Neue Anleitung für Weltverbesserer

Die Welt verbessern. Hört sich gut an. Aber jetzt ernsthaft: Wie sollen wir das alleine hinkriegen? Die Autoren des Buches  „1000 Ideen täglich die Welt zu verbessern“ lehnen sich da weit aus ihrem Öko-Fenster. Aber zugegeben: Sie verlangen von uns nichts Unmögliches.

Die Neuerscheinung im März: "1000 Ideen täglich die Welt zu verbessern".

Die Neuerscheinung im März: "1000 Ideen täglich die Welt zu verbessern".

ARD-„Tagesschau“-Chefsprecher Jan Hofer, „Wissen macht Ah!“-Moderatorin Shary Reeves und Fernsehmoderator Dieter Kronzucker haben 1000 Ideen zusammengetragen, wie wir jeden Tag die Welt ein bisschen besser machen können –  eure Welt, meine Welt, unsere Welt. Sie behaupten auf den ersten Seiten, dass das ganz einfach sei. Ich bin skeptisch und erwarte Ideen wie „Wir fahren mit einem Schlauchboot raus und halten böse Walfänger auf“, „Wir machen ein Soziales Jahr in Afrika und alles wird gut“ und „Wir gründen eine Hilfsorganisation“.

Die meisten Ideen sind leicht umzusetzen

Die Vorschläge, die Hofer, Reeves, Kronzucker und viele bekannte Menschen machen – darunter der Dalai Lama, Ben Becker, Sky Du Mont, Rolf Zuckowski und Smudo –, sind leichter umzusetzen. Das ist das Gute an dem Buch. Das Schlechte ist, dass wir die meisten Ideen eigentlich kennen, weshalb das Buch kein must-have ist. Zum Beispiel:
[Idee 4] Blut spenden gehen.
[Idee 7] Ein Ehrenamt übernehmen.
[Idee 43] Kaugummis nicht auf den Boden spucken, denn die werden für 900 Millionen Euro im Jahr von Deutschlands Straßen gekratzt.
[Idee 53] Eine leere Pfandflasche, die wir nicht zurück an die Supermarktkasse bringen wollen, neben einen Mülleimer oder auf eine Sitzbank stellen, damit sie jemand mitnehmen und sich über das Pfandgeld freuen kann.
[Idee 92] Eine Straßenzeitung kaufen – und behalten. Das gibt den Menschen, die sich gegen das Betteln entschieden haben, ein gutes Gefühl.
[Idee 102] Keine Plastiktüten mehr aus den Geschäften mitnehmen.
[Idee 114] Bei Lebensmitteln auf Biosiegel achten.
[Idee 115] Fair-Trade-Kaffee kaufen.
[Idee 173] Recycling-Papier benutzen.
[Idee 380] Wasser für Nudeln im Wasserkocher erhitzen, dann in den Topf umfüllen, denn das spart 40 Prozent Energie.
[Idee 638] Vorausschauend Auto fahren, um weniger Sprit zu verbrauchen – oder [Idee 649] das Auto am besten stehen lassen.
[Idee 851] Mehrwegrasierer kaufen – die sind umweltschonender als Wegwerfrasierer und noch dazu gründlicher.
[Idee 902] Wählen gehen.

Uns und andere Menschen glücklich machen

Das ist sicherlich weltbewegend, wenn alle mitmachen. Und diese guten Taten würden uns nach Meinung der Autoren zu Weltverbesserern machen – jeden Tag ein bisschen. Großzügigkeit, kluges Einkaufen und Umweltschutz sind nicht genug. Hofer, Kronzucker und Reeves haben Ideen, wie wir uns und andere Menschen gücklich machen. Zum Beispiel so:

[Idee 516] Nicht anderen die Schuld für eigene Entscheidungen geben.
[Idee 818] Wir experimentieren so lange mit unseren Schlafenszeiten, bis wir erfrischt aufwachen.
[Idee 944] Nicht andere kritisieren, wenn wir wütend auf uns selbst sind.
[Idee 952] Das, was wir tun, wichtig nehmen, aber uns selbst nicht so ernst nehmen.
[Idee 954] Andere ausreden lassen.
[Idee 957] Ab und zu jemand Neues zur Kneipen-/Skat-/Spielerunde einladen.

Geschummelt: Weniger als 1000 Ideen

Die Autoren haben etwas geschummelt, versprechen 1000 Ideen, doch sind es in Wahrheit weniger: Beispielsweise stehen die Ideen, andere Menschen anzulächeln, ihnen Komplimente zu machen, uns Zeit für uns zu nehmen und im Laden kein gespritztes Obst und Gemüse zu kaufen, gleich auf mehreren Seiten. Darüber kann man hinwegsehen, schließlich sind es wichtige Ideen und „1000“ hört sich mächtiger an – für angehende Weltverbesserer angemessen.

Zwischendurch macht das Buch ein schlechtes Gewissen, vor allem im ersten Kapitel „Spenden und Gutes tun“. Ich war nie Klinikclown, habe noch keine Kinderpatenschaft übernommen oder dem Tierheim Geld gespendet. Aber in den anderen Kapiteln wird mein Gewissen wieder beruhigt. So wenig mache ich nicht. Es wird euch ähnlich gehen. Versprochen. Ich bin der kleine Weltverbesserer im Bioladen, im Zwischenmenschlichen und im Stromsparen. Auch das zählt nach Meinung der Autoren. Jeder so viel, wie er kann. Sie versuchen, nicht den Zeigefinger zu heben, das gelingt ihnen meistens, nur manchmal kommen sie wie nervige Besserwisser rüber.

Für vorsätzliche Weltverbesserer

Für Menschen, die vorsätzlich die Welt verbessern wollen und dafür eine Anleitung brauchen, ist es das richtige Buch. Aber ich kann euch sagen, dass wir es auch ohne Anleitung schaffen können. Einfach machen. Und weitersagen.

Angaben zum Buch: „1000 Ideen täglich die Welt zu verbessern“ von Jan Hofer, Dieter Kronzucker, Shary Reeves; Rowohlt-Verlag, Hardcover, 512 Seiten, 22,95 Euro, ISBN 978-3-498-02998-2.

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