würden sie sich im Untergrund organisieren – ungezähmt, unbeobachtet.

Ein Urteilsspruch für die Demokratie

Aufgrund unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist ein Parteiverbot zudem ziemlich kompliziert. Es müssen viele Hürden genommen werden, bis das Bundesverfassungsgericht ein Urteil spricht – zum Teil zu hohe. Wie im Jahr 2003, als das Verbot der NPD daran scheiterte, dass die Partei mit V-Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war. Ein solches Scheitern ist jedoch der Urteilsspruch für die Demokratie und ein Triumph für die extremistischen Parteien wie die NPD.

Vorbeugung statt Verbot

Daher sollte nicht über ein Verbot solcher Parteien diskutiert werden. Es sollte eher dort angesetzt werden, wo das radikale Gedankengut verwurzelt ist, nämlich in den Köpfen der Menschen. Und dies geht nur durch präventive Maßnahmen auf zivilgesellschaftlicher Ebene: in Schulen, Jugendzentren und anderen sozialen Einrichtungen.

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Foto: stockxchng/bizior, Montage: Steinborn/Patzwald, Teaserfoto: pixelio.de/Jenzig71