Steinbrück in Berlin: Er gibt nicht auf

Der Wahlkampf der SPD lief bislang alles andere als rund: Die Verkündung des Kanzlerkandidaten im vergangenen Herbst war eine Sturzgeburt, Peer Steinbrück sprang von einem verbalen Fettnäpfchen ins nächste. Nun hat die finale Phase vor der Wahl am 22. September begonnen. Auf ihrer 150-Jahr-Feier in Berlin versuchen die Sozialdemokraten, sich Mut zu machen. Wenigstens hat der Kandidat nun Gefallen am Wahlkampf gefunden und gibt sich kämpferisch.

Der Wahlkampf der SPD lief bislang alles andere als rund: Die Verkündung des Kanzlerkandidaten im vergangenen Herbst war eine Sturzgeburt, Peer Steinbrück sprang von einem verbalen Fettnäpfchen ins nächste. Nun hat die finale Phase vor der Wahl am 22. September begonnen. Auf ihrer 150-Jahr-Feier in Berlin versuchen die Sozialdemokraten, sich Mut zu machen. Wenigstens hat der Kandidat nun Gefallen am Wahlkampf gefunden und gibt sich kämpferisch. Foto: Nicolas Miehlke

Die älteste deutsche Partei wird 150 Jahre alt und feiert dies in Berlin, pünktlich zum Auftakt in die heiße Wahlkampfphase. Fotos: Nicolas Miehlke

Volksfeststimmung auf der Straße des 17. Juni zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule, die Sozialdemokraten feiern ihren Geburtstag. Es gibt Luftballons, Würstchenbuden, Bierwagen und ganz viele Infostände zu Wahlwerbezwecken.

Der Wahlkampf der SPD lief bislang alles andere als rund: Die Verkündung des Kanzlerkandidaten im vergangenen Herbst war eine Sturzgeburt, Peer Steinbrück sprang von einem verbalen Fettnäpfchen ins nächste. Nun hat die finale Phase vor der Wahl am 22. September begonnen. Auf ihrer 150-Jahr-Feier in Berlin versuchen die Sozialdemokraten, sich Mut zu machen. Wenigstens hat der Kandidat nun Gefallen am Wahlkampf gefunden und gibt sich kämpferisch. Foto: Nicolas Miehlke

Klartext-Peer wird zum Marketing-Gag: "Hätte hätte Fahrradkette" als Flaschenöffner und Wahlkampf-Gimmick.

Im SPD-Shop werden Gimmicks verkauft, ein Bieröffner in Fahrradkettenform kostet 2,50 Euro. „Hätte hätte Fahrradkette“ steht darauf, wie der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mit Blick auf den verkorksten Wahlkampf gesagt hatte. Klartext-Peer als Marketing-Gag.

Die Prinzen treten auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor auf, sie singen „alles nur geklaut“. Bezeichnend für den Wahlkampf 2013, in dem Merkel und ihre CDU scheinbar jedes Thema der Sozialdemokraten übernehmen, ehe es dem politischen Gegner helfen könnte. Mietpreisbremse? Will die CDU jetzt auch. Mindestlohn? Die CDU will eine Lohnuntergrenze, den Unterschied im Detail verschweigt sie, bloß keine Aufregung in der Bevölkerung. Die SPD will nun Tritt fassen in diesem Wahlkampf.

Genossen unter sich: Es wird geduzt

200.000 Gäste sind bis zum Nachmittag gekommen, bei sonnig-warmem Wetter und nur vereinzelten Wolken. Es gibt mehrere kleine Bühnen, im Debattenforum ist Thorsten Schäfer-Gümbel zu Gast, er will am 22. September Ministerpräsident in Hessen werden. Knapp hundert Menschen sitzen im Halbkreis um ihn herum. Bei Fragen wird er geduzt, „du, Thorsten“. Genossen unter sich. Das so genannte „Deutschlandfest“ scheint zum Teil mehr ein internes SPD-Fest zu sein.

Kurz nach 16 Uhr. Lauter Jubel, als Peer Steinbrück auf die Bühne klettert. Der Höhepunkt dieses Festwochenendes und eine Gelegenheit, das Medieninteresse zu nutzen, um Wahlkampf zu machen. In seiner Rede schlägt er den großen Bogen, von der Geschichte der SPD, der einzigen Partei, „die niemals ihren Namen ändern musste“, weil sie sich für nichts zu schämen habe. Er erinnert an Philipp Scheidemann, der gleich um die Ecke, vom Reichstag aus, die erste deutsche Republik ausrief, am Ende des ersten Weltkrieges.

Der Wahlkampf der SPD lief bislang alles andere als rund: Die Verkündung des Kanzlerkandidaten im vergangenen Herbst war eine Sturzgeburt, Peer Steinbrück sprang von einem verbalen Fettnäpfchen ins nächste. Nun hat die finale Phase vor der Wahl am 22. September begonnen. Auf ihrer 150-Jahr-Feier in Berlin versuchen die Sozialdemokraten, sich Mut zu machen. Wenigstens hat der Kandidat nun Gefallen am Wahlkampf gefunden und gibt sich kämpferisch. Foto: Nicolas Miehlke

Zehn Minuten Pannen-Peer: Der Bildschirm streikt, ein schwarzer Balken verdeckt den Kanzlerkandidaten.

Pannen-Peer ist zurück

Die Rede ist keine fünf Minuten alt, da scheint Pannen-Peer zurück zu sein. Nicht mit unbedachten Äußerungen – diesmal streikt die Technik. Auf einer der beiden Großleinwände fällt ein Teil der Anzeigefläche aus, ein schwarzer Balken geht von unten nach oben durch den SPD-Kanzlerkandidaten hindurch, er wird unkenntlich gemacht wie Verbrecher in der Bild-Zeitung. Nach zehn Minuten ist das Problem behoben: Na bitte, es läuft doch. Genauso wie der Kandidat sich jetzt gefangen hat in seiner Kampagne, er hat die Lust am Wahlkampf gefunden. Dieser Tage tingelt er von Auftritt zu Auftritt, gibt ein Interview nach dem anderen, lässt kaum eine Talkshow aus.

Den ersten donnernden Applaus gibt es erst am Ende der Geschichtsstunde, für seine Aussage: „Ich will Bundeskanzler werden.“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch bei den aktuellen Umfragewerten brauchen Kandidat und Anhänger den Zuspruch, den Applaus, fast selbstbeschwörend. Und Steinbrück genießt es, das merkt man ihm an. Eine beeindruckende Erfahrung sei das, vor so einem großen Publikum sei er noch nie aufgetreten.

„Peer, Peer“-Rufe im Publikum, die SPD-Fahnen wehen im Wind

Die Historie in der Rede weicht dem aktuellen Wahlkampf, Steinbrück tritt ein für den flächendeckenden Mindestlohn, bald fangen die „Peer, Peer“-Rufe im Publikum an, die SPD-Fahnen wehen im Wind. Die Rede ist die vielleicht wichtigste in dieser heißen Phase des Wahlkampfs, die Rede mit der größten öffentlichen und symbolischen Wirkung, vor so einem großen Publikum, vor so einer Kulisse. Die Rede ist ein Parforceritt durch alle Themen. Es soll nicht darauf ankommen, „wo man herkommt“, betont er öfters. „Es muss darauf ankommen, wo man hin will.“

Steinbrück ist jetzt einer, der mit Verve für das Thema soziale Gerechtigkeit einsteht, egal, was geschrieben wurde. Pinot Grigio, Vortragshonorare, Kanzlergehalt: Die Themen scheinen vergessen. Jetzt zählt’s. Hinter ihm auf der Bühne steht sein Kompetenzteam, dazu Ministerpräsidenten und andere SPD-Funktionäre, sie stärken ihm den Rücken, applaudieren oft länger als das Publikum. Nach all den Querelen der letzten Wochen und Monate, hier wird Einigkeit demonstriert: Wir stehen hinter dem Kandidaten.

Er wiederholt immer die gleichen Wortbausteine, einfache Botschaften

Der Wahlkampf der SPD lief bislang alles andere als rund: Die Verkündung des Kanzlerkandidaten im vergangenen Herbst war eine Sturzgeburt, Peer Steinbrück sprang von einem verbalen Fettnäpfchen ins nächste. Nun hat die finale Phase vor der Wahl am 22. September begonnen. Auf ihrer 150-Jahr-Feier in Berlin versuchen die Sozialdemokraten, sich Mut zu machen. Wenigstens hat der Kandidat nun Gefallen am Wahlkampf gefunden und gibt sich kämpferisch. Foto: Nicolas Miehlke

Die Stimmung ist gut, die SPD-Fahnen werden geschwenkt. Doch reicht das für eine Trendwende in den Umfragen?

Das Thema Steuern wird heute nicht zur Wirtschaftsvorlesung, wie sonst die Gefahr bei Steinbrück besteht, dem ehemaligen Finanzminister in der großen Koalition. Nur kurz macht er klar: Er will für die obersten fünf Prozent der Topverdiener die Steuern erhöhen, um in Bildung, Infrastruktur, Kommunen zu investieren und Schulden abzubauen. Es sind immer die gleichen Wortbausteine dieser Tage, sei es nun bei Maischberger, in Interviews, oder eben unter dem Brandenburger Tor: Man werde „manche Steuern für manche erhöhen“, Europa werde die Deutschen Geld kosten, Steinbrück wolle „nicht bloß verwalten, sondern dieses Land politisch gestalten“. Einfache Sätze, klare Botschaften, die sich einprägen sollen, beim Publikum und beim Wähler.

Die Umfragen sind schlecht, weit entfernt von einer immer noch angezielten rot-grünen Mehrheit, aber sie sind nur eine Momentaufnahme: Viele Wähler sind noch unentschieden. Das TV-Duell am 1. September wird entscheidend, hier kann Steinbrück womöglich einiges an Boden gut machen, er ist ein besserer Redner als Merkel, er wird versuchen, die Kanzlerin festzunageln. Merkel weiß das, deswegen wollte sie nur ein TV-Duell gegen ihn und nicht zwei.

Steinbrück schließt seine Rede mit den Worten: „Ihr müsst von eurem Wahlrecht Gebrauch machen!“ Er weiß: Am Ende wird es auf Wahlbeteiligung ankommen. Die SPD ist mehr als andere Parteien darauf angewiesen, ihre Wähler zu mobilisieren. Mehr als die Anhänger anderer Parteien neigen sie dazu, nicht zur Wahl zu gehen.

Wenn Peer Steinbrück so weitermacht, kann es doch noch ein kurzer, heißer Wahlkampf im Spätsommer werden. Es sind noch 36 Tage bis zur Wahl.

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