Zootiere freuen sich auf den Sommer

Ein Beitrag von Julia Knübel

Sandra friert. Das geht gerade vielen so, doch Sandra hat keine Handschuhe und keinen Schal. Und statt einer Jacke nur Fell. Sandra ist ein Ameisenbär-Weibchen und lebt im Dortmunder Zoo. Dort zeigt das Thermometer bis zu Minus 10 Grad Celsius an. 40 Grad weniger als in ihrem natürlichen Lebensraum in Südamerika. Pflegerin Ilona Offhaus muss sich darum besonders um Sandra und die anderen Tiere kümmern.

Pflegerin Ilona Offhaus muss die Tiere auch im Winter nach draußen schicken.. Foto: Julia Knübel

Pflegerin Ilona Offhaus muss die Tiere auch im Winter nach draußen schicken. Fotos: Julia Knübel

Das größte Problem bei der Kälte sind die Füße der Tiere. Viele Tiere im Zoo sind Sohlengänger, das heißt bei der Fortbewegung berührt der ganze Fuß den Boden. „Und das ist den Tieren im Moment einfach zu kalt. Als würden wir Menschen barfuß laufen. Das würde im Winter ja auch niemand tun“, sagt Ilona Offhaus. Die Tierpflegerin ist seit 20 Jahren im Dortmunder Zoo angestellt und kennt die Probleme der Tiere bei diesem Wetter genau. Sie ist Leiterin des Großreviers Südamerika im Zoo und kümmert sich so vor allem um Ameisenbären, Faultiere, Tapire.

Bei der derzeitigen Außentemperatur dürfen die Tiere nur für kurze Zeit nach draußen. Und sie müssen sich bewegen. Sobald sich die Tiere hinlegen, kühlen sie aus und bekommen einen Schnupfen, wie Menschen eben auch. Trotzdem scheucht Ilona Offhaus die Ameisenbären für 20 Minuten nach draußen. So lange brauchen die Pfleger um die Ställe zu reinigen. Ilona Offhaus lacht. „Die Tiere sind beleidigt, die wollen nicht nach draußen. Man kann deutlich sehen, dass ihnen zu kalt ist.“ Aber nicht nur die Temperatur ist ein Problem: Das Gras auf der Wiese ist gefroren. Tapire haben weiche Füße und würden sich an der gefrorenen Wiese schneiden.

Dem Wüstentier Kamel macht die Kälte nichts aus

Kamele legen sich im Winter einen dicken Pelz zu. Foto: Julia Knübel

Kamele legen sich im Winter einen dicken Pelz zu.

Doch nicht allen Tieren im Zoo haben so große Probleme mit der Kälte. Kamele kommen zum Beispiel ganz gut mit den Minusgraden zurecht. Sie stammen aus Wüstenregionen, in denen es teilweise bis zu Minus 40 Grad kalt wird. Daher haben sie sich einen dicken Pelz zugelegt, den sie im Sommer wieder verlieren. Tiere, die auch in ihrer natürlichen Umgebung Kälte ausgesetzt sind, haben keine großen abstehenden Körperteile wie etwa große Ohren oder die Schwanzspitze. Diese würden bei extremer Kälte zuerst absterben. Deswegen dürfen die Nashörner und Giraffen auch nur kurz vor die Tür.  „Bei Giraffen haben wir außerdem das Problem, dass sie auf dem Eis leicht ausrutschen würden. Wenn sich eine Giraffe ein Bein bricht, kann man ihr meistens nicht mehr helfen“, erklärt die Tierpflegerin. Der Tierarzt versucht noch das Bein zu schienen, doch meist vergeblich. Die Giraffe müsste eingeschläfert werden. Das sei in Dortmund glücklicherweise aber noch nie passiert.

Tigern hingegen macht die Kälte nichts aus. Trotzdem müssen sie zur Zeit drinnen bleiben. Denn der Wassergraben, der als Abgrenzung zu den Besuchern dient, ist zugefroren. Die Tiger könnten den Graben also einfach überspringen und durch den Zoo spazieren. „Da muss man schon aufpassen. Die Kälte ist für die Pfleger vor allem eine logistische Herausforderung.“ Im Tamandua-Haus etwa (hier leben Faultiere, Ameisenbären und Gürteltiere) darf die Temperatur nicht unter 20 Grad sinken. Im Moment kann das Haus aber nur auf zehn Grad geheizt werden, deswegen müssen die Tiere umziehen und ein bisschen näher zusammenrücken.

Ab zehn Grad geht’s wieder raus

„Im Winter verändert sich der Alltag, die Arbeit bleibt aber die gleiche. Im Winter müssen die Gehege draußen sauber gemacht werden, im Sommer die Ställe drinnen“, sagt Ilona Offhaus. Einziger Unterschied: Im Winter frieren schon mal die Wasserleitungen zu, dann müssen die Pfleger das Wasser von A nach B schleppen. Die Schaufütterungen finden in den Wintermonaten nicht statt. Bei den wenigen Besuchern ist das gar nicht nötig, denn der Zoo ist menschenleer. Im Winter kommen höchstens die Dauerkartenbesitzer für einen Spaziergang in den Zoo. Da alle Ställe fast gleichzeitig gesäubert werden, sind auch alle Tiere parallel für ein paar Minuten draußen. Besucher können in der kurzen Zeit nur wenige Gehege ablaufen und so etwa ein Drittel aller Tiere sehen. In die Ställe dürfen die Gäste nämlich nicht.

Für Giraffen ist gefrorener Boden eine echte Gefahr.

Für Giraffen ist gefrorener Boden eine echte Gefahr.

Sobald die Außentemperatur über zehn Grad Plus steigt, leben die Zootiere wieder den ganzen Tag lang draußen. Bis es soweit ist, müssen die Pfleger ihre Schützlinge noch im Stall beschäftigen. „Die Tiere langweilen sich schnell und werden zickig. Deswegen legen wir ihnen Spielzeug in die Stallungen und verteilen das Futter über den ganzen Tag, um sie zu beschäftigen“, erklärt Ilona Offhaus ihre Arbeit. Auf so engem Raum entsteht bei Tieren schnell Lagerkoller. Im Sommer könnten sich die Tiere im Außengehege besser aus dem Weg gehen.

Sandra und die anderen Ameisenbären frieren zwar, können sich aber zumindest ein bisschen auf die Witterung einstellen, sie bekommen ein dickeres Fell. Schnee lieben sie sogar. „Dann tauchen die Tiere mit der Nase in den Schnee wie ein U-Boot.“

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