DING DÄNG DONG!

Rundgang Neue Kolonie West

Die Rheinische Straße in Dortmund hatte lange kein gutes Image. Jahrelang galt sie als Hotspot der rechtsextremen Szene. Im März 2012 zog sie aufgrund einer großen Razzia im berüchtigten „Nazi-Haus“ sogar überregional die Blicke auf sich. Auch heute noch wirkt das alte Brauereigebiet um die lange Hauptstraße für viele Menschen nicht besonders einladend und ist den Ruf einer eher unangenehmen Gegend mit offensichtlichen Mängeln noch nicht bei allen Dortmundern los. Doch ein zweiter Blick hinter die Fassaden des Westends lohnt sich!

Denn seit dem Kulturhautpstadtjahr 2010 hat sich der Stadtteil am U in ein charmevolles Kreativviertel verwandelt. Aus unterschiedlichsten Gründen hatten sich bereits zuvor verschiedene Künstler, Designer und Kreative in der Umgebung niedergelassen und bildeten 2011 unter dem Namen „Neue Kolonie West“ einen Zusammenschluss. Unterstützung bekamen sie von der Stadt, die den Bereich Rheinische Straße zum Stadtumbaugebiet erklärte und die Ansiedlung kreativer Menschen und ihre Betriebe dort fördert. 

Seit der Gründung öffnen die Akteuere der Neue Kolonie West alle zwei Monate ihre bunten Türen und bieten interessierten Besuchern einen Rundgang durch das Unionviertel und seine versteckten Schätze. Ihr Ziel: Die Belebung des kulturellen Lebens in Dortmund – und dies nicht nur temporär. Das ist den engagierten Kolonisten auch gelungen. Für die 20. Ausgabe des öffentlichen Rundgangs am vergangenen Samstagnachmittag, kooperierte der Verein zum ersten Mal mit dem Way Back When Festival, das von Donnerstag bis Samstag an verschiedenen Orten in der Dortmunder Innenstadt gastierte. Der Titel der Führung lautete daher treffenderweise lautstark „DING DÄNG DONG!“ und versprach den Besuchern viele Erlebnisse von Klang und Konzerten über Kunst und Fotografie, bis hin zu Lesungen in gemütlichen Galerien. 

Station 1: Heimatdesign

Der Rundgang der Kolonie West startete am hohen Wall 15

Der Rundgang der NKW startete am hohen Wall 15

Treffpunkt war die Agentur Heimatdesign im Osten des Unionviertels. Von hier aus sollte es in rund vier Stunden bis zum Union Gewerbehof auf der Rheinischen Straße gehen. Trotz – oder gerade wegen – des schönen Wetters drängten sich um kurz nach zwei rund dreißig Leute in den Ausstellungsraum. Journalist, Autor, DJ und Organisator der Führung, Wolfgang Kienast, auch bekannt unter dem Namen „Martini“, grüßte locker in die Runde und übergab das Wort zügig an Reinhild Kuhn, die die Ausstellungen bei Heimatdesign leitet und den ersten Rundgang der NKW in diesem Jahr eröffnete. „Bei uns bekommen kreative Leute , Künstler und Fotografen aus der Umgebung die Chance ihre Werke zu präsentieren und sich so in ihrer Heimat zu vernetzen“, erklärte sie nicht ganz ohne Stolz und zeigte auf einen jungen Mann mit Umhängetasche, zerzaustem Haar und hellblauem Kurzarmhemd. Er sei verantwortlich für die Bilder an den Wänden, die augenscheinlich die Weite des Kosmos darstellen sollen. Kleine leuchtende Glitzerpunkte auf grünem, gelbem, rotem und blauem Hintergrund. „So far so near“ nennt der junge Fotograf die Serie und zeigt damit, dass das Weltall gar nicht weit ist. „Auf den Bildern sind nämlich gar nicht die Sterne zu sehen, sondern ganz herkömmliche Obstschalen von Pflaumen oder Mangos in starker Vergrößerung“, löste Timo Klos das Rätsel und freute sich über die begeisterten Blicke der Besucher. Vom Obstteller zur Milchstraße also. Ein echtes Highlight!

Station 2: Cinema Gorski

Zur zweiten Station des Rundgangs ging es dann nur eine Hausnummer weiter, wo Sabine Gorski von Cinema Gorski ihren selbstgeredrehten Stummfilm „Die Maske des Elefantenmenschen“ zeigte. Die Schwarzweißbilder über die Arbeit von Maskenbildnern im Schauspielhaus Dortmund wurden live am Klavier begleitet und sorgten für anerkennenden Applaus unter den Teilnehmern des Rundgangs.

Station 3: Dortmunder Kunstverein

Für die Präsentation der dritten Station übernahm Sandra Dichtl, die künstlerische Leiterin des Kunstvereins die Führung. Der Weg führte die Gruppe zur Ausstellung des türkischen Künstlerduos Özlem Günyol und Mustafa Kunt im Dortmunder U. In ihren Kunstwerken setzen sich die beiden in abstrakter Form mit kulturellen und gesellschaftlichen Phänomenen auseinander. Das Schöne an ihren Arbeiten: Auf den ersten Blick erscheinen sie simpel und willkürlich, doch bekommt man einen kurzen Einblick in die Intention dahinter, wirken sie sofort nahezu alle genial. In dem spärlich eingerichteten Foyer des Dortmunder Kunstvereins stach vor allem ein drei mal drei Meter großes Gekritzel aus schwarzen Linien auf einer sonst völlig leeren Wand heraus. Auch der Titel „Ceaseless Doodle“ ließ noch nicht auf die Idee der Künstler schließen. Erst als Sandra erklärte, dass es sich hierbei um alle 246 Ländergrenzen handle, die ineinander zu einer Art Weltkugel verdichtet wurden, hellten sich die Gesichter der Teilnehmer auf. Insgesamt ist die Ausstellung wirklich sehenswert und war ein weiterer Höhepunkt des Rundgangs. 

Die Kulturvielfalt begeistert die Besucher

Sabrina und tabea genossen die Sonne bei einer kurzen Verschnaufpause

Die Rundgängerinnen Sabrina und Tabea genossen die Sonne bei einer kurzen Verschnaufpause.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das fanden auch Sabrina Bläser und Tabea Heckendorf. Die Freundinnen nahmen zum ersten Mal an einem Rundgang der Neuen Kolonie West teil und waren begeistert von der kulturellen Vielfalt, die einem die Stadt bietet, wenn man nur genauer hinsieht. „Ich wohne hier in dem Viertel und habe es erst diesmal geschafft an der Führung teilzunehmen.Es macht richtig Spaß die ganzen tollen Projekte und Menschen in der Umgebung zu entdecken – und das auf so eine lockere Art und Weise“, erzählt Sabrina und ihre Freundin stimmt ihr zu: „Hier wird nicht so viel erzählt, sondern nur so viel wie nötig. Den Rest kann man dann selber erkunden. Das ist eine richtig gute Sache, die es ruhig noch öfter geben sollte.“ 

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 In 12 Stationen bis zum Westpark

Bis zum späten Nachmittag lief die durchweg gut gelaunte Gruppe mit Martini und Helga Beckmann von der Planungsgruppe Stadtbüro von einer Station zur nächsten. Sie besahen sich die frisch aufgehängten Bilder vom brasilianischen Künstler Rodrigo Branco in der „Street Art Gallery“, besuchten dann die Jungs vom Schallplattenladen „Black Plastic“ schräg gegenüber und setzten ihre Route entlang der Rheinischen Straße an folgenden Stationen fort:

Den Abschluss des Rundgangs feierten die Teilnehmer am Abend zusammen beim Westparkfest mit Bier, Bratwurst und ordentlich „Ding Däng Dong“ im grünen Teil des Dortmunder Westens. Es lässt sich aushalten im Westen!

Fotos: Mona Ameziane

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