Mit Alzheimer verliert man nicht nur sein Erinnerungsvermögen. Die Persönlichkeit verändert sich, viele Patienten werden apathisch, bis man im letzten Stadium motorische Fähigkeiten verliert, nicht mehr sprechen kann und die Kontrolle über Darm und Blase schwindet. Dies sind nur einige der facettenreichen Symptome, die die Alzheimerkrankheit zeigt.
Warum man genau an Alzheimer erkrankt, ist bis heute trotz intensiver Forschung noch nicht ganz klar. Man sieht die Nervenschädigungen im Gehirn aber wie kommt es dazu? In unserem Hirn haben wir verschiedene Arten von Proteinen. Zwei Proteine davon sind für die Entstehung von Alzheimer wichtig, das Beta-Amyloid und das Tau-Protein. Beide Proteine kommen auch beim gesunden Menschen vor. Bei Alzheimer zeigt sich im Gehirn jedoch folgendes Bild:
– Innerhalb der Nervenzellen bilden sich zu viele Bündel von Tau-Proteinen, die zudem zu stark Phosphat einbauen. Die Folge sind gestörte Transportprozesse und die Stabilität der Zelle nimmt ab.
– Zwischen den Nervenzellen entstehen Beta-Amyloid Ablagerungen („Plaques“), die veränderte Struktur dieses Proteins führt zu diesen Verklumpungen. Auch hier wird der Kommunikationsprozess der Zellen gestört.
– Die Hirnmasse schrumpft nach und nach. Die Botenstoffe verringern sich und die Nervenverbindungen gehen verloren.
Wissenschaftler distanziert sich von Medienberichten
Seit vielen Jahren erforscht das Hertie- Institut für klinische Hirnforschung die so weitverbreite Krankheit. Die Tübinger Wissenschaftler waren es auch, die im Mausmodell herausfanden, welche Vorrausetzungen es braucht, damit sich die Plaques im gesunden Gehirn bilden.Der Biochemiker Frank Baumann gehört seit 2008 zum Forscherteam und will aus dieser Entdeckung, die bereits im Jahr 2006 unter Mathias Jucker ihre Anfänge nahm, noch absolut keine Schlüsse ziehen.
In den letzten Tagen liest man in vielen Medien die Schlagzeile, dass Alzheimer vermutlich eine infektiöse Komponente zeige. Frank Baumann möchte sich von diesen Artikeln klar distanzieren. „Der Begriff der Infektiosität, der zurzeit kursiert, ist unzutreffend. Es gibt bisher noch keine Hinweise darauf, dass Alzheimer auf natürlichem Wege von Mensch zu Mensch übertragen wird“. Auch bei diesem Artikel legte das Institut großen Wert darauf, dass das Wort „Infektion“ und andere Formulierungen in dieser Richtung nicht fallen. Zu groß ist die Angst, dass bei den Menschen der Eindruck entsteht, man könne sich mit Alzheimer irgendwie infizieren.
Neuer Ansatz für die Forschung
Schon vor Jahren ist den Wissenschaftlern gelungen, transgene Mäuse (Mäuse, die genetisch verändert wurden, damit sie für Alzheimer anfällig werden) mit alzheimerauslösenden Proteinstücken zur Plaquebildung anzuregen. Da wurde die Substanz noch direkt in das Gehirn der Nager gespritzt. Heute sind die Tübingern Wissenschaftler schon weiter. Es ist ihnen gelungen, die Beta- Amyloide in den Bauchraum zu injizieren und auch dann zeigten sich Ablagerungen im Gehirn der Versuchstiere. Warum die sogenannten „Seeds“-Keime diese lange Strecke zum Gehirn überdauern, und vor allem wie sie transportiert werden, ist noch unklar. Nicht nachweisbar ist zudem, ob dieser Keim außerhalb eines erkrankten Gehirns überhaupt vorkommt.
Trotzdem ergeben sich aus dieser Studie interessante Fragen: Gibt es Körperflüssigkeiten, die mit dem Gehirn auch in der Peripherie in Kontakt stehen? Gibt es in der Umwelt eine Substanz, die Alzheimer auslösen kann? Hierin liegt ein Ansatz, endlich nachvollziehen zu können, wie es zu den Ablagerungen im Gehirn kommt.
Mehr dazu:
web: Hertie- Institut
web: Alzheimer-Forschung
web: Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“
Wissenswert:
Pflichtlektüre: Aghet- Völkermord an den Armeniern
Pflichtlektüre: Schädlicher Trojaner
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