Und jährlich grüßt der Winter-Blues

Von Henrike Fischer

Gestern Morgen habe ich das erste Mal im ganzen letzten Jahr verschlafen. Dabei bin ich eigentlich ein pünktlicher Mensch. Und Frühaufsteher noch dazu. Kreativ, wie ich bin, hatte ich aber eine super ausgetüftelte Ausrede parat: Mein Wecker hat nicht geklingelt. In Wahrheit habe ich ganz einfach vergessen, ihn zu stellen. Erste Alterserscheinungen oder der Anfang einer fiesen Winterdepression?

Das schlechte Wetter mit Nebel schlägt aufs Gemüt. Foto: Dagmar Zechel / pixelio.de

Das schlechte Wetter mit Nebel schlägt aufs Gemüt. Foto: Dagmar Zechel / pixelio.de

Bei einem Blick aus dem Fenster erschließt sich Möglichkeit zwei als äußerst wahrscheinlich. Und gleichzeitig stirbt auch der letzte Funke Hoffnung in mir, dass es der Herbst in diesem Jahr schafft, nahtlos in den Frühling überzugehen. Mist. Der Winter steht vor der Tür. Und wird uns auch im Jahr 2011 früher oder später ganz schön aufs Gemüt schlagen. Einer Studie zufolge trifft es jeden vierten Deutschen.

Das Hormon, das aus dem Dunkeln kommt: Melatonin

Schuld an der ganzen Misere ist Melatonin. Ein Hormon, das im Gehirn gebildet wird und unseren Schlafrhythmus reguliert. Als ob wir das nicht selber könnten. In der dunklen Jahreszeit produziert unsere Zirbeldrüse zehn Mal mehr Melatonin als im Sommer. Oder kurz gesagt: Es geht uns so richtig mies.

Winter-Blues, Lichtmangel-Depression, Stimmungstief oder saisonal abhängige Depression – die Liste der Krankheitsbezeichnungen ist lang, die der Symptome noch länger. Wir sind müde. Wir sind schlecht drauf. Wir sind motivationslos. Und überhaupt – ist alles einfach doof. Am liebsten wollen wir uns den ganzen Tag im Bett verkriechen. Zugegeben: Eine Krankheit, die Studenten auch in allen anderen Jahreszeiten gerne mal verfolgt. Aber nie ist es so schlimm wie im Herbst und im Winter.

Weihnachts-Blues?

Süße Weihnachtsartikel heben im Winter die Stimmung. Foto: Henrike Fischer

Süße Weihnachtsartikel heben im Winter die Stimmung. Foto: Henrike Fischer

Auch Psychologen kennen dieses Phänomen, würden es aber nicht zwingend als Winterdepression bezeichnen. „Das ist eher ein moderner Begriff, den ich so nicht benutzen würde“, sagt Prof. Dr. Reinhard Kukahn von der Universität in Bonn. „Graue Tage spielen auf jeden Fall eine Rolle. Ich halte das aber nicht für signifikant.“ Warum gibt es dann mehr Studenten, die psychologische Hilfe suchen? „Es ist bald Weihnachten. Die Zeit, in der sich viele alleine fühlen und wo man nicht nach Hause will, weil es dort zum Beispiel Spannungen gibt. Und man denkt, allen anderen geht es besser als einem selbst.“

Weihnachts-Blues oder Winterdepression?  Die Symptome bleiben die gleichen. Seit 24 Jahren werden Winterdepressionen zudem offiziell als Krankheitsbild anerkannt und wissenschaftlich erforscht. Man sollte aber aufpassen, den Winter-Blues nicht überzubewerten. „Manche Patienten denken, Sie wären manisch depressiv, dabei sind es nur Winterdepressionen. Sobald es draußen wieder heller wird, geht es auch unserem Gemütszustand wieder besser!“, lautet die Devise des Dortmunder Diplom-Theologen Reginald Müller. Bis es jedoch so weit ist, empfiehlt Müller, die wenigen Stunden, in denen es hell ist, gut auszunutzen: „Ob spazieren gehen oder öfter mal durchlüften: Frische Luft ist natürlich das Wichtigste.“

Für die Dortmunder Studenten ist diese Methode aber gar nicht so einfach – mit vollgestopften Stundenplänen und in überfüllten und stickigen Hörsälen ist besonders viel Motivation nötig:

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