Zwischen Nebenjob und Nähmaschine

Jungdesignerin Meike Torges träumt vom eigenen Modelabel. Auf ihrem Weg zur Selbstständigkeit muss sie erkennen, dass die Modebranche ein hartes Brot ist. Nur die wenigsten Designer schaffen es auf die großen Modenschauen. Eine Geschichte über Zukunftsängste, große Träume, die harte Modebranche und die Schuldenfalle Studium.

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Meike setzt dezente Highlights um ihr Outfit aufzupeppen. Foto: Anna-Christin Kunz

Schwarze Hose, schwarzes Oberteil, schwarze Schuhe und eine große schwarze Brille auf der Nase. Als Blickfang eine goldene Kette und ein auffälliger Ring. Ihr Outfit? Schlicht mit einem gewissen Etwas – und genauso beschreibt Meike Torges ihre eigene Modelinie. Bei einer Künstlerausstellung in einer alten Zeche in Dorsten erzählt die 26-Jährige über ihre Anfänge als Modedesignerin.

Die Wände sind hoch, weiß und mit bunten Bildern behangen. An der Decke baumelt ein großer Kronleuchter, mitten im Raum steht Meikes Nähmaschine. Am Ende des Raumes ein rotes Sofa und  auf der Fensterbank leuchten große, weiße Kerzen.

Im Kontrast dazu steht Meikes Wintermode: Farben wie grau, dunkelblau und schwarz dominieren ihre Kollektion. Ihren Modestil beschreibt sie als schlicht, zeitlos und geradlinig was die Formen betreffen. Meike ist es vor allem wichtig, dass ihre Mode tragbar ist. Daher verwendet sie nur kleine Details, wie zum Beispiel besondere Schnitte und Teile aus Fischleder um aus dem Kollektionsstück etwas Besonderes zu machen. Meike will mit ihrer Mode vor allem eins klarstellen: „Tragbare Mode ist nicht immer langweilig“.

Ein Gürtel aus Fischleder - das besondere Etwas an Maikes Kollektion.

Ein Gürtel aus Fischleder – das besondere Etwas an Maikes Kollektion. Foto: Anna-Christin Kunz

Von der alten Zeche zum Big Apple?

Ihr größter Traum ist ihre Mode auf einer eigenen Show in Paris oder New York präsentieren zu können.  Sie selber betrachtet diesen Traum sehr kritisch: „Die Chancen  dort eine eigene Show zu bekommen sind klein. Es ist mit harter Arbeit verbunden. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und dann die richtigen Leute kennen lernen“. Gerade bei den großen Fashion Weeks in New York, London, Paris und Mailand sind alteingesessene  Designer wie Karl Lagerfeld, Burberry oder Gucci nicht so einfach vom Markt zu verdrängen.

Bei ihrer Mode orientiert sich die Designerin  an aktuellen Trends, studiert Magazine und lässt sich von anderen Designern inspirieren. Zu ihren Vorbildern gehört Coco Chanel – nicht nur was ihre Mode betrifft. Meike bewundert vor allem ihr Lebenswerk. „Coco Chanel war eine Frau, die sich auf ihrem Weg nicht unterkriegen lassen hat. Sie ist immer wieder aufgestanden und hat das Beste aus ihrer Situation gemacht“, so die 26-Jährige.

In ihrem Booklet hält Maike Ideen und Inspirationen fest.

In ihrem Booklet hält Maike Ideen und Inspirationen fest. Foto: Anna-Christin Kunz

Die besten Inspirationen für ihre Kollektionen bekommt Meike aber durch ihr Umfeld. „Ich gehe immer mit einem offenen Auge durch die Welt und entdecke jede Menge schöne Dinge. Das zweite Auge träumt vor sich her“, erzählt sie und muss schmunzeln. Mit dabei immer ihr „Booklet“. Das ist ein Buch in dem, sie ihre Inspirationen, Ideen, genannt „Moods“ festhält. Das können herausgerissene Magazinschnipsel, Skizzen oder einfach nur verschriftliche Ideen, wie eine Mind Map sein.

Jung und verschuldet

Meike muss klein anfangen. Auf Kunstausstellungen und Werbeveranstaltungen versucht sie ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Die Ausstellung in der alten Zeche ist nicht gut besucht. Keine Handvoll Leute kamen vorbei um sich Meikes Mode anzuschauen. Dabei könnte Meike das Einkommen gut gebrauchen: Nach dem Modedesign-Studium, das sie letztes Jahr an einer privaten Hochschule in Düsseldorf abgeschlossen hat, sitzt sie auf  circa 50.000 Euro Schulden: Studiengebühren und Materialkosten für Stoffe, Zeichenpapier und Nähmaschinen mussten bezahlt werden. Allein die Kosten für die Bachelorarbeit, also für ihre Abschlusskollektion, schätzt Meike auf 6.000 Euro. Dazu kam die monatliche Miete. 

Zwischen großen Träumen und Zukunftsängsten. Meike fokussiert sich auf ihr Ziel.

Meike durchstöbert ihr Booklet und zeigt uns ihre Inspirationen. Foto: Anna-Christin Kunz

Sieben Semester und ein paar Monate später muss Meike zugeben: „Ich stehe vor einem großen Schuldenberg, der mir Angst macht“. 25 Jahre hat sie Zeit ihren Kredit abzubezahlen. Meike ist anzumerken, dass die Summe schwer auf ihren Schultern lastet. „Jeden Tag verspüre ich Druck, aber ich versuche nicht darüber nachzudenken. Ich blende es aus“, erzählt die 26-Jährige und streicht sich eine Strähne ihrer langen braunen Haare aus dem Gesicht.  

Dennoch versucht sie realistisch in die Zukunft zu blicken. Ihr ist klar, dass Selbstständigkeit mit vielen Risiken verbunden ist. Als junge Modedesignerin ist das finanzielle Risiko sehr hoch. „Man hat kein festes Einkommen und kann nicht hellsehen, wie viele Aufträge reinkommen“, so Meike.   

Das eigene Label: der Traum und das Ziel eines jeden Designers.

Das eigene Label: das Ziel eines jeden Designers. Foto: Anna-Christin Kunz

Ein Teil aus ihrer Kollektion kostet mindestens 300 Euro. „Ich berechne die Materialkosten und 35 Euro Stundenlohn. Schnell ist man im vierstelligem Bereich“, so die Designerin. Aufgrund der finanziellen Situation kann Meike keine Kosten für Stoffe und weitere Materialien vorstrecken. Aber bislang waren ihre Kunden immer bereit, sie als Jungdesignerin zu unterstützen und das Material im Voraus zu bezahlen. So muss Meike nur mit ihrer Arbeitszeit in Voraus gehen.

Von ihren Aufträgen allein kann die Jungdesignerin aber bis dato nicht leben. Daher arbeitet sie nebenbei als Promoterin, Hostess und als Stylistin. Stylistin heißt, dass Meike zum Beispiel als „Personal-Shopper“ buchbar ist und Menschen beim Einkaufen berät. Tagsüber Nebenjob und nachts an der Nähmaschine. „Anders ist das nicht zu bewältigen“, so die Designerin.

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