„Szenenwechsel“ für eine neue Zukunft

Foto: A. Reinkober  / pixelio.de

Foto: A. Reinkober / pixelio.de

Ein Beitrag von Katja Vossenberg

Der Theaterschauspieler hat ganz klar einen Traumjob. Und auch wenn der Bestattungsunternehmer nicht auf den ersten Blick den besten Job der Welt hat, findet auch er „Glück“ in seiner Tätigkeit. Aber es gibt auch Menschen, für die das Thema „Arbeit“ nicht unbedingt direkt mit „Glück“ verbunden ist. Ein „Szenenwechsel“ kann ihnen helfen.

Tim Riedel und Christian Gehrke müssen beide gar nicht lange überlegen. „Klar hat uns das Projekt verändert“, sagen sie deutlich. Nicht nur, dass sie sich jetzt ihren Döner in der Landessprache des Verkäufers bestellen können. Offenheit, Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit, das haben sie mitgenommen. Alles Fähigkeiten, die heutzutage von jedem Arbeitnehmer verlangt werden.

Tim und Christian haben am Projekt „Szenenwechsel“ vom Multikulturellen Forum in Lünen teilgenommen. „Szenenwechsel“ heißt: Raus aus dem Alltag. Raus aus dem Trott, den man sich gerne mal ohne Arbeit hingibt. Und auch: Raus aus Deutschland.

TTim Riedel und Christian Gehrke waren mit "Szenenwechsel" in der Türkei.  Foto: Katja Vossenberg

TTim Riedel und Christian Gehrke waren mit "Szenenwechsel" in der Türkei. Foto: Katja Vossenberg /Teaserfoto: moe_, flickr.com

Das Projekt ist Teil des Bundesprogramms „Integration durch Austausch“ (IdA). Es richtet sich an jugendliche Arbeitslose zwischen 18 und 30 Jahren. Teil des Projekts in Lünen sind nicht nur Maßnahmen wie Bewerbungstraining oder Berufskunde. Auch ein Auslandsaufenthalt steht auf dem Programm. Drei Monate weit weg von ihrem Alltag. Entweder in Griechenland, Spanien oder der Türkei. Dort haben die Teilnehmer dann auch die Möglichkeit, sechs Wochen ein Praktikum zu machen.
Darüber hinaus stehen auch theaterpädagogische Maßnahmen auf dem Stundenplan. Denn: Teil des Projekts ist es, ein Theaterstück auf die Bühne zu bringen. „Das finden die meisten zwar erstmal blöd, aber am Ende stehen doch alle begeistert auf der Bühne“, weiß Projektkoordinatorin Zeynep Kartal.

Zeynep Kartal ist Koordinatorin des Projekts "Szenenwechsel".

Zeynep Kartal ist Koordinatorin des Projekts "Szenenwechsel". Foto: Projekt "Szenenwechsel"

Türkische Mentalität, türkisches Kauderwelsch

Tim und Christian waren gemeinsam in der Türkei, genauer in Fethiye. Tim war für sechs Wochen in einer Werbeagentur, Christian als Ingenieur in einem Abfallbetrieb. Die Kommunikation? Christian lacht. „Es war ein Misch aus Türkisch, Englisch und Händen und Füßen.“ Schwierig, aber möglich. Nicht nur beruflich haben sie etwas mitgenommen. „Die Mentalität ist ganz anders, irgendwie ist alles viel entspannter“, meint Tim. Nebenbei ging es auch mit dem Theaterstück voran. „Wir haben alle zusammen an dem Stück geschrieben, jeder konnte eine Szene schreiben, die wir dann erstmal geprobt haben.“ Die begleitende Theaterpädagogin hat daraus das Stück gebastelt.

Nach dieser Zeit ist vor allen Dingen eines bei Tim und Christian zu finden: Stolz. Dass sie es geschafft haben. Drei Monate in einem fremden Land, mit Leuten, die sie selber noch gar nicht so lange kannten. Konflikte gab es, klar, auch schwierige Momente. Aber sie haben durchgehalten. Sie haben ein neues Selbstbewusstsein: „Dadurch haben wir zukünftigen Arbeitgebern ja auch was zu bieten.“

 Die meisten Proben fanden für Tim Riedel und Christian Gehrke in der Türkei statt. Ihr größtes Problem: "Die Hitze!"

Die meisten Proben fanden für Tim Riedel und Christian Gehrke in der Türkei statt. Ihr größtes Problem: "Die Hitze!" Foto: Projekt "Szenenwechsel"

Arbeit bedeutet Angst

„Für viele Teilnehmer ist das Thema Arbeit mit Angst besetzt“, meint Zeynep Kartal. Oft haben die Jugendlichen schon mehrere Jahre Arbeitslosigkeit hinter sich, manche haben noch nicht einmal einen Schulabschluss. „Durch das Projekt, gerade durch die Zeit im Ausland, holen wir sie da raus.“
Durch das Theaterspielen gibt es zusätzlich die Möglichkeit, sich neu zu erfinden. „Auf einmal stehen die Teilnehmer im Mittelpunkt, fühlen sich nicht mehr ausgeschlossen. Im Gegenteil, sie bekommen für ihre Leistung sogar Applaus“, meint Kartal.

Ziel des Projekts sei es, die Teilnehmer wieder im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Und das gelingt: „Wir haben es sogar schon einmal geschafft, alle Teilnehmer zu vermitteln.“ Und auch die Zahlen der Evaluation aller IdA-Projekte spiegeln ein positives Bild wieder (s. Infokasten).

Tim und Christian haben es zwar durch das Projekt noch nicht geschafft, einen neuen Job zu finden, aber sie blicken dennoch positiv in die Zukunft. „Wir haben viele neue Kompetenzen gewonnen, wir hoffen jetzt, dass das auch in der Bewerbung Eindruck macht“, meint Christian. Und mit Türkischkenntnisse kann schließlich auch nicht jeder in seiner Bewerbung punkten.

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