Der Wasserverbrauch in Deutschland sinkt seit Jahren. Nicht nur weil die Deutschen wie wild Wasser sparen, sondern auch weil Industrien wie Kokereien, Stahlindustrie und Bierbrauereien schließen. Die Wasserwerke kommen dem geringeren Verbrauch nicht hinterher. Ihre Netze sind hohen Mengen angepasst und können nur langsam verkleinert werden. Um das Verkeimen und das Absetzen von Mineralien zu vermeiden, müssen die Rohre aufwändig gespült werden. Sollten wir deshalb mit dem Sparen aufhören?
Die Zwickmühle in der sich Verbraucher und Wasserwerke befinden beschreibt Andreas Schumann, Professor für Hydrologie, Wasserwirtschaft und Umwelttechnik an der Ruhr-Universität Bochum, so: „Vom Wasserhaushalt her sind wir ein ausgesprochen wasserreiches Land. Der Wasserverbrauch ist allerdings von 145 Liter pro Person und Tag 1990 auf heute 125 Liter pro Person und Tag gesunken. Daraus ergeben sich Probleme in der Netzauslastung.“
Große Rohre machen Spülungen notwendig
Das kostbar aufbereitete Wasser muss manchmal ungenutzt durch die Wasserwerke abgelassen werden. Vor allem in Regionen, die von Bevölkerungsrückgang betroffen sind, öffnen die Wasserwerker Hydranten, um die Verteilernetze in den Siedlungen zu spülen. Sie pumpen Luftblasen durch die großen Transportrohre zwischen den Quellen und den Siedlungen. Die Rohre haben teilweise einen Durchmesser von einem Meter und sind schon betagt: Manche sind noch aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Spülung ist daher aufwändig. Sprich: Zu viel Wasser sparen ist nicht immer der richtige Weg.
Für den heutigen Verbrauch sind vor allem die Transportnetze zu groß. Bei minimalem Verbrauch fließt das Wasser zu langsam, es setzen sich Minerale ab und Keime können sich bilden. Selbst bei maximaler Nutzung bleibt noch Platz, erklärt Ralf Kotzur, Leiter des Service Rohrnetze der DEW21.
Es ergibt sich noch ein weiteres Problem aus dem geringen Wasserverbrauch: Auch die Entsorgungsseite, also Abwasserkanäle und Kläranlagen, benötigt eine Mindestmenge an Wasser. Wenn die Abwasserkanäle nicht regelmäßig durchgespült würden, würden sich Fäkalien und andere Abwasserinhaltsstoffe absetzen. Die biologische Klärung in den Kläranlagen darf ebenfalls nicht zu hoch konzentriertes Abwasser empfangen. Die dort arbeitenden Mikroorganismen kämen damit nicht zurecht.
Kompletterneuerung ist unökonomisch
Das Versorgungsnetz komplett zu erneuern, ist dennoch nicht sinnvoll. 2.200 Kilometer Rohrleitung durchziehen den Untergrund von Dortmund. Die Rohre haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 50 Jahren. Es wäre verschwenderisch, sie früher auszutauschen. Kotzur nennt Verkehrsbeeinträchtigungen und die Kostenbelastung der Verbraucher als Grund für einen gemächlicheren Austausch. Derzeit, so Kotzur, werden 20-40 Kilometer Rohrleitung pro Jahr ausgetauscht oder saniert. Hierbei kann zum Beispiel ein kleineres Rohr in ein größeres Rohr eingeführt werden. Außerdem werden Rohre mit Zement ausgekleidet, damit der Eintrag von Mineralien kleiner wird.
Wasserfakten des Bundverbands Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
Christian Pantle „Wasserverbrauch – Sinnvoll sparen“ FOCUS Nr. 24, 2009
Guido Kleinhubbert „Verbraucher – Schwacher Strahl“ SpiegelOnline, 27. Sept. 2010
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