Wohnungslos im Winter:
Hilfe für Straßenschläfer

Auf der Couch in eine wärmende Decke gekuschelt – so lässt sich das aktuell recht triste und kalte Wetter gut überstehen. Für einige Hundert Dortmunderinnen und Dortmunder stellt der Winter jedoch eine große Herausforderung dar: Sie sind wohnungslos und verbringen den Großteil ihrer Zeit auf der Straße. Die Stadt und verschiedene karitative Organisationen versuchen, diese Menschen zu unterstützen.

Der Brückentreff in der Dortmunder Kesselstraße ist eine Anlaufstelle für all jene, die sonst kein zu Hause haben. Dienstag bis Sonntag nachmittags treffen sich in dem kleinen Raum, der mit seinen Holzverkleidungen und den Sitzecken an eine urige Kneipe erinnert, wohnungslose Menschen. Hier wärmen sie sich im Winter auf, sitzen um die Tische und unterhalten sich. Für nur 20 Cent gibt es an der Theke eine Tasse Kaffee. Außerdem haben die Gäste die Möglichkeit zu duschen oder Wäsche zu waschen. 

Schätzungen statt exakter Daten

Genaue Zahlen, wie viele Menschen in Dortmund ohne festen Wohnsitz sind, existieren nicht. „Es gibt da keine Statistiken, die Daten beruhen auf Schätzungen“, sagt Thomas Bohne. Er ist der Leiter der Wohnungslosenhilfe der Diakonie Dortmund, die mit Angeboten wie dem Brückentreff versucht, die Not der Betroffenen zu lindern. „Wir gehen davon aus, dass in Dortmund drei- bis vierhundert Menschen wirklich auf der Straße leben.“ Das liege etwa im normalen Bundesdurchschnitt. Die Beratungsangebote der Diakonie, die sich auch an Menschen richten, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, hätten im vergangenen Jahr sogar rund 1.500 Dortmunderinnen und Dortmunder wahrgenommen. Insgesamt würden die Zahlen schon seit Jahren kontinuierlich ansteigen.

„Kein einziger Mensch, der nicht draußen schlafen möchte, muss das tun.“ 

– Stadt Dortmund

Auf eine Zahl festlegen – und sei es nur eine Schätzung – möchte sich die Stadt Dortmund im Gegensatz zur Diakonie nicht. „Obdachlose melden sich ja nicht irgendwo, um zu sagen, ich bin obdachlos“, sagt Anke Widow, Pressereferentin der Stadt. „Wir haben keine Zahl, wissen aber, dass sie relativ gering ist.“ Für die Unterstützung der Betroffenen auch in der kalten Jahreszeit sieht sich die Stadt gut aufgestellt. „Wir brauchen keine Maßnahmen zu ergreifen, weil wir seit Jahren ein gut funktionierendes Netzwerk zur Beendigung und Bekämpfung von Obdachlosigkeit haben“, erklärt Widow weiter. „Menschen, die kein Obdach haben und draußen schlafen, haben immer die Möglichkeit, unterzukommen.“ Dafür gebe es in Dortmund unter anderem die Männerübernachtungsstelle in der Unionsstraße und die Frauenübernachtungsstelle in der Prinz-Friedrich-Karl-Straße. Sollten diese voll sein, gebe es auch noch andere Möglichkeiten, um die Wohnungslosen unterzubringen. „Kein einziger Mensch, der nicht draußen schlafen möchte, muss das tun.“

„Wir versuchen einfach zu verhindern, dass jemand erfriert.“

– Thomas Bohne, Diakonie Dortmund

Problematisch ist, dass manche Menschen sogar im Winter einen Schlafplatz im Freien den Notunterkünften vorziehen. Die existierenden Angebote werden von manchen Wohnungslosen nur zögernd angenommen. „Manche nutzen es nicht so gerne, weil sie sich da nicht wohlfühlen“, sagt Thomas Bohne von der Diakonie. Die Gründe dafür seien vielfältig. „Oft spielt die Angst, bestohlen zu werden, da eine Rolle. Teilweise geht es aber auch darum, dass die Wohnungslosen bestimmte andere Personen nicht treffen möchten.“ Besonders im Winter versuche man aber, Betroffene dazu zu bringen, die Hilfe anzunehmen. „Die, die unbedingt draußen schlafen wollen, bekommen dann eben einen winterfesten Schlafsack und eine Isomatte. Wir versuchen einfach zu verhindern, dass jemand erfriert.“ Grundsätzlich seien die Wohnungslosen für die Hilfe sehr dankbar. „Anfangs sind die Menschen oft skeptisch, viele von ihnen haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht“, weiß Bohne. „Da muss zunächst Vertrauen aufgebaut werden. Aber dann sind sie froh, dass sie ernst genommen werden und sich jemand um sie kümmert.“

Vielfältige Hilfsangebote

Obdachlose brauchen vor allem im Winter die Hilfe. Bild: flickr.com/Andrew Kudrin unter der Verwendung der Creative Commons Lizenz

Um das zu erreichen, bietet die Diakonie verschiedene Hilfsangebote für Menschen, die auf der Straße leben. Beginnend bei Beratungsangeboten, über Notunterkünfte bis zu Wohntrainings, bei denen einst Wohnungslose wieder an einen festen Wohnsitz gewöhnt werden, ist vieles dabei. Neben den Projekten des kirchlichen Trägers gibt es aber auch noch diverse andere Angebote, wie das Gast-Haus in der Rheinischen Straße. Hier können sich Menschen ohne festen Wohnsitz den Tag über aufhalten. Für minderjährige Wohnungslose gibt es außerdem das Sleep In am Körner Hellweg, in dem Mädchen und Jungen, die auf der Straße leben, übernachten können.

Zusätzlich ist es, besonders im Winter, wichtig, dass Passanten mit offenen Augen durch die Stadt gehen. „Wir versuchen, die Menschen auf die Situation der Wohnungslosen aufmerksam zu machen“, erklärt Bohne. Wenn man in einer kalten Nacht draußen auf eine Person ohne festen Wohnsitz treffe, könne man diese auf die Übernachtungsstellen aufmerksam machen. „Außerdem ist es wichtig, die Polizei oder einen Krankenwagen zu rufen, wenn man eine hilflose Person sieht“, so Bohne. Vor allem, wenn es – wie derzeit vorhergesagt – kommende Woche wieder kälter wird und die Temperaturen unter null Grad fallen, ist diese Zivilcourage wichtig. Manchmal retten Passanten so sogar ein Leben. 

Beitragsbild: flickr.com/Rui Duarte unter der Verwendung der Creative Commons Lizenz

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