Das Ende des gesunden Chaos

Kaktus-Farm an der Wilhelmstraße

Die Kneipe diente unter anderem als Konzertstätte für kleinere Punkbands. Foto: Leonidas Exuzidis

 

Seit dem 1. Juni ist in der Wilhelmstraße 24 im Klinikviertel keine laute Musik mehr zu hören. Kein Konzert, kein Kegelabend, kein gemütliches Feierabendbier mit ein paar Freunden. Ein neuer Hausbesitzer hat sich entschieden, dass im gesamten Gebäude Eigentumswohnungen entstehen sollen. Die Szenekneipe Kaktus-Farm muss fast zehn Jahre nach ihrer Gründung raus. Geschäftsführer Tobias Klotz muss sich nun anderweitig umsehen . „Das ist schade, denn es war eine geile Zeit!“

Die Kaktus-Farm hat sich, und das betont Klotz immerzu, durch seine Gäste ausgezeichnet. Nur zu gern erinnert sich der 39-Jährige an Veranstaltungen, bei denen die Kneipe aus allen Nähten platzte. Auch die Stunden vor dem Revierderby Dortmund gegen Schalke dürften viele alte Gäste vermissen. Unter dem Motto „Rock gegen GE“ versammelten sich vor dem Spiel haufenweise Fans und Fanclubs an der Wilhelmstraße, um sich auf das Derby einzustimmen. „An solchen Tagen war kein Bein mehr in den Boden zu kriegen, weil so viele Leute gekommen sind“, erzählt Tobias Klotz.

So war das oft am Wochenende. Vom Punk-Konzert über die türkische Hochzeit bis hin zu Feierlichkeiten von diversen Fanclubs von Borussia Dortmund – die Kaktus-Farm war in den zehn Jahren für alles zu haben. Dass das weinende Auge aber nicht so stark tränt, liegt nicht zuletzt am überschaubaren Besuch unter der Woche. „Die Veranstaltungen am Wochenende waren alle toll und gut besucht. Mit dem normalen Tagesgeschäft waren wir nicht unbedingt zufrieden.“

Dortmund verliert einen subkulturellen Baustein

Außerdem wurde den Betreibern die fehlende Außengastronomie immer mehr zum Verhängnis. „Da wir schon Ende Mai schließen, bleiben uns die Sommermonate erspart. Das muss man leider so sagen“, gibt Klotz zu. Mit der Schließung verliert Dortmund nicht nur eine Konzertstätte im kleineren Stil, sondern auch einen weiteren Baustein im subkulturellen Bereich. Die Ausgehmöglichkeiten in Dortmund werden immer weniger, während lokale Cafés in anderen Orten des Ruhrgebiets, wie beispielsweise am Bermudadreieck in Bochum, schon vor der Fußball-Weltmeisterschaft boomen wie selten zuvor.

Wie genau es weitergehen wird, verriet Klotz noch nicht. Er betonte jedoch, dass es weitergehen wird. „Es wird in diesem Jahr noch eine Veranstaltung an der Brückstraße und ein Musikfestival geben“, so der 39-Jährige. Zunächst konzentrieren sich der Geschäftsführer und sein Team auf die letzten Veranstaltungen der Kaktus-Farm. Schließlich wolle man das Kapitel gemeinsam mit den Kunden gebührend beenden. Letzten Freitag war das Lokal im Klinikviertel Teil des Way Back When, einem dreitätigen Musikfestival, bei dem zahlreiche Bands an verschiedenen Orten in Dortmund auftreten.

Samstag verabschiedete sich die Kaktus-Farm mit der Final-Drink-Party aus dem Klinikviertel. „Wir wollen noch einmal all das erleben, was uns ausgezeichnet hat“, so Klotz. Ein gesundes Chaos eben.

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